I. Grundsatz
A. Schuldaufnahme durch den StPfl
Rn. 1
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Aufwendungen für Darlehen können grds ag Belastungen sein, soweit die Schuldaufnahme durch Ausgaben veranlasst ist, die eine ag Belastung nach § 33 Abs 1 EStG darstellen. Für die Tilgung der Schulden gilt: Seit der Änderung der Rspr des BFH (BFH BStBl II 1988, 814; s auch BFH BFH/NV 1998, 850; 2008, 1136) sind die Aufwendungen nicht erst im Zeitpunkt der Tilgung des Darlehens zu berücksichtigen. Die dem Darlehen zugrundeliegenden Aufwendungen sind im VZ der Verausgabung in Abzug zu bringen (dem folgte auch die FinVerw s BMF, BB 1989, 1962; s Kanzler in H/H/R, § 33 EStG Rz 132). Aufwendungen für Schuldzinsen sind dem Grunde nach auch ag Belastungen; sie können im VZ ihrer Verausgabung abgezogen werden.
Rn. 2
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Entscheidend ist nicht die Zwangsläufigkeit der Schuldaufnahme, sondern die des die Schuldaufnahme verursachenden Ereignisses; allg zur Veranlassung iRd § 33 EStG s Jakob/Jüptner, StuW 1983, 206, 211. Dieser Rückgriff auf ein vorderes Glied der Ursachenkette ist erforderlich, weil sonst Aufwendungen, die weder außergewöhnlich noch zwangsläufig sind, auf dem Umweg über eine Darlehensaufnahme unter § 33 EStG fallen würden. Es ist derselbe Gedanke, der bei der Prüfung der Zwangsläufigkeit aus rechtlichen Gründen auch sonst gelegentlich eine Rolle spielt, zB bei Aufwendungen aufgrund vertraglicher Verpflichtungen u bei Schadensersatzzahlungen, dagegen nicht bei Ehescheidungskosten.
B. Übernahme der Schulden Dritter durch den StPfl
Rn. 3
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Übernimmt der StPfl von einem Dritten die Schulden, so kann diese Schuldübernahme zu ag Belastungen führen. Nach bisheriger Auffassung des BFH (BFH BStBl II 1972, 946; 1972, 757) kommt ein Abzug als ag Belastungen in diesen Fällen nur in Betracht, wenn es sich nicht um die Tilgung von zB Geschäftsschulden des Dritten handelt. Denn nach § 33 Abs 2 S 2 EStG kommt ein Abzug nicht in Betracht, wenn es sich bei den Aufwendungen um BA, WK oder SA handelt.
Dieser Ansicht ist uE nicht zuzustimmen, da es sich bei der Schuldübernahme (zB Geschäftsschulden der Eltern) nicht in erster Linie um die Übernahme von betrieblich oder beruflich veranlassten Aufwendungen handeln muss. Der Grund kann hier insb in einer persönlichen sittlichen Pflicht zur Übernahme liegen (ebenso Kanzler in H/H/R, § 33 EStG Rz 133). Nimmt der StPfl selbst für die Finanzierung der übernommenen Schulden ein Darlehen auf, so gilt auch hier, dass nach geänderter Rspr des BFH mit der Schuldübernahme die Verausgabung vorliegt und somit auch zu diesem Zeitpunkt die Aufwendungen anzusetzen sind. Es kommt daher auch in den Refinanzierungsfällen nicht auf die Tilgung der Schulden an (s auch Kanzler in H/H/R, § 33 EStG Rz 133).
II. Anerkannte Ausnahmen
Rn. 4
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So kommt zB ein Abzug von ag Belastungen bei Schulden in Betracht, wenn die Verschuldung auf zwangsläufige Arbeitslosigkeit zurückzuführen ist. Nach Auffassung des BFH HFR 1964, 418 muss auch bei diesem Sachverhalt die Frage nach den Verhältnissen des Einzelfalls geprüft werden. Vgl auch dazu FG Mchn EFG 1983, 412: Darlehensrückzahlung keine ag Belastung, weil Arbeitslosigkeit selbstverschuldet. Nach FG Nbg kommt ein Abzug nicht in Betracht, wenn Schulden nicht eindeutig durch die Arbeitslosigkeit verursacht worden sind (FG Nbg EFG 1985, 243). Eine kurzfristige achtmonatige Arbeitslosigkeit reicht für eine Anerkennung der Schulden als ag Belastung in keinem Fall aus (BFH BFH/NV 1994, 707).
Rn. 5
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Der BFH BStBl III 1967, 489 erkannte ausnahmsweise die Tilgung eines Existenzaufbaudarlehens als ag Belastung an, weil der StPfl keine andere Möglichkeit gehabt habe, für seine Familie und sich den Lebensunterhalt zu verdienen. Dass die mit der Darlehensvaluta angeschaffte Beteiligung an einer GmbH ein Fehlschlag wurde, könne ihm nicht angelastet werden. Es sollen die Grundsätze des BFH HFR 1964, 418 gelten. Dagegen wurde vom FG BdW die Darlehenstilgung für Existenzgründung des früheren Ehegatten abgelehnt (FG BdW EFG 1992, 274 rkr). Auch die Tilgung der Darlehensschulden der Tochter, die diese für eine Existenzgründung aufgenommen hatte, wird nicht anerkannt (FG Nds v 20.07.2000, 14 K 178/98 nv).
Weitere Fälle der Anerkennung durch die Rspr sind: die Schuldentilgung zur Abwendung des Konkurses (FG Münster 1978, 592, zweifelhaft); die Schuldentilgung für einen verunglückten Sohn (FG BdW EFG 1979, 549, dem ist für diesen Einzelfall zuzustimmen).
III. Weitere Einzelfälle
Rn. 6
Stand: EL 141 – ET: 02/2020
Der BFH BStBl III 1964, 330 lehnt Zwangsläufigkeit der Schuldaufnahme zB für Studienkosten mit Recht ab, weil die Berufswahl Sache der freien Willensentschließung sei; nur in Grenzfällen könnte in Anlehnung an den BFH Zwangsläufigkeit anerkannt werden, zB wenn Darlehensaufnahme zur Beendigung eines weit fortgeschrittenen Studiums notwendig ist (vgl auch FG Nbg v 31.05.2006, III 129/2004; FG Münster EFG 1996, 1224). Ebenso BFH BStBl III 1958, 290 betreffend Schuldentilgung durch den Erben: Zwangsläufigkeit abgelehnt, weil der Erbe die Erbschaft hätte ...