Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Rn. 589
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
§ 20 Abs 1 Nr 6 S 6 EStG setzt neue steuerliche Mindeststandards für die Anforderungen an die Risikoleistung von Kapitallebensversicherungen (s BMF v 01.10.2009, BStBl I 2009, 1172 Tz 78aff). Hintergrund sind vermehrt abgeschlossene Lebensversicherungsverträge mit einem minimalen Versicherungsschutz, bei denen der Vorsorgecharakter zugunsten der Erzielung steuerlicher Vorteile zurücktritt. Sofern die Mindeststandards nicht erfüllt werden, sind die Steuerbegünstigungen in S 2 nicht zu gewähren. Die Neuregelung ist für alle Versicherungsverträge anzuwenden, die nach dem 31.03.2009 abgeschlossen werden oder bei denen die erstmalige Beitragsleistung nach dem 31.03.2009 erfolgt (§ 52 Abs 36 S 11 EStG aF).
Rn. 590
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
§ 20 Abs 1 Nr 6 S 6 EStG weist Buchst a und b folgenden Inhalts auf:
- Buchst a (50 %-Regel) betrifft Kapitallebensversicherungen mit einer vereinbarten laufenden Beitragszahlung bis zum Zeitpunkt des Erlebensfalls. Mindestens 50 % der über die gesamte Laufzeit zu zahlenden Beiträge werden als Mindesttodesfallschutz vorausgesetzt. Dies gilt nicht für Kapitallebensversicherungen, bei denen die Todesfallsumme mindestens der Erlebensfallsumme entspricht; bei diesen Verträgen ist die Festlegung eines Mindesttodesfallschutzes nicht erforderlich.
- Buchst b (10 %-Regel) betrifft hauptsächlich Kapitallebensversicherungsverträge gegen Einmalbeitrag oder mit abgekürzter Beitragszahlungsdauer. Anstatt auf die Beitragssumme werden bei diesen Verträgen die Anforderungen an den Mindesttodesfallschutz auf das Deckungskapital, auf den Zeitwert des Vertrages oder auf die Summe der gezahlten Beiträge bezogen. Als ausreichend wird eine Todesfall-Leistung betrachtet, die das Deckungskapital oder den Zeitwert um mindestens 10 % des Deckungskapitals, des Zeitwerts oder die Summe der gezahlten Beiträge übersteigt. Der Mindesttodesfallschutz darf vom Zeitpunkt des Beginns des Versicherungsschutzes an bis zum Ende der Vertragslaufzeit in jährlich gleichen Schritten auf null sinken (§ 20 Abs 1 Nr 6 S 6 Buchst b S 2 EStG).
Der Versicherungsvertrag muss durchgehend entweder den Mindesttodesfallschutz nach Buchst a oder Buchst b des § 20 Abs 1 Nr 6 S 6 EStG erfüllen. Ein Wechsel zwischen den beiden Varianten ist während der Vertragslaufzeit nicht möglich. Wenn ein Versicherungsvertrag die Anforderungen in Buchst a und Buchst b dergestalt miteinander verbindet, dass bei Risikoeintritt jeweils die Variante anzuwenden sei, die zu einer niedrigeren Leistung führt, ist nicht von einem ausreichenden Mindesttodesfallschutz auszugehen. Es besteht jedoch ein ausreichender Todesfallschutz, wenn der Versicherungsvertrag bei Risikoeintritt die höhere Leistung nach den Anforderungen von Buchst a oder Buchst b bietet.