Rn. 68
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Durch den Zusammenveranlagungsbescheid ist nur der Ehegatte beschwert, dem gegenüber er wirksam bekannt gegeben worden ist. Der andere Ehegatte ist bei unwirksamer Bekanntgabe nicht rechtsbehelfsbefugt, BFH BStBl II 1972, 287; 1984, 285. Im Falle der wirksamen Bekanntgabe gegen beide Ehegatten kann sich jeder Ehegatte unabhängig vom anderen gegen den Zusammenveranlagungsbescheid wehren. Die Zusammenveranlagung gewährleistet keine notwendig einheitliche Entscheidung für und gegen beide Ehegatten, BFH BStBl II 1969, 343; 1969, 708; 1971, 331; 1971, 730; BFH/NV 1987, 256.
Die ausdrückliche oder durch Abgabe einer gemeinsamen, von beiden Ehegatten unterschriebenen ESt-Erklärung konkludente gegenseitige Bevollmächtigung der Ehegatten gilt für alle im gesamten Besteuerungsverfahren erforderlichen Handlungen, also auch für die Rechtsbehelfseinlegung. Der von einem Ehegatten eingelegte Einspruch hat aber nicht ohne Weiteres auch die Wirkung eines vom anderen Ehegatten eingelegten Einspruchs. Aus dem Einspruchsschreiben muss vielmehr klar und unmissverständlich zum Ausdruck kommen, dass es sich um einen Rechtsbehelf beider Ehegatten handelt, BFH BStBl II 1985, 296; BFH/NV 1986, 733; 1988, 23. Dazu genügt es, wenn im Einspruchsschreiben beide Ehegatten benannt sind, FG Nbg EFG 1986, 474.
Die Erweiterung des von nur einem Ehegatten eingelegten Einspruchs auf den anderen Ehegatten ist nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist nur wirksam, wenn diesem Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) gewährt wird, FG BdW EFG 1987, 599. Im Zweifel ist das FA zur Aufklärung verpflichtet, AEAO zu § 122 AO Tz 3.4.
Rn. 69
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Sind in den Zusammenveranlagungsbescheid Besteuerungsgrundlagen aus einem Grundlagenbescheid eingegangen, so können diese nicht durch Anfechtung des ESt-Bescheids (Folgebescheid) angegriffen werden, § 351 Abs 2 AO. Anfechtungsbefugnis hat auch nicht der andere Ehegatte, der vom Grundlagenbescheid nicht betroffen ist, wenn der davon betroffene Ehegatte von seinem Anfechtungsrecht seinerseits keinen Gebrauch gemacht hat oder nach § 352 Abs 1 AO in Bezug auf den Grundlagenbescheid gar nicht rechtsbehelfsbefugt ist.
Rn. 70
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Umstritten ist die Frage der notwendigen Hinzuziehung/Beiladung nach § 360 Abs 3 AO/§ 60 Abs 3 FGO, wenn nur ein Ehegatte Einspruch erhoben hat, die Steuerfestsetzung gegen den anderen Ehegatten hingegen bestandskräftig geworden ist. Nach st Rspr ist im Rechtsbehelfsverfahren eines zusammenveranlagten Ehegatten der andere mangels Notwendigkeit einer einheitlichen Entscheidung grds nicht nach § 360 Abs 3 AO hinzuzuziehen o nach § 60 Abs 3 FGO beizuladen, BFH BStBl II 1992, 916; BFH/NV 1995, 225; glA Ettlich in Blümich, § 26b EStG Rz 45, 146. Aufl. Dagegen Seeger in Schmidt, § 26b EStG Rz 15, 38. Aufl. Eine niedrigere Steuerfestsetzung aufgrund des Einspruchs mindert daher nicht die bestandskräftig festgesetzte Steuerschuld des anderen Ehegatten. Soll aufgrund des Einspruchs eine höhere Steuer festgesetzt werden (Verböserung), so ist dies nur gegenüber dem einspruchsführenden Ehegatten zulässig.
Eine Beiladung ist aber grds dann geboten, wenn Streit über die Art der Veranlagung besteht, s § 26 Rn 83 (Schneider).