Rn. 311
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
In § 32 Abs 4 EStG sind die Voraussetzungen geregelt, bei deren Vorliegen Kinder berücksichtigt werden, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Dies betrifft sowohl den Kinderfreibetrag für das sächliche Kinderexistenzminimum als auch den Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf des Kindes, § 32 Abs 6 S 1 EStG. Auch insoweit gilt das Monatsprinzip, s Rn 303. Die Volljährigkeit des Kindes ist Tatbestandsmerkmal des § 32 Abs 4 EStG, BFH v 01.03.2000, VI R 162/98, BStBl II 2000, 459.
Rn. 312
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§ 32 Abs 4 S 1 Nr 1 und 2 EStG bestimmen die Fallgruppen und benennen die Voraussetzungen, unter denen Kinder nach Vollendung des 18. Lebensjahres grundsätzlich zu berücksichtigen sind. Einschränkend dazu bestimmt § 32 Abs 4 S 2 EStG mit Wirkung ab dem VZ 2012, dass Kinder in den Fällen des § 32 Abs 4 S 1 Nr 2 EStG nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und eines Erststudiums nur dann zu berücksichtigen sind, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Keine Voraussetzung für die Berücksichtigung des Kindes ist nunmehr, dass die Einkünfte und Bezüge des Kindes den Grenzbetrag von zuletzt 8 004 EUR (§ 32 Abs 4 S 2–7 EStG aF) nicht überschreiten.
Nach der früheren Rspr waren Kinder ferner nur dann zu berücksichtigen, wenn zusätzlich auch das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der typischen Unterhaltssituation erfüllt war, BFH BStBl II 2002, 481; diese Rspr hat der BFH mit dem Grundsatzurteil BFH v 17.06.2010, III R 34/09, BStBl II 2010, 982 aufgegeben.
Rn. 313
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
Der Familienleistungsausgleich dient zwar dazu, eine aufgrund von Unterhaltspflichten gegenüber dem Kind geminderte steuerliche Leistungsfähigkeit sachgerecht zu berücksichtigen, vgl BVerfG v 29.05.1990, 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BStBl II 1990, 653. Nach der ab dem VZ 2012 geltenden Rechtslage ist jedoch die Einkünfte- und Bezügegrenze in § 32 Abs 4 EStG weggefallen, sodass es nicht mehr darauf ankommt, ob und in welcher Höhe das Kind von seinen Eltern bzw von seinem Ehegatten Unterhalt erhält.
Damit steht auch den Eltern, deren Kind von dessen Ehegatten in vollem Umfang unterhalten wird, der Kinderfreibetrag zu, sofern die übrigen Voraussetzungen gegeben sind, BFH v 17.10.2013, III R 22/13, BStBl II 2014, 257; Selder in Brandis/Heuermann, § 32 EStG Rz 29 (03/2021).
Entsprechendes gilt auch dann, wenn der Tochter aus Anlass der Geburt eines Kindes gegen den Kindsvater ein Unterhaltsanspruch nach § 1615l BGB zusteht. Zwar geht diese Unterhaltsverpflichtung des Kindsvaters gegenüber der Mutter seines Kindes der Verpflichtung der Eltern der Kindsmutter vor (§ 1615l Abs 3 S 2 BGB), gleichwohl steht den Eltern im Grundsatz der Kinderfreibetrag zu, wenn die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Tochter im Übrigen erfüllt sind, unabhängig davon, ob und in welcher Höhe der Kindesvater für die Tochter Unterhalt leistet, BFH v 03.07.2014, III R 37/13, BStBl II 2015, 151.
Rn. 314–320
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vorläufig frei