Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
A. Grundsätzliches
Rn. 1500
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Die Beschränkung der Verrechnung von Verlusten nach § 20 Abs 6 EStG ist neben § 20 Abs 9 EStG Kernbestandteil der schedulen Besteuerung von Einkünften aus KapVerm. § 20 Abs 6 EStG regelt im Einzelnen:
S 1: |
Verluste dürfen grundsätzlich nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden (sogenannte Schedulenbesteuerung) |
S 2: |
Verluste mindern jedoch die Einkünfte, die der StPfl in den folgenden VZ aus KapVerm erzielt |
S 3: |
Die Regelung des § 10d Abs 4 EStG ist sinngemäß anwendbar |
S 4: |
Verluste aus privaten Veräußerungen von Aktien iSd § 20 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG dürfen lediglich mit Gewinnen iSd § 20 Abs 2 S 1 Nr 1 EStG aus Aktienverkäufen verrechnet werden. § 20 Abs 6 S 1 u 2 EStG gelten sinngemäß |
S 5: |
Verluste aus Termingeschäften iSd § 20 Abs 2 S 1 Nr 3 EStG (insbesondere Optionsgeschäfte) dürfen nur mit Gewinnen iSd § 20 Abs 1 Nr 3 EStG (Termingeschäfte) und mit Erträgen aus sogenannten Stillhaltergeschäften iSd § 20 Abs 1 Nr 11 EStG verrechnet werden |
S 6: |
Verluste aus KapVerm aus der ganzen oder teilweisen Uneinbringlichkeit einer Kapitalforderung, aus der Ausbuchung oder Übertragung wertloser WG iSd § 20 Abs 1 EStG auf Dritte oder aus einem sonstigen Ausfall von WG iSd § 20 Abs 1 EStG (zB Aktien, Anleihen, Forderungen) sind auf EUR 20 000 beschränkt |
S 7: |
Verluste aus KapVerm, die der KapSt unterliegen, können nur verrechnet oder die Einkünfte gemindert werden, die der StPfl in den folgenden VZ aus KapVerm erzielt, wenn eine Bescheinigung iSd § 43a Abs 3 S 4 EStG vorliegt |
Hinsichtlich der Frage der Verfassungsmäßigkeit s Rn 12.
Rn. 1501–1502
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
vorläufig frei
B. Möglichkeiten der Verlustverrechnung
Rn. 1503
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Es gibt zwei Möglichkeiten des Verlustvortrags: erstens im Veranlagungsverfahren und zweitens bei den die KapErtr auszahlenden Stellen (zB Kreditinstitute). Verluste aus KapVerm, die der KapSt unterliegen, verbleiben am Jahresende grundsätzlich im Verlustverrechnungstopf der auszahlenden Stelle (zB beim depotführenden Kreditinstitut) und werden dort vorgetragen. Der StPfl hat die Möglichkeit, diese Verluste in sein Veranlagungsverfahren zu übernehmen, indem er bei dem/den depotführenden Kreditinstitut/en eine Verlustbescheinigung beantragt (bankenübergreifende Verlustverrechnung; § 20 Abs 6 S 7 EStG).
1. Verlustverrechnung beim KapSt-Abzug (§ 43a Abs 3 EStG)
a) Grundsatz
Rn. 1504
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Die Verlustverrechnung iRd KapSt-Abzugs ist in § 43a Abs 3 EStG geregelt.
Die die KapErtr auszahlende Stelle (zB Kreditinstitut, depotführendes Kreditinstitut) wird zu Folgendem verpflichtet (§ 43a Abs 3 EStG):
- Sie hat die ausländischen Steuern auf KapErtr nach Maßgabe des § 32d Abs 5 EStG zu berücksichtigen (S 1).
- Sie hat im Kj negative KapErtr und gezahlte Stückzinsen bis zur Höhe der positiven KapErtr zu berücksichtigen (S 2).
- Sie hat den nicht ausgeglichenen Verlust auf das nächste Kj zu übertragen (S 3).
- Sie hat auf Verlangen des Gläubigers der KapErtr über die Höhe eines nicht ausgeglichenen Verlustes eine Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster (Verlustbescheinigung) zu erteilen (S 4 und 5).
- Sie hat auf Verlangen des Gläubigers der KapErtr bei Übertragung von im Depot befindlichen WG auf ein anderes Depot der übernehmenden auszahlenden Stelle die Höhe des nicht ausgeglichenen Verlustes mitzuteilen (S 6).
Mit der gesetzlichen Fixierung dieses Schemas wird erreicht, dass insbesondere auch bei Bezug von mit ausländischer Quellensteuer vorbelasteten Dividenden, von gezahlten Stückzinsen oder bei Veräußerungsverlusten die KapSt in zutreffender Höhe einbehalten wird und durch die Berücksichtigung dieser Tatbestände beim KapSt-Abzug zusätzliche Veranlagungsfälle vermieden werden.
b) Verlustvortrag
Rn. 1505
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Ein zum Jahresende nicht ausgeglichener Verlust im Verlustverrechnungstopf verbleibt bei der auszahlenden Stelle (zB Kreditinstitut) und ist von dieser auf das nächste Kj zu übertragen. Er steht für die Verrechnung mit positiven Einkünften aus KapVerm im/in Folgejahr/en zur Verfügung. Erteilt die auszahlende Stelle eine Verlustbescheinigung, geht der Verlust bei der auszahlenden Stelle zum Jahresende unter (s Rn 1506).
c) Ausstellung einer Verlustbescheinigung (bankenübergreifende Verlustverrechnung)
Rn. 1506
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Die auszahlende Stelle hat auf Verlangen des Gläubigers der KapErtr über die Höhe eines nicht ausgeglichenen Verlustes eine Bescheinigung nach amtlich vorgeschriebenem Muster (Verlustbescheinigung) zu erteilen (§ 43a Abs 3 S 4 EStG).
Nach Erteilung der Verlustbescheinigung geht der Verlust bei der auszahlenden Stelle unter und kann nur noch iRd Veranlagungsverfahrens Berücksichtigung finden. Mit dieser Vorgehensweise wird erreicht, dass Verluste nicht iRd Verrechnungstopfes und zusätzlich bei der Veranlagung berücksichtigt werden. Die bescheinigten Verluste dürfen im Veranlagungsverfahren nur mit anderen Einkünften aus KapVerm verrechnet werden und nur die Einkünfte, die der StPfl in den folgenden VZ aus KapVerm erzielt, mindern.
Der Antrag auf Ausstellung der Verlustbescheinigung ist unwiderruflich. Er muss bis zum 15.12. des laufenden Jahres der...