1. Überblick und Kritik
Rn. 27
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
IRd Einkunftsart VuV gemäß § 21 EStG ist wie grds bei allen anderen Einkunftsarten nicht nur der objektive Tatbestand der Einkunftsart zu prüfen, sondern auch der subjektive Tatbestand (= Einkünfteerzielungsabsicht). Die Einkünfteerzielungsabsicht ist aber wie bei allen anderen Einkunftsarten auch iRd § 21 EStG bereichsspezifisch ausgeformt (Heuermann, DStR 2005, 1338; Mellinghoff in Kirchhof/Seer, § 21 EStG Rz 12, 20. Aufl).
Rn. 28
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Da sich die Ermittlung der Einkünfteerzielungsabsicht unter Umständen schwierig gestalten kann, ist in der Literatur die Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht iRd § 21 EStG im Einzelnen kritisch beurteilt worden. Die Kritik beginnt bereits beim Grundsatz der typisiert angenommen Einkünfteerzielungsabsicht im Fall der auf Dauer angelegten Vermietung (s Rn 26; zur Kritik s Brehm, SteuerStud 2009, 127 mwN). Hier dürfte aber wegen der gefestigten Rspr nicht mit einer Meinungsänderung zu rechnen sein. Auch erfährt die Rspr zur Einkünfteerzielungsabsicht bei verbilligter, langfristiger Vermietung ebenfalls Kritik (s zur Kritik auch Kanzler, DStZ 2005, 770).
Besonders verfassungsrechtliche Bedenken bestehen gegenüber der in § 21 Abs 2 EStG enthaltenen Regelung (s Kanzler, FR 1999, 818; Pezzer, StuW 2000, 465). Diese bestehen mE zu Recht, da die pauschale Regelung konstitutiv und nicht klarstellend wirkt und damit gegen systemtragende Grundsätze verstößt, wonach WK insoweit nicht abziehbar sind, als sie mit privat veranlassten Einnahmeverzichten zusammenhängen.
2. "Unwiderlegbare" Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Wohnungsdauervermietung
Rn. 29
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Abgesehen von dieser Literaturkritik gelten bei der Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht folgende Grundsätze: Einkünfte aus VuV gemäß § 21 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG erzielt, wer insbesondere ein Grundstück oder eine Wohnung gegen Entgelt zur Nutzung überlässt und beabsichtigt, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung des Grundstücks einen Überschuss der Einnahmen über die WK zu erzielen. Die Einkünfteerzielungsabsicht (Überschusserzielungsabsicht) ist das Streben nach einem Totalüberschuss innerhalb der voraussichtlichen Vermögensnutzung.
Die Einkünfteerzielungsabsicht ist für jede Immobilie gesondert zu prüfen (BFH BFH/NV 2004, 196; 2009, 1627). Bei den Einkünften aus VuV ist nach st Rspr des BFH bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit von Wohnraum grundsätzlich und typisierend von einer Einkunftserzielungsabsicht auszugehen (BFH BStBl II 1998, 771 mwN; BFH BStBl II 2003, 580; 2005, 754; 2010, 127; BFH/NV 2006, 1648; 2008, 1323; BMF BStBl I 2004, 933).
Rn. 30
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Die bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit typisierend angenommene Einkünfteerzielungsabsicht wird "ohne weitere Prüfung" angenommen (BFH BStBl II 2002, 726; 2003, 914; vgl BMF BStBl I 2004, 933 Rz 1). Dies führte dazu, dass in der Literatur von einer unwiderlegbaren Vermutung für die Einkünfteerzielungsabsicht gesprochen wurde.
Von dieser ausnahmslosen Schlussfolgerung nimmt der BFH in späteren Entscheidungen aber Abstand. So hat er in einer Entscheidung (BFH BStBl II 2005, 386) eine ausnahmsweise erforderlich gehaltene Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht angenommen, wenn "besondere Gründe gegen ihr Vorliegen sprechen". Auch in späteren Entscheidungen rückt der BFH von dieser strengen Haltung ab (s BFH BFH/NV 2008, 1323). Diese nur idR angenommene typisierende Betrachtung findet in der Literatur Zustimmung (vgl Mellinghoff in Kirchhof/Seer, § 21 EStG Rz 12 Fn 8, 20. Aufl; Heuermann, DStZ 2010, 825; Kulosa in Schmidt, § 21 EStG Rz 27, 40. Aufl).
Im Folgenden werden die einzelnen Ausnahmefälle dargestellt, in denen eine Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht erforderlich ist bzw Sonderregelungen gelten.
3. Nachweiserfordernisse bei Gewerbeobjekten, unbebauten Grundstücken, Sachinbegriffen, Luxusobjekten und nicht auf Dauer angelegter Vermietungstätigkeit
Rn. 31
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Die Rspr hat in bestimmten Fällen eine besondere Prüfung der Einkünfteerzielungsabsicht für erforderlich gehalten. Bei diesen Objekten hat das FA bzw FG im Einzelfall festzustellen, ob der StPfl beabsichtigt hat, auf die voraussichtliche Dauer der Nutzung einen Überschuss der Einnahmen über die WK zu erzielen (BFH BStBl II 2010, 1038; 2013, 436; BFH/NV 2008, 1300 mwN).
Folgende Fallgruppen lassen sich unterscheiden:
Rn. 32
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Unbebaute Grundstücke: Eine Prüfung der Überschussprognose ist für die Vermietung oder Verpachtung von unbebauten Grundstücken erforderlich (BFH BStBl II 2003, 479; 2008, 515; 2009, 776). Es gilt in den Fällen der Vermietung oder Verpachtung von unbebauten Grundstücken ein Prognosezeitraum von 30 Jahren (BFH BStBl II 2008, 515; BFH/NV 2002, 1299).
Rn. 33
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Gewerbeimmobilien: Ebenso ist die Einkünfteerzielungsabsicht bei Gewerbeimmobilien (BFH BStBl II 2010, 1038; 2014, 372; 2014, 527; BFH BFH/NV 2016, 188) zu prüfen. Dabei sind Gewerbeimmobilien in diesem Sinne alle diejenigen Immobilien, die nicht Wohnzwecken dienen, so dass zB auch landw Flächen, die für eine Pferdepensionshaltung und Pferdezucht genutzt werden, hierunter fallen (BF...