1. Sinn und Zweck der Vorschrift
Rn. 12
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
§ 2a Abs 1 EStG stellt zunächst eine Missbrauchsbekämpfungsvorschrift dar: Aus wirtschaftspolitischen Gründen soll der Gesamtbetrag der Einkünfte (s § 2 Abs 3 EStG aF) nicht durch Verrechnung mit ausländischen Verlusten aufgrund primär steuerlich motivierter Gestaltungen (zB Verlustzuweisungsmodellen) gemindert werden, die das deutsche Steueraufkommen zwar verringern, der deutschen Volkswirtschaft jedoch keinen Nutzen bringen und daher "unerwünscht" sind (vgl BT-Drucks 9/2074, 62; 14/2070, 14; kritisch Dautzenberg, Abzug "finaler" ausländischer Betriebsstättenverluste, Anmerkung zum Urteil des EuGH vom 22.09.2022, C-538/20, FR 2022, 989).
Rn. 13
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Ferner soll sichergestellt werden, dass ausländische Verluste, sofern sie nicht bereits aufgrund eines DBA unberücksichtigt bleiben, nur dann uneingeschränkt mit positiven inländischen und ausländischen Einkünften verrechnet werden können, wenn sie aus einer aktiven gewerblichen Auslandstätigkeit stammen (vgl BT-Drucks 9/2074, 62). Die in § 2a Abs 2 EStG verankerte Rückausnahme, die eine Verlustverrechnung bei aktiver gewerblicher Tätigkeit zulässt, soll Deutschland als Industriestandort und die deutsche Exportwirtschaft fördern (vgl BT-Drucks 9/2074, 64).
2. Zusammenhang der Verlustverrechnungsbeschränkung mit dem Regelungsbereich von DBA
a) Vermeidung der Doppelbesteuerung durch DBA und nationale Vorschriften
Rn. 14
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Hat eine juristische Person Sitz oder Geschäftsleitung in Deutschland oder hat eine natürliche Person in Deutschland ihren gewöhnlichen Aufenthalt, so besteht unbeschränkte StPfl in Deutschland (§ 1 KStG, § 1 EStG). Grundsätzlich unterliegen diese inländischen StPfl nach dem Welteinkommensprinzip mit ihren sämtlichen Gewinnen und Verlusten, also auch den im Ausland erwirtschafteten, der inländischen Besteuerung. Da ausländische Betriebsstätten rechtlich nicht von dem inländischen Stammhaus getrennt zu betrachten sind, kann es zu einer Doppelbesteuerung der einer Betriebsstätte zuzuordnenden Einkünfte im Ansässigkeitsstaat des Stammhauses sowie im Betriebsstättenstaat kommen, die durch DBA oder nationale Regelungen zu vermeiden ist.
Rn. 15
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Liegt ein DBA vor und wird für bestimmte Einkünfte nach den Verteilungsnormen des DBA das Besteuerungsrecht dem Ausland zugewiesen (zB aufgrund der Tätigkeit oder Belegenheit, zB für PersGes nach Art 7 OECD-MA), so werden diese aus dem Ausland stammenden Einkünfte
- entweder bei der Ermittlung der in Deutschland stpfl Einkünfte regelmäßig unter Progressionsvorbehalt ausgenommen (DBA mit Freistellungsmethode, Art 23 A OECD-MA)
- oder wird die im Ausland gezahlte Steuer auf die in Deutschland zu erhebende Steuer angerechnet (DBA mit Anrechnungsmethode, Art 23 B OECD-MA).
Dies bezieht sich sowohl auf Gewinne wie auch auf Verluste ("Symmetriethese", BFH BStBl II 1983, 382; 2014, 703; aA Kessler/Schmitt/Janson, IStR 2001, 729).
Rn. 16
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Greift ein DBA mit Freistellungsmethode ein, werden die im Ausland erzielten Verluste im Inland regelmäßig nicht steuerlich erfasst. Eine Ausnahme hiervon gilt, wenn das DBA einen Aktivitätsvorbehalt vorsieht: Die Freistellungsmethode findet dann nur Anwendung, sofern positive oder negative Einkünfte zB aus einer ausländischen Betriebsstätte durch bestimmte aktive Tätigkeitsformen erzielt werden (zB Art 24 Abs 1 Nr 1 Buchst a DBA-Schweiz). Unterfallen die Einkünfte nicht dem Katalog der abkommensrechtlich begünstigten aktiven Tätigkeiten, kommt lediglich die Anrechnung der ausländischen Steuer auf die deutsche Steuer in Betracht.
Soweit die Anrechnungsmethode anwendbar ist, sind ausländische Verluste nicht "steuerfrei" und können daher grundsätzlich im Inland berücksichtigt werden (zu steuerplanerischen Gestaltungen im Hinblick auf die Erfüllung oder Nichterfüllung und damit Verrechenbarkeit der Verluste im Inland vgl Pyszka/Schmedt, IStR 2002, 342).
Rn. 17
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Die Freistellungsmethode ist auch dann nicht anwendbar, wenn
- die ausländischen Einkünfte nicht unter Art 7 OECD-MA fallen (vgl BFH BStBl II 1991, 444);
- Zwischeneinkünfte gemäß § 20 Abs 2 AStG vorlägen, falls die ausländische Betriebsstätte eine KapGes wäre. Ob bei niedrig besteuerten passiven negativen Einkünften einer Betriebsstätte der in § 20 Abs 2 AStG vorgesehene Wechsel von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode erfolgt, ist umstritten (bejahend mit der Folge der möglichen Verrechnung ausländischer Betriebsstättenverluste im Inland Becker/Loose/Misere, Bewirkt § 20 Abs 2 AStG eine Verrechnung ausländischer Betriebsstättenverluste im Inland?, IStR 2016, 353).
b) Auswirkungen des § 2a Abs 1 EStG im Zusammenhang mit DBA
Rn. 18
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Vor diesem Hintergrund erfordert eine Verlustverrechnung nach § 2a Abs 1 EStG, dass Verluste grundsätzlich überhaupt im Inland steuerlich berücksichtigt werden. Ausgeschlossen ist die Berücksichtigung ausländischer Betriebsstättenverluste im Inland somit in DBA-Fällen mit Freistellungsklausel ohne Besteuerungsvorbehalt für die Bundesrepublik.
Ist in einem DBA hingegen geregelt, dass eine Freistellung nur dann erfolgt, wenn die Einkünfte im Ausl...