a) Vergütungen
Rn. 101
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Vergütungen sind Geldleistungen wie zB nachzuzahlende Arbeitslöhne, auf die der ArbN einen Rechtsanspruch hat (vgl BFH v 14.10.2004, BStBl II 2005, 289 mwN), oder vom ArbG freiwillig erbrachte Leistungen, vgl BFH v 30.07.1971, BStBl II 1971, 802.
Auch geldwerte Vorteile, die der ArbG unbewusst und ungewollt zuwendet, sind begünstigungsfähig, wenn dem ArbN nach objektiven Maßstäben ein Vorteil entsteht, der aus den Gesamtumständen des Einzelfalls nur im Hinblick auf eine mehrjährige Tätigkeit verständlich ist (vgl BFH v 10.06.1983, BStBl II 1983, 642: verbilligte Grundstücksüberlassung; zust Söffing, FR 1983, 539; Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 61, August 2019).
"Vergütung" iSd § 34 Abs 2 Nr 4 EStG kann jeder Vorteil von wirtschaftlichem Wert sein, den der StPfl iRd jeweiligen Einkunftsart erzielt. Die gebotene Einschränkung des weiten Tatbestands des § 34 Abs 2 Nr 4 EStG wird dadurch bewirkt, dass die begünstigten Einkünfte "außerordentliche" sein müssen, wozu auch gehört, dass die Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten eine entsprechende Progressionswirkung typischerweise erwarten lässt. (vgl BFH v 25.02.2014, BStBl II 2014, 668). Nach dem Sinn und Zweck des § 34 Abs 2 Nr 4 EStG soll die steuerliche Belastung für Einkünfte, die dem StPfl für die Tätigkeit mehrerer Jahre zufließen, möglichst nicht höher sein, als wenn ihm in jedem Jahr ein Anteil hiervon zugeflossen wäre, so bereits BFH v 10.06.1983, BStBl II 1983, 642.
Die bislang strittige Frage, ob USt-Erstattungen für zurückliegende Zeiträume als "Vergütungen" iSd § 34 Abs 2 Nr 4 EStG zu qualifizieren sind, ist durch BFH v 25.02.2014, aaO, geklärt: Danach ist der Ertrag auf Grund der geballten Nachaktivierung von USt-Erstattungsansprüchen für sechs Jahre bei einem bilanzierenden Gewerbetreibenden als tarifbegünstigte Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten anzusehen. Die FinVerw hat sich dieser Einschätzung angeschlossen, vgl H 34.4 EStH 2021 "Gewinneinkünfte".
Erstattungszinsen nach § 233a AO sind aber keine außerordentlichen Einkünfte, BFH v 12.11.2013, BStBl II 2014, 168; aA Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 69 (August 2019).
b) Mehrjährigkeit
Rn. 102
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Durch das JStG 2007 v 13.12.2006 (BStBl I 2007, 28) wurde in § 34 Abs 2 Nr 4 EStG eine Legaldefinition der "Mehrjährigkeit" eingeführt. Mehrjährig ist eine Tätigkeit, soweit sie sich über mindestens zwei VZ erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst.
Ein Vergütungszeitraum von 13 Monaten sollte genügen, vgl Wacker in Schmidt § 34 EStG Rz 40 (41. Aufl), genau 12 Monate genügen nicht, vgl FG He v 27.07.2017, EFG 2018, 1449, bestätigt durch BFH v 16.12.2021, BFH/NV 2022, 325.
Damit ist die frühere Rspr des BFH überholt, wonach eine Tätigkeit auch dann mehrjährig iSd § 34 EStG ist, wenn sie sich über mindestens zwei VZ erstreckt, auch wenn die Gesamtdauer geringer ist als zwölf Monate, vgl BFH v 14.10.2004, BStBl II 2005, 289 mwH.
Der im Gesetzestext des § 34 Abs 2 Nr 4 EStG verwendete Begriff "soweit" ergibt keinen Sinn und ist als "wenn" zu interpretieren, vgl Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 62 (August 2019) mit Verweis auf Fuhrmann, KÖSDI 2007, 15 392.
Die Mehrjährigkeit ist nicht erfüllt bei regelmäßig ausgezahlten gewinnabhängigen Tantiemen, deren Höhe erst nach Ablauf des Wj festgestellt werden kann, vgl BFH v 19.12.2006, BStBl II 2007, 456; BFH v 30.08.1966, BStBl III 1966, 545; H 34.4 EStH 2021 (Außerordentliche Einkünfte iSd § 34 Abs 2 Nr 4 EStG iVm § 34 Abs 1 EStG).
Dagegen sind Tantiemen, die in einem VZ für mehrere Jahre zusammengeballt zufließen, tarifbegünstigt, vgl BFH v 05.10.1973, BStBl II 1974, 197.
c) Tätigkeiten
Rn. 103
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Als Tätigkeit wird jedes zur Erzielung von Einkünften iSd § 2 Abs 1 Nr 1–7 EStG dienende Verhalten verstanden, vgl Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 62 (August 2019) mwH zur Rspr; es muss sich also um eine steuerlich relevante Tätigkeit handeln, vgl Sieker in K/S/M, § 34 EStG Rz B 115 (November 2016).
Auch die FinVerw umschreibt den Begriff als ein "Tun" (vgl H 200 EStH 2004) im Rahmen eines gegenseitigen Vertrags oder eines öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses und führt weiter aus, dass § 34 Abs 2 Nr 4 EStG grds für alle Einkunftsarten gilt, vgl R 34.4 Abs 1 S 1 EStR 2012.
Damit durfte auch nach Ansicht der FinVerw die frühere (restriktivere) Rspr zu § 34 Abs 3 EStG aF, wonach die Vorschrift keine Anwendung findet auf Einkünfte aus KapVerm (vgl BFH v 22.04.1966, BStBl III 1966, 462), VuV (vgl BFH v 14.06.1963, BStBl III 1963, 380) und Rentenzahlungen (vgl BFH v 31.07.1970, BStBl II 1970,784) überholt sein, glA Sieker in K/S/M, § 34 EStG Rz B 118–119 (November 2016); Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 60 (August 2019); Lindberg in Brandis/Heuermann, § 34 EStG Rz 49 (August 2022); R 34.4 Abs 1 S 1 EStR 2012.
Ausschlaggebend hierfür ist, dass der Begriff "Entlohnung" durch "Vergütung" ersetzt wurde.
Es kommt nicht darauf an, ob die Tätigkeit tatsächlich ausgeübt worden ist (vgl BFH v 17.07.1970, BStBl II 1970, 683) bzw ob di...