1. Überblick
Rn. 400
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
§ 22 Nr 3 EStG dient der Ergänzung der anderen Einkunftsarten dadurch, dass Tatbestände erfasst werden, die diesen anderen Einkunftsarten wirtschaftlich entsprechen, aber formell diesen nicht zuzuordnen sind. Anknüpfungspunkt für die Besteuerung gemäß § 22 Nr 3 EStG ist der Begriff der "Leistung" (s Rn 413ff).
2. Norminhalt
Rn. 401
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
§ 22 Nr 3 S 1 EStG regelt, dass zu den sonstigen Einkünften auch Einkünfte aus Leistungen (s Rn 413ff) zählen, wenn sie nicht zu den anderen Einkunftsarten (§ 2 Abs 1 Nr 1–6 EStG) oder zu den Einkünften gemäß § 22 Nr 1, 1a, 2 o 4 EStG gehören (s Rn 404ff).
Aus § 22 Nr 3 S 2 EStG ergibt sich, dass die Einkünfte nur bei Überschreiten der 256 EUR-Freigrenze estpfl sind (s Rn 498f).
In § 22 Nr 3 S 3 u 4 EStG sind schließlich noch Regelungen zum Verlustausgleich und -abzug enthalten (s Rn 500ff).
3. Entstehungsgeschichte
Rn. 402
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Zur historischen Entwicklung der Besteuerung von Leistungseinkünften bis 1998 s Wernsmann/Neudenberger in K/S/M, § 22 EStG Rz E 13ff (Januar 2016).
Mit dem SteuerentlastungsG v 24.03.1999 (StEntlG 1999/2000/2002, BGBl I 1999, 402) hat der Gesetzgeber in Reaktion auf die Entscheidung des BVerfG v 30.09.1998 (BGBl I 1998, 3430) den Verlustausgleich und Verlustabzug mit Wirkung ab 1999 in § 22 Nr 3 S 4 EStG in der Weise neu geregelt, dass nach § 22 Nr 3 EStG entstandene Verluste mit positiven Einkünften dieser Einkunftsart nach Maßgabe des § 10d EStG auch in anderen VZ verrechnet werden können (s Rn 500ff).
Durch das JahressteuerG 2007 v 13.12.2006 (JStG 2007, BGBl I 2006, 2878) wurde mit Wirkung ab 01.01.2007 in § 22 Nr 3 S 4 EStG ein Hs 2 eingefügt, wonach § 10d Abs 4 EStG entsprechend anzuwenden ist. Danach sind die am Schluss eines VZ verbleibenden Verlustvorträge aus sonstigen Leistungen jeweils gesondert festzustellen.
Mit Wirkung ab 01.01.2009 hat der Gesetzgeber die Besteuerung sog Stillhalterprämien, die für die Einräumung von Optionsrechten vereinnahmt werden, aus dem Regelungsbereich des § 22 Nr 3 EStG herausgelöst und dafür in § 20 Abs 1 Nr 11 EStG einen eigenen Besteuerungstatbestand geschaffen (vgl Art 1 Nr 16 Buchst a, dd UnternehmensteuerreformG 2008, BGBl I 2007, 1912). Begründet wurde dies damit, dass die Besteuerung sämtlicher Finanzinstrumente einheitlich in § 20 EStG geregelt werden sollte (BR-Drucks 220/07, 87). Diese Bestimmung ist erstmals auf Stillhalterprämien anzuwenden, die nach dem 31.12.2008 zufließen (vgl § 52a Abs 9 EStG aF). Bis dahin zugeflossene Prämien bleiben nach wie vor gemäß § 22 Nr 3 EStG steuerbar.
Durch das JahressteuerG 2009 v 19.12.2008 (JStG 2009, BGBl I 2008, 2794) wurden in § 22 Nr 3 EStG die S 5 und 6 eingefügt, die einen Ausgleich von Verlusten aus Leistungen iSd § 22 Nr 3 EStG in der bis 31.12.2008 anzuwendenden Fassung mit Einkünften aus KapVerm iSd § 20 Abs 1 Nr 11 EStG (Stillhaltergeschäfte) während einer Übergangszeit von 5 Jahren ermöglichten.
Nach Ablauf der Übergangsfrist wurden die S 5 und 6 mit dem Gesetz zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v 25.07.2014 (KroatienAnpG, BGBl I 2014, 1266) wieder aufgehoben.
4. Verfassungsmäßigkeit der Vorschrift
Rn. 403
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Gegen die Vorschrift des § 22 Nr 3 S 1 EStG bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Der darin enthaltene Tatbestand genügt den rechtsstaatlichen Anforderungen an die Bestimmtheit eines Steuergesetzes (BVerfG v 13.08.1986, 1 BvR 587/86, DStZ/E 1986, 334). Auch der Grundsatz der Normenklarheit ist nicht verletzt; insb ermöglicht es der Tatbestand des § 22 Nr 3 S 1 EStG einem StPfl, die sachliche StPfl zu erkennen (BFH BFH/NV 2007, 2263). Auch die von der Rspr vorgenommene Auslegung der Vorschrift in der Weise, dass die Aufgabe eines Vermögenswerts in seiner Substanz gegen Entgelt nicht steuerbar, eine entgoltene Nutzungswertbeeinträchtigung dagegen steuerbar sein soll, ist unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten aufgrund der dualen Einkünftekonzeption des EStG nicht zu beanstanden (BVerfG v 07.06.1993, 2BvR 1148/92, HFR 1993, 543).
Ferner verstößt § 22 Nr 3 S 1 EStG auch nicht gegen den Gleichheitssatz des Art 3 GG. Ein strukturelles Erhebungsdefizit, das zu einem Verstoß führen könnte (vgl BVerfG v 09.03.2004, 2 BvL 17/02, BStBl II 2005, 56), ist nicht zu erkennen, so dass die notwendige "Gleichheit im Belastungserfolg" in Bezug auf die Vorschrift des § 22 Nr 3 EStG nicht verfehlt wird. Unterschiedliche Beurteilungen bestimmter Sachverhalte durch die FinVerw einzelner Bundesländer betreffen lediglich die Sachverhaltssubsumtion iRd Gesetzesanwendung. Ein verfassungsrechtlich relevantes strukturelles Erhebungsdefizit kann daraus nicht abgeleitet werden (BFH BFH/NV 2007, 2263; vgl auch BVerfG v 18.04.2006, 2 BvL 8/05, BFH BFH/NV 2006 Beilage 3, 364: Zurückweisung des Vorlagebeschlusses des FG Münster EFG 2005, 1117 als unzulässig; BFH BStBl II 2005, 167; FG Ha EFG 2009, 34).
Zur Verfassungsmäßigkeit der Verlustverrechnung nach § 22 Nr...