a) Allgemeines
Rn. 31
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Der RFH hat die Anwendung von § 24 Nr 1 Buchst a EStG auf Gewinneinkünfte abgelehnt. Bei der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich könnten einzelne Geschäftsvorfälle keine gesonderte Berücksichtigung finden (s RFH vom 05.07.1944, VI 349/43, RStBl 1944, 641).
Diese Ansicht wurde vom BFH schon früh ausdrücklich aufgegeben (BFH vom 17.12.1959, IV 223/58 S, BStBl III 1960, 72). Sie war nach Wortlaut und Systematik der Vorschrift auch nicht haltbar. Die Besonderheiten der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich erfordern jedoch nach dem BFH und der hA eine deutliche Trennung zwischen den laufenden Einkünften und Entschädigungen (s Mellinghoff in Kirchhof, § 24 EStG Rz 10 (22. Aufl)).
Die Entschädigung muss auf einem außerordentlichen Ereignis beruhen. Der zur Ersatzleistung führende Sachverhalt darf sich nicht als normaler und üblicher Geschäftsvorfall darstellen (BFH vom 20.07.1978, IV R 43/74, BStBl II 1979, 9; BFH vom 09.01.2002, IV B 31/01, BFH/NV 2002, 776; BFH vom 10.07.2012, VIII R 48/09, BStBl II 2013, 155).
Ein zu einer Entschädigung iSv § 24 Nr 1 Buchst a EStG führender außerordentlicher Vorfall liegt vor, wenn dem Unternehmen infolge des schadensstiftenden Ereignisses die Grundlage zum Abschluss einer unbestimmten Vielzahl von Geschäften genommen und dafür Ersatz geleistet wird (BFH vom 09.01.2002, IV B 31/01, BFH/NV 2002, 776). Dem Unternehmen muss zumindest teilweise die Ertragsgrundlage entzogen worden sein (s Füssenich in K/S/M, § 24 EStG Rz B 44 (März 2022)). Deshalb kann eine Entschädigung, die dafür gezahlt wird, dass ein Mieter der Auflösung des Vertragsverhältnisses zur Vermeidung wirtschaftlicher Schäden zustimmt, nachdem er durch den Vermieter unter Druck gesetzt worden ist, unter § 24 Nr 1 Buchst a EStG fallen.
Dagegen ist die an einen Bauunternehmer gezahlte Abfindung für ein nicht durchgeführtes Bauvorhaben keine Entschädigung iSd Vorschrift (BFH vom 20.07.1978, IV R 43/74, BStBl II 1979, 9). Es handelt sich um einen typischen Geschäftsvorfall eines solchen Unternehmens. Bei Einnahmen, die auf solchen normalen und üblichen Geschäften beruhen, kommt es nicht darauf an, ob sie zur Erfüllung eines Vergütungsanspruchs oder eines an deren Stelle getretenen Schadensersatzanspruchs zugeflossen sind (BFH vom 09.01.2002, IV B 31/01, BFH/NV 2002, 776).
b) Kritische Würdigung der Rspr des BFH
Rn. 32
Stand: EL 171 – ET: 02/2024
Die Rspr des BFH und die ihm folgende hA des Schrifttums (kritisch hingegen Horn in H/H/R, § 24 EStG Rz 28 (April 2019)) ist offenbar von der Überlegung getragen, dass die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes des § 34 EStG im unternehmerischen Bereich eingeschränkt werden müsse, weil dort viele (normale) Geschäftsvorfälle vorkommen können, die als Entschädigungen iSv § 24 Nr 1 Buchst a EStG einzuordnen sein können. So kommt es sicher häufiger vor, dass im Rahmen eines gewerblichen Unternehmens auf einer neuen vertraglichen Grundlage eine Entschädigung für den – erzwungenen – Verlust eines Auftrags gewährt wird.
Dem Wortlaut des § 24 Nr 1 Buchst a EStG ist eine Beschränkung der Entschädigung bei Gewinneinkünften auf außerordentliche Geschäftsvorfälle nicht zu entnehmen. Sie wäre – wenn überhaupt – richtigerweise in § 34 Abs 2 Nr 2 EStG zu verorten. Dort wäre nach Sinn und Systematik dieser Norm zu bestimmen, ob eine einschränkende Auslegung auf außergewöhnliche Geschäftsvorfälle bei den Gewinneinkünften angezeigt ist.
Dies dürfte nicht der Fall sein, weil mit dem iRd § 34 Abs 1 und 2 EStG zu prüfende Kriterium der Zusammenballung der Einnahmen in einem VZ schon ein ausreichendes Korrektiv zur Verfügung stehen dürfte. Danach sind Entschädigungen iSd § 24 Nr 1 Buchst a EStG grds nur dann außerordentliche Einkünfte, wenn sie sich bei normalem Ablauf der Dinge auf mehrere Jahre verteilt hätten und nun vollständig in einem Betrag gezahlt werden oder wenn die Entschädigung nur Einnahmen eines Jahres ersetzt, sofern sie im Jahr der Zahlung mit weiteren Einkünften zusammenfällt und der StPfl im Jahr der entgangenen Einnahmen keine weiteren (nennenswerten) Einnahmen gehabt hat (s dazu BFH vom 21.01.2004, XI R 22/03, BFH/NV 2004, 1226; BFH vom 11.05.2010, BFH/NV 2010, 1801).
Mit dieser Einschränkung dürfte auch im Bereich der Gewinneinkünfte zureichend sichergestellt werden können, dass Sinn und Zweck der Tarifbegünstigung erfüllt werden. Diese liegen darin, die sich in einer progressiven Besteuerung der Entschädigung liegenden Härten auszugleichen (BFH vom 21.01.2004, XI R 22/03, BFH/NV 2004, 1226; BFH vom 11.05.2010, BFH/NV 2010, 1801).
c) Entschädigungs-ABC für Gewinneinkünfte
Rn. 33
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Alleinvertriebsrecht
Zahlungen für den Wegfall eines Alleinvertriebsrechts sind keine Entschädigung, weil sie im Rahmen einer üblichen und normalen Geschäftsbeziehung erfolgen (BFH vom 02.12.1965, IV 55/64, BStBl III 1966, 91).
Ausgleichsbetrag
Ein nach § 58a Abs. 4 BranntwMonG gezahlter Ausgleichsbetrag ist keine Entschädigung, weil er für den Wegfall des Brennrechts und als Anreiz, freiwillig aus dem Monopol auszuscheiden, gewährt...