Dr. Peter Handzik, Edgar Stickan
gba) Hilfsbedürftigkeit
Rn. 380
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
"Hilfsbedürftig" sind die in § 53 AO genannten Personen unter den dortigen Tatbestandsvoraussetzungen, dh (BFH vom 19.04.2021, VI R 8/19, BStBl II 2021, 909),
- die Person muss infolge ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands auf die Hilfe anderer angewiesen sein oder
- ihre Bezüge dürfen nicht höher sein als das 4-fache des Regelsatzes der Sozialhilfe nach § 28 SGB XII (beim Alleinstehenden oder Alleinerziehenden tritt an die Stelle des 4-fachen der 5-fache Regelsatz.
Die Bezüge müssen deswegen (= Kausalität, glA Levedag in Schmidt, § 3 EStG Rz 42 (41. Aufl 2022)) gezahlt werden, dh, sie dürfen nicht Entgeltcharakter haben (BFH BStBl II 1997, 652, s Rn 380b). Ob diese Kausalität gegeben ist, darf die FinVerw im Einzelfall prüfen.
Rn. 380a
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
Umstritten ist, ob nicht bloß natürliche Personen, sondern auch Personenvereinigungen (insbesondere Körperschaften) "hilfsbedürftig" sein können (verneinend BFH BStBl III 1966, 324; offen gelassen BFH BStBl II 1972, 839; 1975, 577; 1986, 806; bejahend FG BdW EFG 1970, 395 rkr). Nach dem Sinn und Zweck der Regelung sollte die Hilfsbedürftigkeit auf natürliche Personen beschränkt sein (glA Ross in Frotscher/Geurts, § 3 Nr 11 EStG Rz 13; Levedag in Schmidt, § 3 EStG Rz 42 (41. Aufl 2022); aA R 8.1 Abs 1 Nr 1 KStR 2022, die § 3 Nr 11 S 1 und 3 EStG für anwendbar erklären).
gbb) Bezüge als Beihilfe
Rn. 380b
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
Entscheidendes Merkmal für den Begriff der (öffentlichen-rechtlichen) "Beihilfe" ist, dass die Leistung unentgeltlich und einseitig erfolgt, dh nicht iR eines Austauschverhältnisses (BFH BStBl II 2017, 432; BFH XI R 9/98, BFH/NV 1999, 600; BFH vom 14.07.2020, VIII R 27/18, BStBl II 2021, 672; BFH vom 30.11.2022, VIII R 13/19, BFH/NV 2023, 441; FG Niedersachsen vom 14.04.2020, 9 K 21/19, DStRE 2020, 1153 rkr; H 3.11 EStH 2021 "Beihilfen") Es muss sich also um uneigennützig gewährte Unterstützungsleistungen handeln (BFH BStBl II 1999, 133; 2017, 432; FG Niedersachsen vom 14.04.2020, 9 K 21/19, DStRE 2020, 1153 rkr).
Rn. 380c
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
Das Wort "Beihilfe" setzt voraus, dass lediglich Aufwendungen des Beihilfeempfängers abgedeckt werden; dh, werden Entgelte aus öffentlichen Mitteln geleistet, die über die Aufwendungen des Empfängers hinausgehen, liegen keine "Beihilfen" vor.
gbc) Den Bezügen aus öffentlichen Mitteln gleichstellte Leistungen (§ 3 Nr 11 S 4 EStG)
Rn. 380d
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
§ 3 Nr 13 S 4 EStG stellt den Bezügen aus öffentlichen Mitteln wegen Hilfsbedürftigkeit gleich:
- Fall 1: Beitragsermäßigungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen
- Fall 2: Prämienrückzahlungen eines Trägers der gesetzlichen Krankenversicherung für nicht in Anspruch genommene Beihilfeleistungen.
gbd) Der Empfänger der Beihilfe
Rn. 380e
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
Für die Frage, ob die gewährte Beihilfe steuerfrei ist, kommt es auch auf den Empfänger der Beihilfe an:
Tatbestand |
Rechtsfolge |
Empfänger der Beihilfe ist derjenige, dem sie in Hinblick auf die Leistung gewährt wurde. |
Beihilfe unter den weiteren Voraussetzungen des § 3 Nr 11 EStG steuerfrei. |
Empfänger der Beihilfe ist ein Dritter. |
Beihilfe ist nicht steuerfrei (H 3.11 LStH 2023), auch s Rn 382. |
Rn. 380f
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
Diese Rechtsfolge entspricht der st Rspr des BFH (zB BFH BStBl II 1997, 652; ebenso FG RP 4 K 2835/01, DStRE 2003, 769 rkr) und Ansicht der FinVerw (H 3.11 LStH 2023; OFD Koblenz vom 15.09.2003, DB 2003, 2254).
Rn. 381
Stand: EL 169 – ET: 12/2023
Steuerfrei sind danach beispielsweise (in ABC-Form):