Rn. 16–20
Stand: EL 150 – ET: 04/2021
Für die Frage, ob der Progressionsvorbehalt nach § 32b EStG für den jeweiligen StPfl im ESt-Recht gilt, ist zu unterscheiden:
a) Unbeschränkt Steuerpflichtige
aa) Während des ganzen VZ unbeschränkt stpfl Personen (§ 32b Abs 1 S 1 Hs 1 EStG Fall 1)
Rn. 21
Stand: EL 150 – ET: 04/2021
Für diese Personengruppe, die im ganzen VZ (§ 25 Abs 1 EStG) unbeschränkter stpfl sind, gilt der Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs 1 Hs 1 EStG). Zur Frage, welche Personen zu diesem Kreis gehören (§ 1 Abs 1–3 EStG, s Rn 23).
ab) Nur während eines Teils des VZ unbeschränkt StPfl (§ 32b Abs 1 S 1 Hs 1 EStG Fall 2)
Rn. 22
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Auch diese Personengruppe unterliegt dem Progressionsvorbehalt. Beachte dazu § 2 Abs 7 S 3 EStG, wonach bei teils unbeschränkt (wer dies ist s § 1 Abs 1–3 EStG und s Rn 23), teils beschränkt StPfl (s Rz 24) nur noch eine Veranlagung, und zwar zur unbeschränkten StPfl, durchzuführen ist (s Dissars in Frotscher/Geurts, § 32b EStG Rz 8). Sinn und Zweck der Einbeziehung nur zum Teil unbeschränkt StPfl ist es, bei ihnen unangemessene Vorteile im Vergleich zu anderen unbeschränkt StPfl zu vermeiden: Ihnen werden volle Jahresbeträge, zB beim ArbN-Pauschbetrag (§ 9a Abs 1 S 1 Nr 1 EStG) zugestanden, andererseits aber nicht alle weltweiten Einkünfte in die Bemessungsgrundlage einbezogen. Als Ausgleich dafür dient der Progressionsvorbehalt. Dazu s § 2 Rn 364–366 (Handzik).
ac) Die einzelnen Fallgruppen der unbeschränkten StPfl
Rn. 23
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(1) |
Unbeschränkte StPfl nach § 1 Abs 1 EStG aufgrund Wohnsitzes (§ 8 AO) oder gewöhnlichen Aufenthalts (§ 9 AO) im Inland. Dazu s § 1 Rn 51–105 (Teller). |
(2) |
Unbeschränkte StPfl nach § 1 Abs 2 EStG für deutsche Auslandsdiplomaten usw: § 32b Abs 1 Nr 3 EStG Fall 1 erfasst diese Personen jedoch nicht, da Deutschland nicht ihr Wohnsitzstaat ist, s Rn 19. Zu 1 Abs 2 EStG s § 1 Rn 106–177 (Teller). |
(3) |
Unbeschränkte StPfl aufgrund § 1 Abs 3 EStG (Nachfolgeregelung des § 50 Abs 4 EStG aF betreffend die früheren "Grenzpendler"). Auf Antrag können nach ihr natürliche Personen als unbeschränkt stpfl behandelt werden, obwohl sie weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben. Voraussetzung ist dafür, dass sie inländische Einkünfte iSd § 49 EStG haben und ihre Welteinkünfte im Kj zu mindestens 90 % der deutschen ESt unterliegen (sog relative Grenze) oder die nicht der deutschen ESt unterliegenden Einkünfte den Grundfreibetrag (§ 32a Abs 1 S 2 Nr 1 EStG, s Rn 4) nicht übersteigen (Fassung des § 1 Abs 3 EStG idF JStG 2008 v 20.12.2007, BGBl I 2007, 3150). Weitere Einzelheiten s § 1a Abs 3 S 3–6 EStG. Zu beachten ist, dass dieser Personenkreis abkommensrechtlich nicht in Deutschland "ansässig" ist. Zur Frage, ob der hier durch § 32b Abs 1 Nr 5 EStG dennoch angeordnete Progressionsvorbehalt nicht abkommenswidrig ist, s Rn 42 und s Rn 102a. Für die Praxis bedeutet dies: Würde der StPfl sich durch § 1 Abs 3 EStG gegenüber der beschränkten StPfl verschlechtern, so wird er den Antrag auf Anwendung des § 1 Abs 3 EStG nicht stellen. Zu § 1 Abs 3 EStG s § 1 Rn 118–146 (Teller) |
(4) |
(Fiktive) unbeschränkte StPfl nach § 1a EStG von Staatsangehörigen von EU-/EWR-Staaten (also zB auch Deutsche!). So können zB die im Ausland ansässige Ehefrau und ihr Ehemann, der in Deutschland unbeschränkt stpfl ist, zur Splittingtabelle veranlagt werden (§ 1a Abs 1 Nr 2 EStG). Zu weiteren Einzelheiten s § 1a Abs 1 Nr 1–2, Abs 2 EStG. |
b) Beschränkt Steuerpflichtige (§ 32b Abs 1 S 1 Hs 1 EStG Fall 3)
Rn. 24
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Für die Frage, ob auf diesen Personenkreis, der weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, aber inländische Einkünfte iSd § 49 EStG hat (§ 1 Abs 4 EStG, s § 1 Rn 147–152 (Teller)), der Progressionsvorbehalt anzuwenden ist, ist zu unterscheiden:
ba) § 50 Abs 2 S 2 Nr 4 EStG ist anwendbar
Rn. 25
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§ 32b Abs 1 S 1 Hs 1 EStG Fall 3 schreibt die Anwendung des Progressionsvorbehalts auch auf solche beschränkt StPfl vor, auf die § 50 Abs 2 S 2 Nr 4 EStG Anwendung findet. Zu § 50 Abs 2 S 2 Nr 4 EStG s § 50 Rn 39–41 (Loose).
Rn. 26
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Die Verweisung bedeutet: Der Progressionsvorbehalt gilt auch für beschränkt stpfl ArbN aufgrund § 50 Abs 2 S 2 Nr 4 EStG (ab VZ 2009), wenn (alternativ)
- Fall 1: als LSt-Abzugsmerkmal ein Freibetrag nach § 39a Abs 4 EStG gebildet worden ist und (ab 01.01.2020, davor: oder) der im Kj insgesamt erzielte Arbeitslohn EUR 11 900 übersteigt,
- Fall 2: die Veranlagung zur ESt beantragt wird (§ 46 Abs 2 Nr 8 EStG) oder
- Fall 3 (ab 01.01.2020) iF des § 46 Abs 2 Nr 2,5 u 5a EStG.
bb) Sonstige beschränkt StPfl
Rn. 27
Stand: EL 150 – ET: 04/2021
Auf beschränkt StPfl, auf die § 50 Abs 2 S 2 Nr 4 EStG nicht anwendbar ist, findet der Progressionsvorbehalt keine Anwendung (Umkehrschluss aus § 32b Abs 1 S 1 Hs 1 EStG Fall 3).