Schrifttum:
Hoss, Einkommensbegriff und zumutbare Eigenbelastung, DStR 1968, 343;
Pogge-von Strandmann/Kieschke, Das ESt-ReformG, DStZ 1974, 331;
Ranft, Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung bei ausländischen Einkünften, FR 1961, 268;
Richter, Zur steuerlichen Behandlung ausländischer DBA-Einkünfte nach dem EStRG, FR 1974, 605;
Fischer, Ag Belastungen, NWB F 3, 15 277;
Siebenhüter, Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Belastung, EStB 2016, 50;
Teller, Ermittlung der zumutbaren Belastung nach § 33 Abs 3 EStG, HFR 2017, 402;
Loschelder, Anmerkung zu einer Entscheidung des BFH v 19.01.2017 (VI R 75/14) – Zur Ermittlung einer zumutbaren Belastung bei ag Belastung, NJW 2017, 1504;
Geserich, Ermittlung der zumutbaren nach § 33 Abs 3 EStG, juris-PR-SteuerR 21/2017 Rz 5.
A. Grundsatz
Rn. 200
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Die ESt wird beim Vorliegen einer ag Belastung dadurch ermäßigt, dass der Teil der Aufwendungen, der die dem StPfl zumutbare Belastung übersteigt, vom Gesamtbetrag der Einkünfte (bis 1974 Einkommen) abgezogen wird, § 33 Abs 1 EStG aE.
Rn. 201
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Die Regelung unterstreicht nach Auffassung des BFH den Billigkeitscharakter der Vorschrift (BFH BStBl III 1966, 242). Ab 1975 ist die geänderte Höhe der zumutbaren Belastung in § 33 Abs 3 EStG geregelt. Nach einer Entscheidung des BVerfG ist der Ansatz einer zumutbaren Belastung verfassungsgemäß (BVerfG BFH/NV 2000, 704). Gegen die zumutbare Belastung, wie sie § 33 Abs 3 EStG vorsieht, bestehen auch von Seiten des BFH keine Bedenken (BFH BFH/NV 2003, 616 mwN; BFH BStBl II 2009, 808). Dies gilt auch hinsichtlich des Ansatzes von Krankheitskosten und des Abzugsverbots für Aufwendungen für Diätverpflegung nach § 33 Abs 2 S 3 EStG (BFH v 04.11.2021, VI R 48/18, BFH/NV 2022, 120).
Auch hinsichtlich der Bezugsgröße "Gesamtbetrag der Einkünfte" bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Soweit Beamte keine Altersvorsorgebeiträge leisten und daher über ein niedrigeres Einkommen verfügen als vergleichbare Angestellte, was wiederum zu einer niedrigeren zumutbaren Belastung nach § 33 Abs 3 EStG führt, ist dies nicht verfassungswidrig (zur Frage der Verfassungsmäßigkeit s BFH BStBl II 2016, 151, Verfassungsbeschwerde wurde durch Beschluss des BVerfG v 23.11.2016, 2 BvR 180/16 nicht zur Entscheidung angenommen; BFH BStBl II 2017, 684; FG Köln EFG 2015, 1096; FG Mchn EFG 2014, 1683; auch oben s Rn 4a).
B. Ab 1975 geltendes Recht
Rn. 202
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Der die zumutbare Belastung übersteigende Teil der Aufwendungen ist nach § 33 Abs 1 EStG 1975 vom Gesamtbetrag der Einkünfte nach § 2 Abs 3 EStG abzuziehen. Hierin liegt keine Änderung des Prinzips, sondern eine Anpassung an den neuen Einkommensbegriff in § 2 Abs 4 EStG, bei dem auch die ag Belastungen schon vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen sind. Vom Gesamtbetrag der Einkünfte sind die nach § 10 EStG sowie § 10b EStG in Betracht kommenden SA und der Verlustabzug nach § 10d EStG vorab abzuziehen. Zumindest werden die SA-Pauschbeträge gemäß § l0c Abs 1 u 4 EStG abgesetzt (vgl R 2 EStR 2012). Erst dann können die ag Belastungen berücksichtigt werden. Insbesondere die vorherige Berücksichtigung von Verlusten wird als verfassungsrechtlich bedenklich angesehen (Verletzung des Grundsatzes des subjektiven Nettoprinzips; s zuletzt Oberloskamp, EStB 2009, 109). Der BFH hat aber unter Hinweis auf das Jahressteuerprinzip zu Recht die Verfassungswidrigkeit abgelehnt (BFH BFH/NV 2008, 1147; 2009, 920).
Rn. 203
Stand: EL 158 – ET: 06/2022
Bei der Berechnung der zumutbaren Belastung wird gemäß § 33 Abs 3 S 1 EStG wiederum an den Gesamtbetrag der Einkünfte angeknüpft. Da der Altersentlastungsbetrag und der Freibetrag nach § 13 Abs 3 EStG den Gesamtbetrag der Einkünfte mindern (s § 2 Abs 3 S 1 EStG), wird hierdurch die zumutbare Belastung geringer.
Inwieweit andere steuerfrei zu lassende Beträge, wie insbesondere steuerfreie Einnahmen oder Einkünfte (zB steuerfreie Veräußerungsgewinne) im Gesamtbetrag der Einkünfte anzusetzen sind, ist erst zT geklärt. Nach Ansicht des BFH BStBl II 1976, 360 bleiben steuerfreie Einnahmen und steuerfreie Veräußerungsgewinne außer Ansatz. Auch steuerfreie ausländische Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, sind bei der Berechnung der zumutbaren Eigenbelastung nicht zu berücksichtigen (BFH BStBl II 1978, 9), weil zum Einkommen iSd § 33 EStG nicht sachlich einkommensteuerbefreite Bezüge gehören (vgl Richter, FR 1974, 605). Auch weitere steuerfreie Einnahmen sind nicht zu berücksichtigen. So bleiben bei der Berechnung des Gesamtbetrags der Einkünfte Dienstbezüge unberücksichtigt, für die die LSt mit einem Pauschalsteuersatz erhoben wird (K/S/M, § 33 EStG Rz D 2; Mellinghoff in Kirchhof/Seer, § 33 EStG Rz 50, 20. Aufl). Obwohl alle diese Einnahmen die steuerliche Leistungsfähigkeit erhöhen, sind sie nicht zu berücksichtigen.
Auch dürfenSA, obwohl sie die Leistungsfähigkeit verringern, nicht die Bemessungsgrundlage reduzieren. Dieses Ergebnis wird daher zu Recht kritisch von der Literatur bewertet (Arndt in K/S/M, § 33 ...