1. Allgemeines
Rn. 73
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Der Verlustabzug kann grundsätzlich nur von dem StPfl geltend gemacht werden, der die negativen Einkünfte erzielt hat, R 10d Abs 4 S 1 EStR 2012. Dieser Grundsatz gilt auch bei Ehegatten, vgl BFH v 22.02.2005, BStBl II 2005, 624 zu II.2. b. Bei Zusammenveranlagung sind aber im Verlustabzugsjahr die Verluste des Ehegatten vorrangig mit positiven Einkünften des anderen Ehegatten auszugleichen und stehen folglich für einen Verlustabzug nach § 10d EStG nicht mehr (oder nur noch eingeschränkt) zur Verfügung, vgl BFH BStBl II 1980, 188; R 10d Abs 6 EStR 2012.
Dieser Verlustausgleich zwischen den Ehegatten kann durch Wahl der Einzelveranlagung (bis VZ 2012 der getrennten Veranlagung) verhindert werden.
Die Einzelveranlagung (bis VZ 2012 die getrennte Veranlagung) ist immer dann günstiger, wenn nur ein Ehegatte einen Verlust erlitten hat und der Rücktrag zu einer höheren Steuererstattung führt als der Ausgleich mit positiven Einkünften des anderen Ehegatten im VZ der Verlustentstehung.
Rn. 74
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Beispiel:
Die (zusammen veranlagten) Ehegatten hatten in den Jahren 01 und 02 folgende Einkünfte (mit Angabe der Steuer nach der Splittingtabelle 2019):
|
Einkünfte 01 |
Steuer 01 |
Einkünfte 02 |
Steuer 02 |
Ehemann (§ 15 EStG) |
100 000 |
|
./. 25 000 |
|
Ehefrau (§ 19 EStG) |
30 000 |
|
30 000 |
|
zvE |
130 000 |
37 038 |
5 000 |
0 |
Durch die Verrechnung der Einkünfte im VZ 02 entsteht zwar keine Steuerlast, aber unter Berücksichtigung des Jahres 01 eine Gesamtbelastung von EUR 37 038.
Bei der Einzelveranlagung (bis VZ 2012 der getrennten Veranlagung) in VZ 02 mit Verlustrücktrag in VZ 01 ergibt sich folgendes Bild:
VZ 02: Die ESt (nach Grundtabelle) der Ehefrau beträgt EUR 5 275.
VZ 01: Durch den Verlustrücktrag ergibt sich ein zvE von EUR 105 000 mit einer ESt (Splittingtarif) von EUR 26 590.
Die Steuerbelastung beträgt insgesamt EUR 31 865 und ist im Vergleich zur Zusammenveranlagung im Verlustentstehungsjahr um EUR 5 173 niedriger.
Die im Zusammenhang mit dem Verlustrücktrag erneute Ausübung des Veranlagungswahlrechts zugunsten der Einzelveranlagung (bis VZ 2012 der getrennten Veranlagung) ist nicht rechtsmissbräuchlich, s § 26 Rn 64 (Schneider).
Bei einem Wechsel der Veranlagungsart ist § 62d EStDV zu beachten (s Rn 80ff).
Rn. 75–79
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
vorläufig frei
2. Wechsel der Veranlagungsart
Rn. 80
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Für den Wechsel der Veranlagungsart enthält § 26a Abs 3 EStG eine Ermächtigung zum Erlass einer Rechts-VO, umgesetzt durch § 62d EStDV (für Lebenspartner: iVm §§ 1, 84 Abs 1 a EStDV). Nach dem Wortlaut des § 26a Abs 3 EStG besteht die Ermächtigung nur für Wechselfälle, bei denen beide Ehegatten nicht ausgeglichene Verluste haben.
Darüber hinaus gehend regelt aber § 62d EStDV auch den Fall, dass nur ein Ehegatte Verluste erlitten hat.
Dagegen ist der Übergang von der Einzelveranlagung zur Zusammenveranlagung nicht geregelt.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Überschreitung der Ermächtigungsvorschrift bestehen mE nicht, vgl auch BFH v 22.02.2005, BStBl II 2005, 624; Pflüger in H/H/R, § 26a EStG Rz 81, EL 258.
Durch die Formulierung "kann" in § 62d EStDV wird den Ehegatten kein freies Wahlrecht zur Bestimmung des Verlustabzugsjahres eingeräumt, sondern es wird lediglich klargestellt, dass das Recht auf die Geltendmachung des Verlustabzugs durch den Wechsel der Veranlagungsart nicht verloren geht, vgl BFH v 22.02.2005, aaO.
Bei der nachträglichen Wahl zur Einzelveranlagung kann nur dann ein Gestaltungsmissbrauch durch Ausübung der Wahlrechte angenommen werden, wenn Wahlrechte wiederholt in widersprüchlicher Weise mit dem Ziel, die Durchsetzung der festgesetzten Steuer zeitweilig oder dauerhaft zu vereiteln, ausgeübt werden (FG Münster v 04.10.2012, 6 K 3016/10 E, EFG 2013, 97; BFH v 15.07.2004, III R 66/98, BFH/NV 2005, 186). Allein der Umstand, dass eine Einzelveranlagung einen Erstattungsanspruch des einen und eine nicht realisierbare Nachzahlungspflicht des anderen Ehegatten zur Folge hätte, reicht für sich betrachtet nicht aus, um einen Gestaltungsmissbrauch iSd § 42 AO zu begründen (BFH v 30.08.2012, III R 40/10, BFH/NV 2013, 193).
Das Offizialprinzip (Vorrangverhältnis des Verlustrücktrags vor dem Verlustvortrag, s § 10d Rn 41ff (Gassen)) des § 10d EStG wird durch das "kann" in § 62d EStDV nicht tangiert.
Rn. 81
Stand: EL 137 – ET: 08/2019
Im Einzelnen sind im Verhältnis zu § 10d EStG folgende Fälle zu unterscheiden:
- Bei der Einzelveranlagung (bis VZ 2012 der getrennten Veranlagung) im Verlustentstehungs- und Abzugsjahr ergeben sich keine Besonderheiten: Es erfolgt eine getrennte Ermittlung und Zurechnung der Verluste.
- Einzelveranlagung (bis VZ 2012 getrennte Veranlagung) im Abzugsjahr und Zusammenveranlagung (oder besondere Veranlagung nach § 26c EStG aF bis VZ 2012) im Entstehungsjahr: Der getrennt veranlagte Ehegatte kann den Verlustabzug auch für Verluste derjenigen VZ geltend machen, in denen die Ehegatten zusammen oder besonders veranlagt wurden. Voraussetzung ist allerdings, dass der jewei...