Rn. 421
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Eine Leistung iSd § 22 Nr 3 S 1 EStG setzt einen auf Einkommensmehrung gerichteten Leistungsaustausch voraus, der Gegenstand eines entgeltlichen Vertrages sein kann. Nicht notwendig ist, dass ein derartiger Vertrag tatsächlich abgeschlossen wurde (BFH BStBl II 1973, 727). Entgegen früherer Rspr ist nicht mehr erforderlich, dass die Leistung "um des Entgelts willen" erbracht wird. Nicht notwendig ist auch, dass Leistung und Gegenleistung in einem synallagmatischen Austauschverhältnis stehen (BFH BStBl II 2012, 581; 1999, 776; 1994, 96). Entscheidend ist allein, dass die Gegenleistung durch das Verhalten des StPfl wirtschaftlich veranlasst ist. Um dies bejahen zu können, reicht es aus, wenn die Gegenleistung durch das Verhalten des StPfl "ausgelöst" wird. Als Leistung kommt jedes Tun, Dulden oder Unterlassen bzw jedes aktive, passive oder andere Verhalten in Betracht. Unerheblich ist dabei, welche Qualität die Leistung hat und ob das Verhalten sozialadäquat, sozialuntypisch, natürlich, alltäglich oder indifferent ist (BFH BStBl II 2012, 581; 2008, 469). Erforderlich ist aber, dass das Verhalten des StPfl von einem entsprechenden Erklärungsbewusstsein getragen wird (BFH BFH/NV 2007, 657; BStBl II 2004, 1072).
Nicht jede Einnahme, die durch ein Verhalten ausgelöst wird, fällt unter § 22 Nr 3 S 1 EStG. Als steuerbare Leistungen kommen nur an den Markt gerichtete Leistungen in Betracht (vgl Ruppe, DStJG 1, 16). Die allgemeinen Merkmale des "Erzielens" von Einkünften iSd § 2 EStG müssen bei allen Einkunftsarten gleichermaßen vorliegen. Erforderlich ist demnach auch iRd § 22 Nr 3 S 1 EStG, dass das Verhalten des Leistungserbringers "erwerbsgerichtet" bzw der erwerbswirtschaftlichen Sphäre zuzuordnen ist (BFH BStBl II 2012, 581; 2008, 868).
Nicht notwendig ist, dass der Leistende die Gegenleistung bereits im Zeitpunkt der Erbringung seiner Leistung erwartet. Dementsprechend kann sein Verhalten zunächst indifferent sein und eine Zuordnung zur steuerrelevanten Sphäre erst später erfolgen. Eine derartige Zuordnung ist zB dadurch möglich, dass der StPfl die spätere Gegenleistung im wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner Leistung als solche entgegennimmt (BFH BFH/NV 2009, 1253; 2007, 2263). Handelt er zunächst lediglich aus freundschaftlicher Verbundenheit, erhält er dann aber einen Betrag als Anerkennung für seine Hilfestellung, wird dieser dadurch steuerbar, dass er ihn als Gegenleistung für sein Verhalten entgegennimmt (BFH BStBl II 2005, 44).
Eine Leistung iSd § 22 Nr 3 S 1 EStG kann auch darin liegen, dass ein StPfl seine Bereitschaft erklärt, mit seinen persönlichen Beziehungen bei einer geschäftlichen Transaktion behilflich zu sein. Spätestens mit der Empfangnahme des Entgelts ordnet er seine Leistung der Erwerbssphäre zu (BFH BFH/NV 2004, 1072). Möglich ist auch, dass die Zuordnung zur erwerbswirtschaftlichen Sphäre durch eine gerichtliche Geltendmachung des Vergütungsanspruchs vorgenommen wird (BFH BStBl II 2008, 868 zu fehlgeschlagener Hofübergabe, s Rn 510 "Hofübergabe").
Eine Leistung iSd § 22 Nr 3 S 1 EStG ist zudem bereits dann zu bejahen, wenn ein StPfl durch sein Auftreten gegenüber einem anderen den Eindruck erweckt, er könne und werde die Leistung erbringen. Ein dafür bezogenes Entgelt ist auch steuerbar, wenn die versprochene Leistung tatsächlich nicht erbracht wird, s Rn 510 "In-Aussicht-Stellen einer Leistung". Steuerbar ist ein Entgelt ferner dann, wenn die Leistung darin besteht, dass auf ein vermeintliches Nachbarrecht verzichtet wird (BFH BStBl II 1983, 404).
Rn. 422
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Ist die Tätigkeit erwerbsgerichtet, kommt es nicht darauf an, wann die Gegenleistung erbracht bzw das Entgelt entrichtet wird. Aus diesem Grunde ist es auch unerheblich, ob die Entgeltzahlung vor Erbringung der Leistung erfolgt oder erst danach. Unerheblich ist schließlich auch, ob das Entgelt vom Leistungsempfänger oder von einem Dritten gezahlt wird (BFH BStBl II 2005, 44; 1983, 201).
Rn. 423
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Ist die Leistung nicht erwerbsgerichtet oder sind die Zahlungen nicht durch die Leistung veranlasst, kommt eine Besteuerung nach § 22 Nr 3 EStG nicht in Betracht (vgl BFH BFH/NV 2007, 1113). An einer an den Markt gerichteten Leistungserbringung fehlt es beispielsweise, wenn Angehörige iRd familiären Zusammenlebens Leistungen erbringen und dafür Zahlungen erhalten (BFH BStBl II 1999, 776 zu Pflegeleistungen unter Familienangehörigen). Gleiches gilt bei gemeinschaftsbezogenen Leistungen, die Partner einer privaten Lebensgemeinschaft gegenseitig erbringen (BFH BStBl II 2005, 44). Vgl auch s Rn 510 "Nachbarschaftliche Hilfsleistung".
§ 12 Nr 1 u 2 EStG, die entsprechende Aufwendungen für nicht abziehbar erklären und dem Privatbereich zuweisen, gelten gleichermaßen für die Einnahmeseite. Vergleichbare Einnahmen fallen nicht unter § 22 Nr 3 EStG, da sie dem einkommensteuerlich unbeachtlichen Privatbereich zuzurechnen sind.
Eine Zuordnung zur erwerbswirtschaftlichen Sp...