A. Allgemeines
Rn. 140
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Durch das StEntlG 1999/2000/2002, s Rn 20, wurde die bis VZ 1998für alle außerordentlichen Einkünfte iSd § 34 Abs 2 EStG geltende Begünstigung des halben durchschnittlichen Steuersatzes ersetzt durch die (ab VZ 1999 geltende) Fünftelregelung des § 34 Abs 1 EStG.
Das StSenkErgG v 19.12.2000, s Rn 22, hat ab VZ 2001 als Alternative zur Fünftelregelung im neu gefassten § 34 Abs 3 EStG für Veräußerungsgewinne iSd § 34 Abs 2 Nr 1 EStG den halben durchschnittlichen Steuersatz in eingeschränktem Umfang wieder eingeführt.
Der Gesetzgeber verfolgte mit der Wiedereinführung das Ziel, die Veräußerungs- bzw Aufgabegewinne der aus dem Berufsleben ausscheidenden Unternehmer und Freiberufler steuerlich zu entlasten und somit deren Altersversorgung zu stärken, vgl BT-Drucks 14/4217; BR-Drucks 469/00, 6.
Insofern handelt es sich im Unterschied zu der bis VZ 1998 geltenden Regelung um eine Sozialzwecknorm, vgl BFH v 09.12.2002, BFH/NV 2003, 471.
Durch das HBeglG 2004, s Rn 24, wurde der Durchschnittssteuersatz auf 56 % angehoben.
Der Durchschnittssteuersatz ist seit seiner Wiedereinführung an folgende Voraussetzungen geknüpft:
B. Tatbestandsvoraussetzungen
1. Begünstigte Veräußerungsgewinne
Rn. 141
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Begünstigt sind ausschließlich Veräußerungsgewinne iSd § 34 Abs 2 Nr 1 EStG, die im zvE enthalten sind, und nicht der Halbeinkünfte-/Teileinkünftebesteuerung unterliegen.
Zum Umfang der in Betracht kommenden Veräußerungs- bzw Aufgabegewinne s Rn 56.
Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b HGB sind nicht nach § 34 Abs 3 HGB begünstigt; zur Verfassungsmäßigkeit s Rn 35.
Abzugsbeträge von der Summe der Einkünfte, vom Gesamtbetrag der Einkünfte und vom Einkommen sind zunächst bei den nicht nach § 34 EStG begünstigten Einkünften zu berücksichtigen.
Erzielt der StPfl in einem VZ sowohl nach § 34 Abs 1 EStG als auch nach § 34 Abs 3 EStG begünstigte Einkünfte, sind die bei den begünstigten Einkünften nicht verrechneten Abzugsbeträge mit den außerordentlichen Einkünften in der Reihenfolge zu verrechnen, die für den StPfl am günstigsten ist, vgl R 34.1 Abs 1 S 4 EStR 2012.
Der Freibetrag nach § 16 Abs 4 EStG ist als sachliche Steuerbefreiung, s Rn 123, von den begünstigten Einkünften abzuziehen.
Erzielt der StPfl in einem VZ mehrere Veräußerungsgewinne, so hat er ein Wahlrecht, bei welchem Veräußerungsgewinn der Freibetrag in Abzug gebracht werden soll, vgl R 16 Abs 13 S 7 EStR 2012.
Zur Aufteilung eines Freibetrages bei einer Betriebsaufgabe über zwei Kj vgl BMF v 20.12.2005, BStBl I 2006, 7.
Ist in dem Veräußerungsgewinn eine Anteilsveräußerung enthalten, die dem Teileinkünfteverfahren unterliegt, wird der Freibetrag gemäß § 16 Abs 4 EStG für Zwecke der Ermittlung der nach § 34 Abs 1 und 3 EStG tarifermäßigt zu besteuernden Gewinne vorrangig mit dem Veräußerungsgewinn verrechnet, auf den das Teileinkünfteverfahren anzuwenden ist,.vgl H 16 Abs 13 EStH 2021 "Teileinkünfteverfahren"; kritisch hierzu s Rn 70 und 71.
2. Antrag
Rn. 142
Stand: EL 164 – ET: 04/2023
Die Anwendung des Durchschnittssteuersatzes ist seit seiner (Wieder-)Einführung ab VZ 2001 antragsgebunden.
Der Grund besteht darin, dass die Vergünstigung nach § 34 Abs 3 EStG dem StPfl nur einmal im Leben gewährt wird und dessen Inanspruchnahme wohl überlegt sein muss, vgl Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 83 (August 2019).
Die Antragstellung nach § 16 Abs 4 EStG wirkt nicht gleichzeitig als Antrag iSd § 34 Abs 3 EStG und umgekehrt, vgl Hagen/Schynol, DB 2001, 397. Dh, die Vergünstigungen nach § 16 Abs 4 EStG und § 34 Abs 3 EStG können auf verschiedene Veräußerungsgewinne verteilt werden, vgl Hagen/Schynol, aaO; Sieker in K/S/M, § 34 EStG Rz C 23 (November 2016).
Der Antrag ist an keine Frist und Form gebunden, s Rn 42.
Im VZ 2001 waren sowohl die Fünftelregelung des § 34 Abs 1 EStG (genauer bis 23.12.2001, s Rn 23) als auch der Durchschnittssteuersatz nach § 34 Abs 3 EStG antragsabhängig. Wird ein Antrag nach § 34 Abs 1 EStG gestellt, gilt dieser für alle außerordentlichen Einkünfte, also auch für die nach § 34 Abs 3 EStG begünstigten, vgl Hagen/Schynol, NWB F 3, 11 579.
Wird ein Antrag nach § 34 Abs 3 EStG nicht gestellt, obwohl die Anwendungsvoraussetzungen vorliegen, hat das FA den StPfl iRd Amtsermittlungspflicht auf die Möglichkeit der Antragstellung hinzuweisen, vgl Kirchhof, § 34 EStG Rz 50; aA Horn in H/H/R, § 34 EStG Rz 84 (August 2019): es besteht keine ausdrückliche Hinweispflicht des FA.
Bei Zusammenveranlagung ist der Antrag von beiden Ehegatten gemeinsam zu stellen, vgl Sieker in K/S/M, § 34 EStG Rz C 26 (November 2016).
Aufgrund eines gestellten Antrages und bei Vorliegen der übrigen Tatbestandsmerkmale hat der StPfl einen Rechtsanspruch auf Gewährung des Durchschnittssteuersatzes. Das Wort "kann" im Gesetzestext gewährt der ...