Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 1374
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Verluste aus Finanzierungshilfen eines Gesellschafters zugunsten seiner Gesellschaft, zB durch ein Gesellschafterdarlehen, wurden bis zur Rspr-Änderung im Jahr 2017 (dazu BFH v 11.07.2017, IX R 36/15, BStBl II 2019, 208) als nachträgliche AK zu der Beteiligung nach § 17 EStG angesehen. Für die Frage der AK einer wesentlichen Beteiligung iSv § 17 EStG sei nach neuer Rspr der handelsrechtliche AK-Begriff anzuwenden (ausführlich dazu s § 17 Rn 223 ff, 235 (Karrenbrock)).
Aufwendungen aus Finanzierungshilfen, wie der Ausfall eines vormals "krisenbedingten", "krisenbestimmten" oder "in der Krise stehen gelassenen" Darlehens bzw der Ausfall einer Bürgschaftsregressforderung, führen nach neuer Rspr grds nicht mehr zu AK für die Beteiligung. Derartige Ausfälle dürfen demzufolge zu negativen Einkünften aus § 20 Abs 2 S 1 Nr 7, S 2 EStG führen und es dürften die gleichen Regelungen gelten wie bei einem Ausfall eines privaten Darlehens (dazu s Rn 1373).
Jedoch stellt sich mit der Einführung des § 17 Abs 2a EStG (nach § 52 Abs 25a EStG grds für Veräußerungen nach dem 31.07.2019 anzuwenden; dazu ausführlich s § 17 Rn 281a, 281b (Karrenbrock)) die Frage, inwieweit der Wertverlust einer Finanzierungshilfe, die den Tatbestand des § 20 Abs 2 S 1 Nr 7, S 2 EStG erfüllt, von dem Begriff der nachträglichen AK iSv § 17 Abs 2a EStG verdrängt wird. § 17 Abs 2a EStG regelt, dass Darlehensverluste, soweit die Gewährung des Darlehens oder das Stehenlassen des Darlehens in der Krise der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich veranlasst war, zu den nachträglichen AK einer wesentlichen Beteiligung gehören. Demzufolge sind Darlehensverluste aus "krisenbedingten" und "krisenbestimmten" Finanzierungshilfen, die sich auch schon bisher der Höhe nach am Nennwert des Darlehens orientiert haben, für eine Anwendung des § 20 Abs 2 S 1 Nr 7, S 2 EStG ausgeschlossen. Bei dem "in der Krise stehengelassenen Darlehen" stellt sich die Frage, ob ein Darlehnsverlust an dem Nennwert des Darlehens oder – wie es nach bisheriger Verwaltungsmeinung und Rspr (dazu s § 17 Rn 225 (Karrenbrock)) – an dem gemeinen Wert des Darlehens, den es zu dem Zeitpunkt des Eintritts der Krise hatte, zu orientieren hat.
Im Schrifttum wird überwiegend auf den gemeinen Wert abgestellt, da die gesellschaftsrechtliche Veranlassung, die nach § 17 Abs 2a S 4 EStG Voraussetzung für die nachträglichen AK einer wesentlichen Beteiligung nach § 17 EStG ist, erst in dem Zeitpunkt vorliege, wenn ein fremder Dritter das Darlehen zurückgefordert hätte. Somit sei das Darlehen mit dem Wert zu diesem Zeitpunkt, also mit dem gemeinen Wert, zu bewerten (dazu s Krumm, FR 2020, 197 (202); s Jachmann-Michel, BB 2020, 2903, 2908; s Graw, DB 2020, 690 (694); s Förster/von Cölln, DB 2021, 525, 527 mwN).
Der Ansatz eines in der Krise stehengelassenen Darlehens nach § 17 Abs 2a EStG iHd gemeinen Wertes hat aber Konsequenzen auf negative Einkünfte in Zusammenhang mit § 20 Abs 2 EStG. Die Differenz des gemeinen Wertes zum Nennwert fällt in den Regelungsbereich des § 20 Abs 2 S 1 Nr 7, S 2 EStG, wobei jedoch das Verlustabzugsverbot des § 20 Abs 6 S 6 EStG zu beachten ist, das wiederum im Falle des § 32d Abs 2 S 1 Nr 1 Buchst b, S 2 EStG (10 %ige Beteiligung) nicht anzuwenden ist. Zu den unterschiedlichen Konsequenzen, die sich aufgrund der zeitlichen Anwendung und der Beteiligungshöhe ergibt, s Förster/von Cölln, DB 2021, 525, 530ff. Vereinzelnd wird im Schrifttum auch der Nennwert gefordert, denn der Neuregelung des § 17 Abs 2a EStG sei ein normenspezifischer AK-Begriff zu entnehmen (s Levedag, GmbHR 2021, 14 (19); Ott, Stbg 2021, 103 (107)). Darlehensverluste eines in der Krise stehengelassenen Darlehens würde demnach nicht mehr in den Regelungsbereich des § 20 Abs 2 EStG fallen.
Es wäre zu begrüßen, wenn es zu einer Vereinfachung der Wechselwirkung zwischen dem § 17 Abs 2a EStG und dem § 20 Abs 2 EStG durch den Gesetzgeber oder auch durch Rechtsfortbildung durch die Rspr kommen würde (dazu auch s § 17 Rn 281f (Karrenbrock).
Kein Konkurrenzverhältnis zwischen § 17 EStG und § 20 Abs 2 EStG und eine Erfassung der negativen Einkünfte bei § 20 Abs 2 S 1 Nr 7, S 2 EStG besteht in folgenden Fällen:
- Gewährung, Hingabe sowie das Stehenlassen eines Darlehens bzw einer Bürgschaft weist keine gesellschaftliche Veranlassung iSd § 17 Abs 2a EStG auf sowie
- eine Beteiligung von weniger als 1 % oder
- überhaupt keine Beteiligung oder
- lediglich eine mittelbare Beteiligung an der darlehensnehmenden KapGes.
Einzelheiten zu dem Spannungsverhältnis des § 20 Abs 2 EStG zu § 17 Abs 2a EStG s Ott, DStR 2020, 313.
Rn. 1375
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Eine weitere Finanzierungshilfe stellt die Bürgschaft dar. Gewährt ein Gesellschafter der Gesellschaft eine Bürgschaft und wird hieraus in Anspruch genommen, so stellt sich die Frage, ob Verluste aus dieser Finanzierungshilfe iRd § 20 Abs 2 S 1 Nr 7 EStG zu berücksichtigen sind. Soweit der Bürge den Gläubiger befriedigt, erwirbt dieser gemäß § 774 Abs 1 S 1 BGB ...