a) Das Kindergeld als Steuervergütung
Rn. 49
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Dem Gesetzgeber steht es frei, die kindesbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit
- entweder im Steuerrecht zu berücksichtigen
- oder ihr stattdessen im Sozialrecht durch die Gewährung eines ausreichenden Kindergeldes Rechnung zu tragen
- oder Entlastungen im Steuerrecht mit solchen durch das Kindergeld zu kombinieren
(vgl BVerfG v 10.11.1998, 2 BvL 42/93, BStBl II 1999, 174/181; BVerfG v 29.05.1990, 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BStBl II 1990, 653).
Rn. 50
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Von diesem Gestaltungsermessen hat der Gesetzgeber im JStG 1996 durch eine Kombination von Kinderfreibetrag und Kindergeld Gebrauch gemacht.
Rn. 51
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Dem Kindergeld nach dem X. Abschn kommt eine Doppelfunktion zu. Soweit das Kindergeld der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums des Kindes einschließlich des Betreuungsbedarfs dient, erfüllt es die Funktion, während des VZ – soweit als möglich – die zutreffende Einkommensbesteuerung der Eltern wiederherzustellen.
Rn. 52
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Die Einkommensbesteuerung der Eltern erweist sich während des VZ deshalb als unzutreffend, weil beim LSt-Abzug oder bei der ESt-Vorauszahlung kein Kinderfreibetrag berücksichtigt wird und deshalb eine überhöhte Besteuerung stattfindet. Diese überhöhte Besteuerung wird durch das in die Steuererhebung eingebundene Kindergeld bei der Mehrzahl der StPfl – aber nicht bei allen – ausgeglichen. Das wird dadurch bewirkt, dass der Teil der ESt, den die Eltern wegen des nicht zu berücksichtigenden Kinderfreibetrags zu viel zahlen, durch das Kindergeld zumindest teilweise zurückerstattet wird (Droege in K/S/M, § 31 EStG Rz A 49 (04/2021); Sarrazin in FS Haas (1996), 305/09); BVerfG v 08.06.2004, 2 BvL 5/00, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33: als "vorläufiger Abschlag" wirkende Steuervergütung.
Rn. 53
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Soweit ein darüber hinausgehender Anteil des Kindergelds verbleibt, dient dieser der steuerlichen Familienförderung (§ 31 S 2 EStG). Der Steuervergütungsanteil des Kindergelds nimmt mit der Höhe des Einkommens des StPfl zu, der der Familienförderung dienende Anteil dementsprechend ab.
Bei StPfl mit hohem Einkommen, bei denen die steuerliche Auswirkung der Kinderfreibeträge höher ist als das gezahlte Kindergeld, stellt dieses in vollem Umfang eine Steuervergütung ohne einen Förderanteil dar.
b) Das Kindergeld als Steuervergütung und als sozialrechtliche Transferleistung
Rn. 54
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Durch die Regelung des Kindergelds im X. Abschn des EStG hat das Kindergeld zunächst die Funktion einer Vorauszahlung auf die Kinderentlastung im laufenden Kj, Heuermann, FR 2000, 248; Droege in K/S/M, § 31 EStG Rz A 8 (04/2021).
Kommt es nicht zum Abzug der Freibeträge für Kinder, kompensiert das Kindergeld endgültig die geminderte steuerliche Leistungsfähigkeit.
Geht das Kindergeld über die verfassungsrechtlich gebotene Entlastung hinaus, dient es – insoweit – der Förderung der Familie und stellt bezogen auf den Förderanteil materiell-rechtlich eine Sozialleistung dar, die in der Gestalt einer Steuervergütung gewährt wird, BVerfG v 08.06.2004, 2 BvL 5/00, BFH/NV 2005, Beilage 1, 33; BVerfG v 11.01.2005, 2 BvR 167/02, BFH/NV 2005, Beilage 3, 260; Nichtannahmebeschluss der 3. Kammer des II. Senats des BVerfG v 06.05.2004, 2 BvR 1375/03, HFR 2004, 692; BFH v 26.02.2002, VIII R 92/98, BStBl II 2002, 596; BFH v 15,07.2010, III R 32/08, BFH/NV 2010, 2237.
Rn. 55–70
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
vorläufig frei