1. Grundsatz
Rn. 133
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Rechtliche Gründe können auf Gesetz (zB gesetzliche Unterhalts- oder Schadensersatzansprüche), auf VA (zB Anordnung einer Altlastenbeseitigung) oder auf Vertrag beruhen (vgl Arndt in K/S/M, § 33 EStG Rz C 3; Loschelder in Schmidt, § 33 EStG Rz 34, 40. Aufl; Mellinghoff in Kirchhof/Seer, § 33 EStG Rz 34, 20. Aufl). Solche rechtlichen Gründe vermögen aber allein die Zwangsläufigkeit nicht zu begründen.
Es muss entscheidend auf das vorrangige Verhalten des StPfl abgestellt werden, das zur Begründung der rechtlichen Verpflichtung geführt hat. Das die vertragliche oder gesetzliche Verpflichtung auslösende Verhalten des StPfl muss selbst unfreiwillig erfolgt sein (zB BFH BStBl. II 2017, 276). Verpflichtungen, die aufgrund rechtsgeschäftlicher Vereinbarungen entstanden sind, können daher allein eine Zwangsläufigkeit iSv § 33 Abs 2 EStG regelmäßig nicht begründen (BFH BFH/NV 2005, 1287; BStBl II 2017, 276; vgl auch BFH BFH/NV 2007, 1304). Zwangsläufigkeit kann in derartigen Fällen vielmehr nur bejaht werden, wenn zusätzlich zu der selbst begründeten Rechtspflicht eine weitere rechtliche oder sittliche Verpflichtung bzw eine tatsächliche Zwangslage zur Leistung der Aufwendungen tritt (BFH BStBl II 1995, 774; BFH/NV 2005, 1287).
Entsprechendes gilt, wenn die Übernahme der Rechtspflicht ihrerseits auf rechtlichen oder sittlichen Verpflichtungen bzw einer tatsächlichen Zwangslage beruht (BFH BStBl II 1986, 745; 1995, 774; BFH/NV 2005, 1287). Kann der StPfl den rechtlichen Gründen selbst ausweichen, so sind sie ebenfalls nicht zwangsläufig. Solche Fälle sind insbesondere anzunehmen, wenn es um Aufwendungen des StPfl für Nachlassverbindlichkeiten geht. Hier hat der Erbe (StPfl) die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen (BFH BStBl II 1987, 715; FG Mchn v 14.11.2006, 6 K 1878/05; Mellinghoff in Kirchhof/Seer, § 33 EStG Rz 34, 20. Aufl).
Auch der Abschluss eines Vertrages (der eine Vorauszahlung und die Zahlung einer Provision beinhaltet) über den Bau eines Hauses führt nicht zur Entstehung von ag Belastungen, wenn die Zahlungen wegen eines Betruges vergeblich waren. Denn der Abschluss des Vertrages wurde freiwillig eingegangen und war somit nicht zwangsläufig (BFH BStBl II 1995, 774). Gleiches gilt, wenn ein Grundstückskaufvertrag freiwillig abgeschlossen wird und es zur Aufhebung des Kaufvertrages kommt (BFH BFH/NV 2005, 1287; 2007, 1304). Ebenso gehören dazu auch Rechtsverfolgungskosten im Zusammenhang mit mangelhafter Errichtung eines Wohnhauses (FG RP v 07.05.2020, 3 K 2036/19).
2. Auslandssachverhalt
Rn. 134
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Insbesondere bei Unterhaltsleistungen von Gastarbeitern an ihre ausländischen Angehörigen stellt sich die Frage, nach welchem Recht das Vorliegen einer Verpflichtung zu prüfen ist. Nach der gesetzlichen Regelung in § 33a Abs 1 S 5 EStG sind inländische Maßstäbe anzuwenden. Für die Zeit vor In-Kraft-Treten des § 33a Abs 1 S 5 EStG gilt im Ergebnis dasselbe (BFH BStBl II 1984, 527). Der BFH (aaO) nimmt zwar an, dass sich die Verpflichtung nach dem Recht bzw den Wertvorstellungen (bei der Zwangsläufigkeit aus sittlichen Gründen) des Heimatlandes beurteilt; jedoch könnten Ausländer keine größeren Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen als inländische Steuerzahler. Die Entscheidung ist ausdrücklich auf den Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gestützt worden. Sie ist zu § 33a Abs 1 EStG ergangen, und obwohl dies in der Begründung (typisierende Betrachtung) eine Rolle gespielt hat, dürfte ihr allgemein Bedeutung, also auch für die Fälle des § 33 EStG, zukommen (vgl auch die Erläuterung des Urteils durch Anmerkung in HFR 1983, 281 und Kanzler in H/H/R, § 33 EStG Rz 178, Dezember 2020, der eine differenzierte Betrachtung vorschlägt).
Nach Schaffung der Regelung in § 33a Abs 1 S 5 EStG ist aber davon auszugehen, dass allein der inländische Maßstab auch iRd § 33 EStG zu beachten ist (vgl BFH BFH/NV 1991, 669). Die Beschränkung des Abzugs auf Unterhaltsleistungen an nach inländischem Recht unterhaltsberechtigte Personen verstößt weder gegen Art 3 Abs 1 GG noch gegen Europarecht (BFH BStBl II 2002, 760; BFH/NV 2005, 1067).
3. Verursachung durch den StPfl
Rn. 135
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Zweifelhaft ist die Zwangsläufigkeit einer rechtlichen Verpflichtung, wenn der StPfl diese durch sein Verhalten ausgelöst hat, ohne dazu durch außerhalb seiner freien Willensbestimmung liegende Umstände veranlasst oder gezwungen zu sein (s Rn 130). Hier wird man Zwangsläufigkeit jedenfalls dann nicht mehr annehmen können, wenn das Verhalten des StPfl die Verpflichtung zur Tätigung von Aufwendungen gewissermaßen als unmittelbare Gegenleistung auslöst, sodass das eine ohne das andere nicht beurteilt werden kann. Man wird in diesen Fällen schon die Außergewöhnlichkeit der Aufwendungen zu verneinen haben, da es nichts Außergewöhnliches ist, dass jemand wegen eines solchen Verhaltens die damit üblicherweise verbundenen Aufwendungen machen muss (so zB beim Abschluss von Verträgen und den damit uU verbundenen nachteiligen Folgerungen ...