A. Überblick über die Vorschrift
Rn. 1
Stand: EL 176 – ET: 10/2024
§ 32 Abs 1 EStG enthält die Definition des einkommensteuerlichen Kind- und Pflegekindbegriffs.
§ 32 Abs 2 EStG beinhaltet die Regelung über das Konkurrenzverhältnis bei Adoptiv- und Pflegekindern.
§ 32 Abs 3 EStG bezeichnet die Berücksichtigungsvoraussetzungen für Kinder bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres.
§ 32 Abs 4 EStG benennt die Berücksichtigungsvoraussetzungen für Kinder nach Vollendung des 18. Lebensjahres.
§ 32 Abs 5 EStG beinhaltet Verlängerungstatbestände, bei deren Vorliegen die Kinder über das 21. bzw 25. Lebensjahr hinaus zu berücksichtigen sind.
§ 32 Abs 6 EStG regelt die Höhe und die Zuordnung der des Kinderfreibetrags sowie des Freibetrags für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf sowie die Voraussetzungen für eine Übertragung der Freibeträge.
Rn. 2
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Neben § 31 EStG beinhaltet § 32 EStG die Grundvorschrift der Familienbesteuerung und des Familienleistungsausgleichs.
Die Stellung des § 32 EStG im Abschnitt IV "Tarif" erklärt sich daraus, dass bis einschließlich 1957 für zu berücksichtigende Kinder eine Ermäßigung iRd Einkommenstarifs gewährt wurde (vgl Droege in K/S/M, § 32 EStG Rz A 5 (04/2021); Wendl in H/H/R, § 32 EStG Rz 6 (05/2023)).
Zu den Tarifregelungen im weiteren Sinn rechnen auch die Vorschriften über die Bemessungsgrundlage. Zu diesen Vorschriften gehört jedoch § 32 EStG ebenso wie diejenigen, die die sonstigen v Einkommen abzuziehenden Beträge regeln (§ 2 Abs 5 EStG) oder die, die die Anwendung eines anderen Steuersatzes zur Folge haben (§§ 32b, 34, 34b EStG; vgl Droege in K/S/M, § 32 EStG Rz A 5 (04/2021), aA Wendl in H/H/R, § 32 EStG Rz 6 (05/2023)).
B. Entstehungsgeschichte
Rn. 3
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Nach der systematischen Grundstruktur der Vorschrift ist auch bei der Entstehungsgeschichte zwischen den Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Kindern (§ 32 Abs 1–5 EStG) und den in den § 32 Abs 6 EStG enthaltenen Regelungen über den Kinder-, den Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf und den Haushaltsfreibetrag zu unterscheiden.
1. Zu den Voraussetzungen für die Berücksichtigung von Kindern
Rn. 4
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Auch nach dem Wegfall der Kinderfreibeträge ab dem VZ 1975 enthielt § 32 EStG die einkommensteuerliche Definition des Kindbegriffs und die Voraussetzungen über die Berücksichtigung von Kindern. Beide Regelungen waren für andere einkommensteuerliche Vorschriften, zB § 10 Abs 1 Nr 9, § 33 Abs 3, 34f EStG; vgl Droege in K/S/M, § 32 EStG Rz A 8 (04/2021), weiterhin von Bedeutung.
Der Kindbegriff sowie der Kreis der zu berücksichtigenden Kinder erfuhr in der Vergangenheit vielfache Änderungen (zur Rechtsentwicklung bis 1992 im Einzelnen vgl Droege in K/S/M, § 32 EStG Rz A 19-A 22 (04/2021); Wendl in H/H/R, § 32 EStG Rz 2 (05/2023).
Rn. 5–7
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vorläufig frei
2. Umgestaltung zum Familienleistungsausgleich
Rn. 8
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Das JStG 1996 v 11.10.1995 (BStBl I 1995, 438) und das JStErgG 1996 v 18.12.1995 (BStBl I 1995, 786) haben den Familienlastenausgleich mit Wirkung ab dem VZ 1996 zu einem Familienleistungsausgleich umgestaltet. § 32 EStG erfuhr eine grundlegende Neugestaltung.
Rn. 9
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Es entfällt die Doppelberücksichtigung von Pflegekindern sowie von angenommenen Kindern in den Fällen der Erwachsenenadoption; für angenommene Kinder, die noch in einem Kindschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern stehen, gilt eine Vorrangregelung (jetzt § 32 Abs 2 S 2 EStG). Für die Berücksichtigung von Kindern gilt nunmehr das kindergeldrechtliche Monatsprinzip (§ 32 Abs 3 EStG).
Rn. 10
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Die Berücksichtigungstatbestände sind neu gefasst. Berücksichtigungsfähig sind nunmehr auch arbeitslose Kinder, die das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 32 Abs 4 S 1 Nr 1 EStG). Kinder im Alter zwischen 18 und 27 Jahren sind auch dann berücksichtigungsfähig, wenn sie sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von nicht mehr als 4 Monaten befinden (§ 32 Abs 4 S 1 Nr 2 Buchst b EStG). Behinderte Kinder werden wie bisher auch nach Vollendung des 27. Lebensjahres berücksichtigt.
Rn. 11
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Für die Einkünfte und Bezüge eines über 18 Jahre alten Kindes gilt ein Grenzbetrag (VZ 1996: 12 000 DM), bei dessen Überschreiten der Kinderfreibetrag und andere kindbezogene Leistungen wegfallen (§ 32 Abs 4 Sätze 2–5 EStG). Es erfolgt – nach dem Zuflussprinzip (§ 32 Abs 4 S 2 EStG) – eine Anrechnung nur solcher Einkünfte und Bezüge, die auf den Berücksichtigungszeitraum entfallen (§ 32 Abs 4 S 5 EStG). Die Möglichkeit, den Kinderfreibetrag bei nicht der Zusammenveranlagung unterliegenden Eltern einvernehmlich auf einen Elternteil zu übertragen (§ 32 Abs 6 S 5 und 6 EStG), wird abgeschafft, vgl dazu BFH v 26.02.2002, VIII R 90/98, BFH/NV 2002, 1137.
Rn. 12
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Kinder, die Wehr- oder Zivildienst leisten oder als Entwicklungshelfer tätig sind, werden nicht mehr berücksichtigt. Stattdessen sieht § 32 Abs 5 EStG vor, dass diese Kinder, entsprechend der Dauer des geleisteten Dienste...