Prof. Dr. iur. Claus Möllenbeck
Verwaltungsanweisungen:
BMF v 19.05.2022, BStBl I 2022, 742 (Einzelfragen zur AbgSt).
1. Grundsätzliches
a) Begriffsbestimmungen und Rechtsentwicklung
Rn. 1050
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Nach § 20 Abs 1 Nr 11 EStG zählen Sillhalterprämien bei Optionsgeschäften zu den Einkünften aus KapVerm. Durch das UntStRefG 2008, BGBl I 2007, 1912 wurden die Stillhalteprämien in § 20 Abs 1 Nr 11 EStG aufgenommen. Zuvor wurden vereinnahmte Stillhalteprämien von § 22 Nr 3 EStG erfasst.
Inhalt eines Optionsgeschäftes ist der Erwerb oder die Veräußerung des Rechts, eine bestimmte Menge eines Basiswertes (insbesondere Aktien, Indizes oder festverzinsliche Wertpapiere) zu einem im Voraus vereinbarten Preis (Basispreis)
- entweder vom Optionsgeber (Stillhalter) zu kaufen (sogenannte Call-Option)
- oder an ihn zu verkaufen (sogenannte Put-Option).
Dieses Recht kann der Optionsnehmer entweder am Ende der Laufzeit oder jederzeit während der Optionslaufzeit (EUREX-Option) wahrnehmen. Der Stillhalter hat die Pflicht, die Basiswerte zu dem vertraglich oder vom Käufer festgelegten Zeitpunkt zu liefern oder abzunehmen, es sei denn, es liegt eine EUREX-Option vor.
Für das Optionsrecht hat der Inhaber der Option bei Abschluss des Optionsgeschäfts an den Stillhalter die Optionsprämie (Stillhalterprämie) zu zahlen. Sie ist das Entgelt, das der Stillhalter als Entschädigung für die Bindung und die Risiken erhält, die er durch die Begebung des Optionsrechts eingeht, unabhängig davon, ob die Option ausgeübt wird oder verfällt.
Beispiel:
Kaufoption:
Es wird eine Kaufoption dergestalt vereinbart, eine Aktie zu einem Preis von EUR 100 bis zum 31.12. des Jahres kaufen zu können.
Sollte der Preis der Aktie steigen, so hat der Optionsinhaber das Recht, die Aktien jederzeit zum Preis von EUR 100 zu kaufen. Sein Kaufpreis ist somit abgesichert. Fällt der Preis, übt er seine Option nicht aus.
Verkaufsoption:
Es wird eine Verkaufsoption dergestalt vereinbart, eine Aktie zum Preis von EUR 100 bis zum 31.12. des Jahres verkaufen zu können.
Sollte der Preis der Aktie in diesem Zeitabschnitt fallen, so hat der Optionsinhaber das Recht, die Aktie zum vereinbarten Preis zu verkaufen. Steigt der Preis, wird der Optionsinhaber seine Option verfallen lassen, und er wird am freien Markt die Aktien zu einem höheren Preis verkaufen.
Options- oder Stillhalterprämie:
Für die Kauf- bzw Verkaufsoption hat der Optionsinhaber dem Vertragspartner bei Abschluss dieses Geschäfts ein Entgelt zu bezahlen, welches als Options- oder Stillhalterprämie bezeichnet wird.
Vom Stillhalter wird deshalb gesprochen, weil dieser nur abwarten kann, wie sich der Optionsinhaber entscheidet. Die Prämie ist daher das Entgelt für die vertragliche Bindung und für das Risiko, zu einem für den Stillhalter ungünstigen Preis kaufen oder verkaufen zu müssen.
Rn. 1051
Stand: EL 162 – ET: 12/2022
Der Stillhalter hat die Möglichkeit, eine Option der gleichen Art zu kaufen (mit Closing-Vermerk), wie er sie zuvor verkauft hat. Die bei diesem Glattstellungsgeschäft bzw Gegengeschäft vom Stillhalter gezahlte Optionsprämie (Glattstellungsprämie) kann als negative Einnahme nach § 20 Abs 1 Nr 11 EStG berücksichtigt werden. Dadurch versteuert der Stillhalter lediglich den erhaltenen Vermögenszuwachs (Nettoprinzip).
Im Zusammenhang mit erhaltenen Prämien angefallene Nebenkosten mindern die vereinnahmten Stillhalterprämien; iRd KapSt-Abzugs sind sie in den Verlustverrechnungstopf einzustellen.
Beispiel: Glattstellungsgeschäft
A erhält im Januar von B eine Stillhalterprämie für die Einräumung einer Kaufoption bis zum Jahresende auf 100 Aktien der X-AG iHv EUR 1 000.
Da A aufgrund der Marktentwicklung mit einem Verlust aus diesem Optionsgeschäft rechnet, erwirbt A im Juli seinerseits von Z eine Kaufoption bis zum Jahresende auf 100 Aktien der X-AG. Durch dieses Gegengeschäft stellt A sein Geschäft mit B glatt. An Z muss A seinerseits eine Optionsprämie von EUR 500 zahlen.
Gemäß § 20 Abs 1 Nr 11 EStG berechnet sich der stpfl Ertrag aus dem Optionsgeschäft wie folgt:
erhaltene Stillhalteprämie |
EUR 1 000 |
gezahlte Optionsprämie |
EUR 500 |
stpfl Ertrag |
EUR 500 |
Stillhalter bei der Kaufoption: Wenn der Inhaber die Kaufoption ausübt und der Stillhalter den Basiswert liefert, liegt beim Stillhalter ein Veräußerungsgeschäft nach § 20 Abs 2 EStG hinsichtlich des Basiswerts vor, wenn der Basiswert ein WG iSd § 20 Abs 2 EStG (zB Aktie) ist. Die vereinnahmte Optionsprämie, die nach § 20 Abs 1 Nr 11 EStG zu versteuern ist, wird bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 20 Abs 4 EStG nicht berücksichtigt.
Stillhalter bei der Verkaufsoption: Wenn der Inhaber die Verkaufsoption ausübt und der Stillhalter den Basiswert liefert, liegt beim Stillhalter ein Anschaffungsgeschäft nach § 20 Abs 2 EStG hinsichtlich des Basiswerts vor, wenn der Basiswert ein WG iSv § 20 Abs 2 EStG ist. Die vereinnahmte Optionsprämie, die, die nach § 20 Abs 1 Nr 11 EStG zu versteuern ist, wird bei einer späteren Veräußerung bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns nach § 20 Abs 4 EStG nicht berücksichtigt.
Rn. 1052
Stand: EL 162 – ET: 12...