Dr. Peter Handzik, Edgar Stickan
Schrifttum:
Emser, Erleichterungen für gemeinnützige Körperschaften und ehrenamtlich Tätige im Bereich des Steuerrechts, NWB 13/2013, 908;
Tegelkamp/Krüger, Ein Sieg für das Ehrenamt? – kritische Betrachtung zu BFH FR 2013, 517, FR 2013, 490.
Verwaltungsanweisungen:
BMF vom 21.11.2014, BStBl I 2014, 1581 (Steuerfreie Einnahmen aus ehrenamtlicher Tätigkeit – Anwendungsschreiben zu § 3 Nr 26a und 26b EStG).
a) Allgemeines
Rn. 1064
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Art 1 Nr 4b JStG 2010 (vom 08.12.2010, BGBl I 2010, 1768) fügt ab VZ 2011 (Art 1 Nr 38a JStG) einen neuen § 3 Nr 26b EStG in den Katalog der Steuerbefreiungen ein. Nicht im ursprünglichen Entwurf der Bundesregierung enthalten (BT-Drucks 17/2249) kam die Vorschrift auf Empfehlung des Finanzausschusses (BT-Drucks 17/3440, 10) in das Gesetz.
Rn. 1064a
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Hintergrund der Regelung ist, dass diese Aufwandsentschädigungen nach § 22 Nr 3 EStG sonst (abgesehen von § 3 Nr 26a EStG) stpfl wären (§ 3 Nr 26 EStG greift nicht ein, BayLfSt vom 08.07.2011, DB 2011, 1832). Die Regelung ist somit konstitutiv.
Rn. 1064b
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
Zur Steuerfreiheit der Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB vor Inkrafttreten des § 3 Nr 26b EStG (=dh vor VZ 2011) aufgrund von § 3 Nr 12 S 1 EStG s BFH BStBl II 2013,799. Seitdem ist ausschließlich § 3 Nr 26b EStG maßgeblich (H 3.26b EStH 2021 iVm BMF vom 21.11.2014, BStBl I 2014, 1581 Tz 5).
b) Verfassungsrecht
Rn. 1065
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Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Vorschrift bestehen nicht.
c) Rechtsentwicklung
Rn. 1065a
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§ 3 Nr 26b EStG knüpft an den Freibetrag in § 3 Nr 26 S 1 EStG an. Wird dieser geändert, ändert sich auch der in § 3 Nr 26b EStG. Daraus folgt eine Erhöhung des Freibetrages auch für § 3 Nr 26b EStG ab 01.01.2013 (s Rn 1064b).
Rn. 1065b
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Art 15 Nr 27 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts (vom 04.05.2021, BGBl I 2021, 882) ersetzte mit Wirkung ab VZ 2021 (Art 16 Abs 1 des Gesetzes) die Worte "Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB" durch "Aufwandspauschalen nach § 1878 BGB".
d) Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB aF (Rechtslage bis einschließlich VZ 2022)
Rn. 1066
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Vormunden entstehen aus ihrer Tätigkeit Aufwendungen. Nach § 1835 BGB aF konnte der Vormund solche Aufwendungen zum Zweck der Führung der Vormundschaft ersetzt verlangen. § 1835a BGB aF sah eine pauschale Aufwandsentschädigung dafür vor, die der Vormund wahlweise verlangen konnte (Palandt-Götz, § 1835a BGB 80. Aufl 2021 Rz 2).
Aufgrund der Verweise fielen unter Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB aF (H 3.26b EStH 2021 iVm BMF vom 21.11.2014, BStBl I 2014, 1581 Tz 5; OFD Ffm vom 30.08.2011, DB 2011, 2808; Ross in Frotscher/Geurts, § 3 Nr 26b EStG Rz 2) solche für:
- (ehrenamtliche) Vormunde (direkte Anwendung des § 1835a BGB aF)
- (ehrenamtliche) rechtliche Betreuer (§ 1908i Abs 1 S 1 BGB aF iVm § 1835a BGB aF)
- (ehrenamtliche) Pfleger (§ 1915 Abs 1 S 1 BGB aF iVm § 1835a BGB aF).
Hinweis: Der Aufwendungsersatz nach § 1835a BGB aF für die ehrenamtliche Tätigkeit als Betreuer im Bereich der Behindertenhilfe fällt nicht unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr 12 EStG, sondern unterliegt der Beschränkung des § 3 Nr 26b EStG (FG BdW, EFG 2019, 1262, Rev BFH erledigt durch Zurücknahme der Revision, s BFH vom 08.08.2023, VIII R 20/19). Mit der Einführung von § 3 Nr 26b EStG sollte eine für alle ehrenamtlichen Betreuer in Rechtsangelegenheiten einheitliche Steuerbefreiungsvorschrift geschaffen werden.
Zur sprachlichen Vereinfachung werden nachfolgend diese Personen als "Vormund" bezeichnet.
Für jede Vormundschaft, für die ihm keine Vergütung zusteht, kann der Vormund einen Geldbetrag verlangen, der für ein Jahr dem 19-fachen Höchstbetrag der Entschädigung für einen Zeugen für eine Stunde versäumter Arbeitszeit nach § 22 Justizvergütungs- und –entschädigungsG (JVEG vom 05.05.2004, BGBl I 2004, 718, 776) gewährt werden kann (§ 1835a Abs 1 S 1 BGB aF).
Rn. 1066a
Stand: EL 170 – ET: 01/2024
§ 22 JVEG gewährte folgende Beträge:
Zeitraum |
Betrag per Stunde in EUR |
19-facher Betrag daher in EUR |
Bis einschließlich 31.07.2013 |
17 |
323 |
Ab 01.08.2013 – einschließlich 31.12.2022 |
211 |
339 |
1 Art 7 Nr 18 2. Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts vom 29.07.2013, BGBl I 2013, 2586
Dauerte die Vormundschaft weniger als ein Jahr, war der Betrag zeitanteilig anzusetzen (Palandt-Götz, § 1835a BGB Rz 3 (80. Aufl 2021)).
e) Aufwandspauschalen nach § 1878 BGB (ab VZ 2023)
Rn. 1066b
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Art 15 Nr 27 des Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts (vom 04.05.2021, BGBl I 2021, 882) ersetzte mit Wirkung ab VZ 2023 (Art 16 Abs 1 des Gesetzes) die Worte "Aufwandsentschädigungen nach § 1835a BGB" durch "Aufwandspauschalen nach § 1878 BGB". Es handelt sich um eine Anpassung an die neue Rechtslage der Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts insbesondere in §§ 1773ff BGB.
Rn. 1066c
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Der Gesetzgeber führt dazu aus (BT-Drucks 19/24445, 313), dass § 1878 Abs 1 BGB nF dem § 1835a BGB Abs 1 aF entspreche, lediglich der Begriff "Aufwandsentschädigung" werde durch den Begriff "Aufwandspaus...