Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 1329
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
§ 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG regelt den Grundfall der Veräußerung von stillen Beteiligungen und partiarischen Darlehen. Unter Veräußerung versteht der BFH die entgeltliche Übertragung des –zumindest wirtschaftlichen – Eigentums auf einen Dritten (BFH v 03.12.2019, VIII R 34/16, BFH/NV 2020, 640 mwN). Einzelheiten s Rn 1215ff.
Der Veräußerungsgewinn ermittelt sich nach den Regeln des § 20 Abs 4 S 1 EStG. Ein steuerlicher Gewinn ergibt sich dann, wenn das Entgelt für die stille Beteiligung oder für das partiarische Darlehen den Nominalwert der geleisteten Einlage übersteigt. Verluste sind nach § 20 Abs 6 EStG verrechenbar.
Bei dem Entgelt ist aber zu unterscheiden, ob der vom Veräußerer erhaltene Betrag dem § 20 Abs 1 Nr 4 EStG oder dem § 20 Abs 2 Nr 4 EStG zuzuordnen ist, mit der Folge, dass Veräußerungskosten berücksichtigt werden können, WK im Zusammenhang mit laufenden Erträgen jedoch nicht.
Sollen mit dem Veräußerungspreis auch (vergangene, laufende oder gar zukünftige) Gewinnansprüche abgegolten werden, so entstehen insoweit beim Veräußerer nach § 20 Abs 1 Nr 4 EStG stpfl KapErtr, während beim Erwerber in Höhe der entsprechenden Gewinngutschrift eine erfolgsneutrale Vermögensumschichtung vorliegt. Ist dies nicht der Fall, so ist das Entgelt, das die Gewinnansprüche übersteigt, nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG zu versteuern. Veräußerungskosten können gemäß § 20 Abs 4 EStG berücksichtigt werden.
Rn. 1330
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
§ 20 Abs 2 S 2 EStG erweitert den Veräußerungsbegriff auf gleichgestellte Vorgänge. In Zusammenhang mit stillen Beteiligungen und partiarischen Darlehen sind hier die Rückzahlung, die Abtretung sowie die Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens von Bedeutung.
ca) Vereinnahmung eines Auseinandersetzungsguthabens
Rn. 1331
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Bei Beendigung (Auflösung und Abwicklung) der stillen Gesellschaft hat der stille Gesellschafter nach § 235 HGB einen auf Geld gerichteten Anspruch auf sein Auseinandersetzungsguthaben. Diese Regelung enthält jedoch keine zwingende Regelung. So ist es zur Vermeidung einer schwierigen Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens zulässig, einen pauschalen Zuschlag auf den Buchwert der Einlage zu vereinbaren und diesen auch ggf mit einer Wertsicherungsklausel zu verbinden. Den Vertragsparteien ist es unbenommen, auch allgemeine Wertveränderungen, die als Folge der Geldentwertung auftreten, zu berücksichtigen (BFH v 04.08.1961, VI 208/60 U, BStBl III 1961, 468). Auch zulässig ist die Vereinbarung einer festen Abfindung.
Übersteigt der Anspruch auf Auseinandersetzungsguthaben den Nominalwert der geleisteten Einlage, so ist – vorbehaltlich von Veräußerungskosten – der Mehrbetrag nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG iVm § 20 Abs 2 S 2 EStG zu versteuern. Entsprechendes gilt für einen Minderbetrag (Verlust), der nach Maßgabe des § 20 Abs 6 EStG verrechenbar ist.
Erhält der stille Gesellschafter nach Beendigung des Gesellschaftsverhältnisses noch Leistungen des Geschäftsinhabers, so ist zu unterscheiden, ob es sich um (nachträgliche) Gewinnanteile iSd § 20 Abs 1 EStG oder um die Erhöhung des Auseinandersetzungsguthabens iSd § 20 Abs 2 EStG handelt.
Wird dem stillen Gesellschafter iRd Auseinandersetzung sein Guthaben zugewiesen, werden bei der Ermittlung des Gewinns iSd § 20 Abs 4 EStG die als laufende Einkünfte berücksichtigten Gewinn- oder Verlustanteile, die das Auseinandersetzungsguthaben erhöht oder gemindert haben, vom Gewinn abgerechnet oder dem Gewinn hinzugerechnet, dazu s BMF v 19.05.2022, BStBl I 2022, 742 (Einzelfragen zur AbgSt) Tz 4 mit dem folgenden Beispiel:
Beispiel:
A beteiligt sich im Jahr 09 als typisch stiller Gesellschafter an dem Einzelunternehmen des B mit einer Einlage von EUR 100 000. Auf den stillen Gesellschafter entfallen in den Jahren 10 und 11 jeweils Verluste iHv EUR 10 000. Die Verluste werden jeweils von der Einlage des stillen Gesellschafters abgebucht. Im Jahr 12 erhält er sein Auseinandersetzungsguthaben iHv EUR 80 000.
Lösung:
Die laufenden Verlustanteile können unabhängig davon, ob der stille Gesellschafter eine nahestehende Person iSd § 32 Abs 2 Nr 1 EStG ist, als Verlust iSd § 20 Abs 1 Nr 4 EStG berücksichtigt werden.
Durch die Vereinnahmung des Auseinandersetzungsguthabens erzielt A Einkünfte iSd § 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG iVm § 20 Abs 2 S 2 EStG. A erzielt einen Gewinn iSd § 20 Abs 4 S 1 EStG iHv 0 EUR (Einlage EUR 100 000 abzüglich Auseinandersetzungsguthaben iHv EUR 80 000 zuzüglich Verlust iHv EUR 20 000).
cb) Rückzahlung
Rn. 1332
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Die Rückzahlung der Darlehensvaluta bei Beendigung der Laufzeit des Darlehens stellt ein der Veräußerung gleichgestellter Vorgang dar. Übersteigt die zurückgezahlte Darlehensvaluta die historischen AK, so ist der Gewinn (dazu s § 20 Abs 4 EStG) der Besteuerung nach § 20 Abs 2 S 1 Nr 4 EStG iVm § 20 Abs 2 S 2 EStG zu unterziehen. Ein sich evtl ergebender Verlust ist nach § 20 Abs 6 EStG verrechenbar. Die Rückzahlung der Darlehensvaluta kann – wie bei einem Auseinandersetzungsguthaben nach § 235 HGB – zB au...