Rn. 65
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Kalamitätsnutzungen knüpfen stets an das Vorliegen eines außergewöhnlichen Naturereignisses iSv höherer Gewalt an; es muss sich somit um ein Ereignis handeln, das auch durch äußerste Sorgfalt nicht vorausgesehen und demzufolge nicht abgewendet werden kann. Die Aufzählung in § 34b Abs 1 Nr 2 S 2 EStG (Eis-, Schnee-, Windbruch oder Windwurf, Erdbeben, Bergrutsch, Insektenfraß, Brand oder andere Naturereignisse mit vergleichbaren Folgen) ist nicht abschließend; auch Schäden, die durch Hochwasser oder außergewöhnliche Trockenheit verursacht werden, können unabwendbare Naturereignisse darstellen (Stalbold in H/H/R, § 34b EStG Rz 13 (04/2021). Die Tarifvergünstigung ist jedenfalls nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Bestände bereits hiebreif waren und für das gewonnene Holz der volle Marktpreis erzielt werden konnte (BFH vom 10.10.1963, BStBl III 1963, 119).
Rn. 66
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Nicht durch höhere Gewalt sind grundsätzlich diejenigen Schäden verursacht, die von Personen bewirkt werden und bei Drittverschulden Ansprüche auf Schadenersatz auslösen (Hiller, StW 2012, 107, 2.b.). Dazu gehören zB Schäden durch von Nachbarn ausgehenden Einwirkungen durch Rauch, Gas und Schadstoffe, durch Forstfrevel und anderes unverantwortliches Verhalten von Waldbesuchern (BFH vom 24.08.1961, BStBl III 1962, 28), ebenso Schäden durch waldbauliche Fehler des Waldeigentümers selbst oder seines Forstpersonals (RFH vom 11.12.1929, RStBl 1930, 218), Sturmschäden, die eindeutig und wesentlich durch fehlerhafte Hiebführung begünstigt sind, Trockenschäden sowie Schäden, die durch Pflegerückstände verursacht sind.
Einschläge, die der Vorbeugung eines wahrscheinlich möglichen künftigen Schadens dienen, sind ebenfalls nicht begünstigt (BFH vom 11.04.1961, BStBl III 1961, 276).
Gleichermaßen nicht begünstigt sind Nutzungen, die durch Schäden (Dürre, Blitz usw) verursacht sind, die in der Forstwirtschaft regelmäßig (an einzelnen Bäumen) vorkommen, sowie Schäden am bereits eingeschlagenen und nicht veräußerten Holz.
Rn. 67
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Über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehend werden aber durch die FinVerw auch Schäden anerkannt, die ihre Ursache in menschlicher Einwirkung haben, wie zB sog Immissionsschäden ("saurer Regen", vgl Voss, StBp 1997, 187, wenn sie einen gewissen Umfang übersteigen) oder Spätschäden aus Kriegsfolgen (Splitterschäden, vgl Schindler, StBp 1985, 109). Auch vorzeitige Nutzungen aufgrund von militärischen Übungen werden als Kalamitätsschäden gewertet (R 34b.2 Abs 5 EStR 2012).
Rn. 68
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Der Einschlag in Restbestände aus unbeschädigtem, noch nicht hiebreifem Holz (zB nach einem Sturm stehen gebliebene Bäume) gehört zu den begünstigten Kalamitätsnutzungen (Kalamitätsfolgehiebe), wenn zwischen dem Schaden und dem Folgehieb ein unmittelbarer und zwingender Zusammenhang besteht (BFH vom 11.04.1961, BStBl III 1961, 276) oder wenn damit gerechnet werden muss, dass sie schon bald wieder zu Kalamitätsnutzungen führen. Wegen der Anerkennung von Rotfäuleschäden als Kalamitätsnutzungen vgl Erlasse der obersten FinBeh vom 24.04.2018, BStBl I 2018, 1206 und BMF vom 28.11.2018, BStBl I 2018, 1214.
Rn. 69
Stand: EL 174 – ET: 08/2024
Bei Ersatzleistungen für Schäden, die sich beseitigen lassen (zB Schäden an Wegen und Jungpflanzen), handelt es sich nicht um Holznutzungen iSd § 34b EStG; hierfür kann auf Antrag R 6.6 EStR 2012 (Rücklage für Ersatzbeschaffung) in Anspruch genommen werden.