A. Begriff
Rn. 3
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Die Veranlagung iSd § 25 EStG ist das förmliche Verfahren, in dem die Besteuerungsgrundlagen für die ESt ermittelt werden und in dem daraufhin die ESt festgesetzt wird. Über das Ergebnis der Veranlagung ist ein Steuerbescheid zu erteilen. Danach wird die Steuerfestsetzung iSd §§ 155ff AO im EStG Veranlagung genannt, ohne etwas anderes zu meinen.
B. Veranlagungsverfahren
1. Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen
Rn. 4
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Gegenstand der Veranlagung ist mit der festzusetzenden ESt die Steuerschuld des jeweiligen VZ. Auf ihre Festsetzung zielt das Ermittlungsverfahren ab, so dass die Frage, welche Befugnisse, Rechte und Pflichten StPfl und FinBeh im Ermittlungsverfahren haben, unter Berücksichtigung dieser Aufgabenstellung beantwortet werden muss. Unter dieser Prämisse hat das FA den Amtsermittlungsgrundsatz der §§ 85, 88 AO zu befolgen, der StPfl seinen Mitwirkungspflichten nach §§ 90ff AO nachzukommen. Diese erfüllt der StPfl insb durch die in § 25 Abs 3 EStG konkretisierte Steuererklärungspflicht (s Rn 25ff).
2. Maßgebliche Besteuerungsgrundlagen
Rn. 5
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Die ESt wird nach dem vom StPfl im VZ bezogenen Einkommen veranlagt. Dieser Wortlaut des § 25 Abs 1 EStG stellt gegenüber § 2 Abs 5 EStG, nach dem das zvE die Bemessungsgrundlage für die tarifliche ESt bildet, lediglich eine sprachliche Ungenauigkeit ohne materiellrechtliche Auswirkung dar.
Welches Einkommen der StPfl im VZ bezogen hat, richtet sich nach den für die einzelnen Besteuerungsgrundlagen maßgeblichen Vorschriften: zB für die Zurechnung von Einkünften nach der Tatbestandsverwirklichung der jeweiligen Einkunftsart iSd § 2 Abs 1 iVm §§ 13–24 EStG; nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung; für die Berücksichtigung von Gewinnen bei abweichendem Wj nach § 4a EStG (zur Umstellung von einem unzulässigerweise gewählten abweichenden Wj auf das Kj vgl BFH v 12.07.2007, BStBl II 2007, 775) nach dem Zu- und Abflussprinzip des § 11 EStG.
Bezogen bedeutet nicht zugeflossen, sondern ist im Sinne einer zeitlichen Zuordnung zu verstehen und bestimmt sich nach den jeweils geltenden Vorschriften zur Ermittlung der Einkünfte (BFH v 26.06.2014, BStBl II 2014, 972).
Seit VZ 2009 unterbleibt die Veranlagung für private Anleger hinsichtlich der KapErtr nach § 20 EStG, die durch die im Wege des Steuerabzugs nach § 43 Abs 5 EStG erhobene KapSt abgegolten sind.
Die Abgeltungswirkung greift in folgenden Fällen nicht ein:
- wenn die Voraussetzungen des § 32d Abs 2 EStG erfüllt sind. Dies gilt für Zinsen aus Darlehen zwischen nahe stehenden Personen, für Gewinnbeteiligungen von stillen Gesellschaftern und partiarische Darlehen, KapErtr aus Beteiligungen von mindestens 10 % an einer Körperschaft;
- wenn die KapErtr zu einer anderen Einkunftsart gehören.
Nach § 32d Abs 4 EStG hat der StPfl das Wahlrecht iRd ESt-Veranlagungsverfahrens eine Steuerfestsetzung für Kapitaleinkünfte, die der KapSt unterlegen haben, zu beantragen.
Rn. 6
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Die für die Steuerfestsetzung maßgeblichen Besteuerungsgrundlagen sind unselbstständiger Teil des ESt-Bescheids und damit nicht selbstständig anfechtbar. In Bestandskraft erwächst nur die festgesetzte Steuerschuld, § 157 Abs 2 AO. Eine Ausnahme gilt nur in Fällen der gesonderten Feststellung von Besteuerungsgrundlagen. Diese kommt neben den in §§ 179ff AO geregelten Fällen auch in Betracht nach einzelnen Vorschriften des EStG:
- gesonderte Feststellung des am Schluss des VZ verbleibenden Verlustabzugs nach § 10d Abs 4 EStG;
- gesonderte und einheitliche Feststellung der Bemessungsgrundlage für die zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung nach § 11 Abs 6 EigZulG.
Vgl ferner die VO zu § 180 Abs 2 AO, BStBl I 1987, 2 und die dazu ergangenen Schreiben des BMF BStBl I 1987, 362; 1989, 146; 1990, 764. Die gesondert festgestellten Besteuerungsgrundlagen sind für die ESt-Veranlagung bindend, § 182 Abs 1 AO. Das bedeutet auch, dass im ESt-Veranlagungsverfahren nicht eigenständig über gesondert festzustellende Besteuerungsgrundlagen entschieden werden kann. Sie können also nicht im ESt-Veranlagungsverfahren "nachgeschoben" werden, wenn der Feststellungsbescheid bereits bestandskräftig geworden ist, BFH BStBl II 1989, 343; BFH III, BFH/NV 1990, 369; BFH VIII, BFH/NV 1992, 515 betr Sonder-BA.
Ein durch § 30 AO geschütztes Geheimhaltungsinteresse kann insoweit nicht geltend gemacht werden, BFH IX, BFH/NV 1991, 653; BFH XI, BStBl II 1992, 4. Einwendungen hiergegen können folglich auch allein im Feststellungsverfahren geltend gemacht werden, BFH X, BFH/NV 1991, 602.
Nach dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung entfalten Entscheidungen, die das FA in Vorjahren getroffen hat, grundsätzlich keine Bindungswirkung für folgende VZ. Für jeden VZ muss das FA den Sachverhalt erneut prüfen und rechtlich würdigen, BFH IV, BStBl II 1989, 363; BVerfG HFR 1990, 517 u INF 1993, 525. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung muss es dabei zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufgeben,
- auch wenn der StPfl auf sie vertraut haben sollte (BFH V, BStBl III 1967, 442; BFH IX, BStBl II 1993, 834),
- die FinB...