a) Allgemeines
Rn. 72
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Einkünfte aus ehemaliger Tätigkeit sind im Bereich von Gewinneinkünften von Veräußerungs- oder Aufgabegewinnen abzugrenzen, die im Fall der Beendigung der Einkünfte aus LuF, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit anfallen (§ 14, § 14a, § 16, § 18 Abs 3 EStG). Der Veräußerungs- oder Aufgabegewinn ist diesen Fällen durch BV-Vergleich zu ermitteln. Dies gilt gemäß § 16 Abs 2 S 2, § 14 S 2 EStG auch für StPfl, die ihren Gewinn vorher nach § 4 Abs 3 oder § 13a EStG ermittelt haben. In der aufzustellenden Schlussbilanz ist das BV im Zeitpunkt der Veräußerung oder Aufgabe anzusetzen. Deshalb sind Zahlungen, die der StPfl auf in der Schlussbilanz aktivierte Forderungen erhält, erfolgsneutrale Vermögensumschichtungen und keine nachträglichen Einkünfte. Ausgaben auf passivierte Verbindlichkeiten stellen ebenfalls Vermögensumschichtungen und keine nachträglichen BA dar.
Nur dann, wenn eine Passivierung im Zeitpunkt der Betriebsveräußerung oder -aufgabe nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung ausgeschlossen war, kommen nachträgliche BA in Betracht (FG Thüringen vom 23.11.2021, 3 K 308/18, EFG 2022, 329 mwN; Rev III R 7/22).
Rn. 73
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Für den Fall, dass entgegen der dargestellten Grundsätze im Fall vorheriger Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschussrechnung (§ 4 Abs 3 EStG) bei einer Betriebsaufgabe keine Schlussbilanz aufgestellt wird und dies nicht zur Erlangung ungerechtfertigter Steuervorteile geschah, erkennt der BFH nachträgliche BA an (BFH vom 13.05.1980, VIII R 84/79, BStBl II 1980, 692). In solchen Konstellationen müssten nachträgliche Einnahmen ebenso behandelt werden (Ferstl in Frotscher/Geurts, § 24 EStG Rz 63 (April 2023)).
b) Abgrenzung zum Veräußerungsgewinn
Rn. 74
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Nachträgliche Ereignisse führen dann nicht zu Einkünften iSd § 24 Nr 2 EStG, wenn sie einem Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zuzurechnen sind, weil sie materiell-rechtlich auf den Veräußerungs- oder Aufgabezeitpunkt zurückwirken (BFH vom 19.07.1993, GrS 1/92, BStBl II 1993, 894; BFH vom 19.07.1993, GrS 2/93, BStBl II 1993, 897; BFH vom 10.02.1994, IV R 37/92, BStBl II 1994, 564). Die Steuerfestsetzung des VZ der Veräußerung oder Aufgabe ist dann gemäß § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO zu ändern.
Rn. 75
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Wegen einer materiell-rechtlichen Rückwirkung auf den Aufgabe- oder Veräußerungsgewinn gehören nicht zu den nachträglichen Einkünften iSd § 24 Nr 2 EStG zB:
- der Ausfall der Forderung auf den Veräußerungserlös (BFH vom 19.07.1993, GrS 2/92, BStBl II 1993, 897).
- Der Veräußerer wird nachträglich für Betriebsschulden in Anspruch genommen, die der Erwerber übernommen hat und die in den Veräußerungsgewinn eingeflossen sind (BFH vom 19.07.1993, GrS 1/92, BStBl II 1993, 894).
- der Ausfall des vom Kommanditisten nach seinem Ausscheiden in der KG belassenen Gesellschafterdarlehens (BFH vom 14.12.2994, X R 128/92, BStBl II 1995, 465).
- Wird der Streit über eine Schadensersatzforderung nach der Betriebsaufgabe durch Urteil oder Vergleich beigelegt, liegt ein rückwirkendes Ereignis vor (BFH vom 10.02.1994, IV R 37/92, BStBl II 1994, 564).
- Nachträgliche Umsatzsteuererstattungen stellen ein auf den Aufgabegewinn rückwirkendes Ereignis dar (FG D'dorf vom 09.02.2023, 9 K 2035/20 E, EFG 2023, 539).
- Veräußerungs- oder Aufgabekosten erhöhen oder mindern sich nachträglich (BFH vom 18.11.1997, VIII R 65/95, BFH/NV 1998, 573).
- nachträgliche Minderungen des Kaufpreises eines anlässlich der Betriebsaufgabe veräußerten Grundstücks (BFH vom 12.10.2005, VIII R 66/03, BFH/NV 2006, 644).
c) Nachträgliche Einnahmen
Rn. 76
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Demgegenüber führen Ereignisse, die keine Positionen der Schlussbilanz betreffen und auch nicht materiell-rechtlich auf den Veräußerungs- oder Aufgabegewinn zurückwirken, zu nachträglichen Einnahmen iSv § 24 Nr 2 EStG.
Dafür lassen sich folgende Bsp anführen:
- nachträglich abgeschlossene Geschäfte wie die Veräußerung zurückbehaltener WG des BV (s Ferstl in Frotscher/Geurts, § 24 EStG Rz 64 (April 2023));
- schwebende Geschäfte sind in der Schlussbilanz nicht zu erfassen. Deshalb führt ihre spätere Abwicklung zu nachträglichen Einkünften iSv § 24 Nr 2 EStG. Zahlungen eines Verlages an den Erben eines Autors führen somit auch dann zu nachträglichen Einkünften aus selbstständiger Arbeit, wenn es sich um Honoraransprüche für Nachlieferungen oder Neuauflagen handelt, die nicht vom Erblasser, sondern von einem nachfolgenden Autor verfasst worden sind (BFH vom 27.11.1992, IV B 109/91, BFH/NV 1993, 293);
- Veräußerung des Geschäftswerts nach Erklärung der Betriebsaufgabe und anschließender Betriebsverpachtung im Ganzen führt zu nachträglichen Einkünften aus Gewerbebetrieb iSv § 24 Nr 2 EStG iVm § 15 Abs 1 Nr 1 EStG (BFH vom 30.01.2002, X R 56/99, BStBl II 2002, 387);
- bei Milchaufgabevergütungen, die in mehreren Jahresbeträgen nach Einstellung des landwirtschaftlichen Betriebs gezahlt werden (BFH vom 07.09.1989, IV R 91/88, BStBl II 1989, 975);
- fehlerhaft in der Schlussbilanz nicht bilanzierte Vermögenspos...