A. Systematik und Gesetzesaufbau
Rn. 1
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
§ 34 EStG ist eine Tarifvorschrift und stellt eine Ausnahmevorschrift zur allgemeinen Tarifvorschrift des § 32a EStG (vgl § 32a Abs 1 S 1 EStG: "vorbehaltlich") dar.
Ausgenommen vom allgemeinen Steuertarif werden bestimmte, in Abs 2 definierte außerordentliche Einkünfte, für die (in den Abs 1 und 3) besondere Berechnungsmethoden vorgesehen sind.
§ 34 EStG kommt bei der Ermittlung der festzusetzenden ESt zum Tragen, indem zum Steuerbetrag nach § 32a Abs 1 oder 5 EStG die Steuer aufgrund der Berechnung nach § 34 EStG zur tariflichen EStG hinzugerechnet wird, vgl R 2 Abs 2 EStR 2012.
Im Einzelnen gliedert sich die Vorschrift wie folgt:
Rn. 2
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Abs 1 des § 34 EStG enthält die für alle Arten von außerordentlichen Einkünften in Betracht kommende sog Fünftelregelung, dh die rechnerische Verteilung der außerordentlichen Einkünfte auf 5 Jahre.
- Zunächst wird in S 1 die Tarifermäßigung für die außerordentlichen Einkünfte zwingend vorgeschrieben.
- S 2 betrifft den Grundfall, dass das zvE positiv ist, auch nach Abzug der außerordentlichen Einkünfte (sog verbleibendes zvE).
- S 3 regelt die Steuerberechnung für den Sonderfall, dass das zvE positiv, aber nach Abzug der außerordentlichen Einkünfte negativ wird.
- S 4 schließt die Anwendung der Tarifermäßigung für Veräußerungsgewinne aus, für die der StPfl ganz oder teilweise die Vergünstigungen nach §§ 6b oder 6c EStG in Anspruch genommen hat.
Rn. 3
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Abs 2 des § 34 EStG enthält den (abschließenden) Katalog derjenigen außerordentlichen Einkünfte, die nach Abs 1 oder Abs 2 begünstigt sind. Im Einzelnen sind dies:
Die bisher in § 34 Abs 2 Nr 5 EStG aF geregelten Einkünfte aus außerordentlichen Holznutzungen iSd § 34b Abs 1 Nr 1 EStG sind nunmehr ab VZ 2012 in § 34b EStG erfasst; s Rn 27 und 119.
Rn. 4
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Abs 3 des § 34 EStG gewährt für die Veräußerungsgewinne iSd § 34 Abs 2 Nr 1 EStG – alternativ zur Fünftelregelung des Abs 1 – auf Antrag eine besondere Tarifermäßigung.
- In S 1 sind die persönlichen und sachlichen Anwendungsvoraussetzungen genannt, während S 2 die Ermittlung des (ermäßigten) Steuersatzes bestimmt und den Mindeststeuersatz in Höhe des Eingangssteuersatzes festlegt.
- S 3 schreibt vor, dass für das verbleibende zvE die allgemeinen Tarifvorschriften gelten.
- S 4 und 5 bestimmen, dass die Ermäßigung nach Abs 3 für jeden StPfl nur einmal im Leben und nur für einen Veräußerungsgewinn gewährt wird.
- S 6 schließt – wie bei der Fünftelregelung – den ermäßigten Steuersatz für Veräußerungsgewinne aus, für die der StPfl die Vergünstigungen nach §§ 6b oder 6c EStG in Anspruch genommen hat.
Rn. 5–7
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vorläufig frei
B. Bedeutung der Vorschrift
Rn. 8
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§ 34 EStG ist eine Billigkeitsregelung, die – dem Leistungsfähigkeitsprinzip und dem Gleichheitssatz folgend – unbillige Härten vermeiden soll, die aus der Zusammenballung von außerordentlichen, nicht regelmäßig wiederkehrenden Einkünften in einem VZ entstehen können, vgl Juchum, DB 2000, 343; aA Sieker in K/S/M, § 34 EStG Rz A 3–4 (November 2016): Es handelt sich um eine Erweiterung des Prinzips der Abschnittsbesteuerung.
Einkünfte, die wirtschaftlich über einen längeren Zeitraum entstehen (wie zB Veräußerungsgewinne als Ausdruck jährlich entstandener stiller Reserven oder Entlassungsentschädigungen) und als Folge der Abschnittsbesteuerung – verbunden mit den Regeln über die (zeitliche) Zuordnung von Einkünften (§§ 4 und 11 EStG) – zusammengeballt in einem VZ zu versteuern sind, werden durch die Progressionsauswirkung höher besteuert als bei Verteilung entsprechend ihrer wirtschaftlichen Entstehung.
Durch die Systematik der Einkommensbesteuerung (dh Zusammenrechnung der Einkünfte und Anwendung eines einheitlichen Steuersatzes) werden auch die lfd Einkünfte bei Zusammentreffen mit außerordentlichen Einkünften durch den Progressionseffekt höher besteuert, ohne dass eine nachhaltige Erhöhung der Leistungsfähigkeit vorliegt, vgl Wacker in Schmidt, § 34 EStG Rz 1 (42. Aufl).
§ 34 EStG soll diese erhöhten steuerlichen Belastungen aus der Zusammenballung von Einkünften in einem VZ mildern, vgl BFH v 02.09.1992, BStBl II 1993, 831, und führt zu einer Progressionsglättung, vgl Henning/Hundsdoerfer/Schult, DStR 1999, 131.
Als reine Tarifvorschrift führt sie weder zu einer Durchbrechung des Prinzips der Abschnittsbesteuerung noch begründet sie eine eigene Einkunftsart, dh, die begünstigten Einkünfte müssen unter eine Einkunftsart des § 2 Abs 1 EStG fallen.
Rn. 9–10
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vorläufig frei
C. Rechtsentwicklung
Rn. 1...