Dr. Carl Ulrich Hildesheim
Rn. 47
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Rechtslage bis 31.12.2016
§ 22a Abs 4 S 1 EStG ermächtigt die zentrale Stelle bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (§ 81 EStG), bei den Mitteilungspflichtigen Ermittlungen darüber anstellen, ob sie ihren Verpflichtungen nach § 22a Abs 1 EStG nachgekommen sind. Zu diesem Zweck stehen ihr in sinngemäßer Anwendung der § § 193–203 AO die Prüfungsbefugnisse des Außenprüfungsdienstes der FinVerw zur Verfügung (§ 22a Abs 4 S 2 EStG). Dementsprechend kann die zentrale Stelle die Mitteilungspflichtigen einem förmlichen Prüfungsverfahren (mit Prüfungsanordnung, Schlussbesprechung und Prüfungsbericht) unterziehen. Aus der sinngemäßen Anwendung des § 200 AO ergibt sich ferner, dass die Mitteilungspflichtigen in einem solchen Verfahren entsprechende Mitwirkungs- und Duldungspflichten haben. Die Prüfungsbefugnisse der zentralen Stelle erstrecken sich auch auf Unterlagen, die die Mitteilungspflichtigen im Ausland führen und aufbewahren. Auf Anforderung sind diese der zentralen Stelle zur Verfügung zu stellen (§ 22a Abs 4 S 3 EStG). Diese Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, dass Mitteilungspflichtige auch im Ausland ansässig sein können sowie dort ihre Unterlagen aufbewahren.
§ 22a Abs 4 EStG wurde durch das JStG 2009 (BGBl I 2008, 2794) mit Wirkung ab 01.01.2009 in das EStG eingefügt und dient entsprechend der Begründung des Gesetzgebers der Einhaltung des verfassungsrechtlich gebotenen Verifikationsprinzips. Dementsprechend ist die zentrale Stelle gehalten, die Rentenbezugsmitteilungen auf Richtigkeit, Vollständigkeit und rechtzeitige Übermittlung zu überprüfen. Mit dieser Aufgabe war die zentrale Stelle betraut worden, weil diese nach Auffassung des Gesetzgebers bereits nach § 96 Abs 4 EStG (als Zulagenstelle für Altersvorsorgevermögen – ZfA) über eine entsprechende Prüfungskompetenz verfügte und vorhandene elektronische Kommunikationswege zu den Anbietern von Altersvorsorgeverträgen (§ 80 EStG) unter Erschließung von Synergieeffekten nutzen konnte (BT-Drucks 16/10189, 52).
Durch das JStG 2010 (BGBl I 2010, 1768) wurden in § 22a Abs 4 S 1 EStG die Wörter "Abs 1 S 1" durch die Angabe "Abs 1" ersetzt. Dies ermöglicht es der zentralen Stelle, die Mitteilungspflichtigen auch daraufhin zu überprüfen, ob sie die in § 22a Abs 1 S 2 EStG enthaltene Regelung (Übermittlung der Daten nach amtlich vorgeschriebenem Datensatz durch Datenfernübertragung) eingehalten haben (BT-Drucks 17/3549, 19).
Rn. 47a
Stand: EL 166 – ET: 08/2023
Rechtslage ab 01.01.2017
Die Regelungen zum Prüfdienst sind in § 93c Abs 4 AO "vor die Klammer gezogen" worden (BT-Drucks 18/7457, 99), ergänzt wird dies nunmehr zum 01.01.2018 durch den neuen § 22a Abs 5 S 2 EStG
(dazu BT-Drucks 19/4455, 37f). Der bisherige Abs 4 des § 22a EStG konnte daher aufgehoben werden. Die nach den Steuergesetzen zuständige FinBeh kann nach § 93c Abs 4 S 1 AO ermitteln, ob die mitteilungspflichtige Stelle
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ihre Pflichten nach § 93c Abs 1 Nr 1, 2, 4 und Abs 3 AO erfüllt und |
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den Inhalt des Datensatzes nach den Vorgaben des jeweiligen Steuergesetzes bestimmt hat (also insbesondere, ob sie ihr die Rentenbezugsmitteilungen richtig, vollständig und rechtzeitig übermittelt haben). |
Die Prüfung durch die zentrale Stelle kann an Amtsstelle oder iR einer Außenprüfung stattfinden, § 203a AO (Hamacher in H/H/R, § 22a EStG Rz 11 (Juni 2022), dort auch zur Notwendigkeit der Durchführung derartiger Prüfungen im Hinblick auf die "Komplexität der Rentenbesteuerung").
Die Rechte und Pflichten der für die Besteuerung des StPfl zuständigen FinBeh hinsichtlich der Ermittlung des Sachverhalts bleiben unberührt, § 93c Abs 4 S 2 AO.
Nach Ansicht des FG BdW vom 07.07.2011, 3 K 5640/08, EFG 2012, 123 (NZB X B 113/11 abgewiesen) besteht ein strukturelles Vollzugsdefizit bei der Rentenbesteuerung, die die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Besteuerungsgrundlage nach sich ziehen könnte, aufgrund der Regelung des § 22a EStG nicht.