A. Allgemeines
1. Der Sinn und Zweck des § 34c Abs 5 EStG
Rn. 95
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Sinn und Zweck des § 34c Abs 5 EStG ist es, die mit der Anrechnung nach § 34c Abs 1 EStG verbundenen Nachteile gegenüber früheren Verwaltungsregelungen auszugleichen oder zu mildern (BFH BStBl II 1988, 893; ähnlich BFH BFH/NV 1992, 248). Die Vorschrift hat Auffangcharakter (BFH BStBl II 1991, 926). Durch diese Verwaltungsvorschriften hat die FinVerw ihr Ermessen gebunden ("Selbstbindung der Verwaltung"), dh, soweit die dortigen Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, kann der StPfl auf den Erlass der Billigkeitsmaßnahme vertrauen (Ermessensreduzierung auf null) (FG BBg v 16.12.2014, 4 K 4264/11, EFG 2015, 928 rkr).
2. Der persönliche Anwendungsbereich der Vorschrift
a) Unbeschränkt Steuerpflichtige
Rn. 96
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
§ 34c Abs 5 EStG enthält eine Ermächtigungsgrundlage an die obersten Länder-FinBeh oder die von ihnen beauftragten FinBeh. Sie können (Ermessen, § 5 AO; BFH BStBl II 1991, 926; FG He DStR 2019, 8 rkr; FG He 1 K 501/16, openJur, Rev, Az des BFH I R 7/18) mit Zustimmung des BMF die auf ausländische Einkünfte (§ 34d EStG) entfallende deutsche ESt ganz oder teilweise erlassen, wenn
- es aus volkswirtschaftlichen Gründen zweckmäßig ist (Fall 1, s Rn 97a) oder
- die Anwendung des § 34c Abs 1 EStG besonders schwierig ist (Fall 2, seltener Fall, etwa zB, wenn die Abgrenzung der ausländischen Einkünfte besonders problematisch ist.
Rn. 97
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Der StPfl kann beantragen, dass die Pauschalierung oder der Erlass sich nur auf einen Teil der ausländischen Einkünfte bezieht, zB nur auf die Einkünfte aus Staat A, nicht aber auf solche aus Staat B. Nicht möglich ist aber, dass nur ein Teil der Einkünfte aus Staat A pauschaliert besteuert oder nicht besteuert wird.
Rn. 97a
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Im Falle der Rn 96 Spiegelstrich 1 muss eine ablehnende Entscheidung auch die Erwägungen hinsichtlich der volkswirtschaftlichen Zweckmäßigkeit darlegen (BFH BStBl III 1966, 556, FG He DStR 2019, 8 rkr).
b) Beschränkt Steuerpflichtige
Rn. 98
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Für beschränkt StPfl sieht § 50 Abs 4EStG eine parallele Ermächtigungsgrundlage vor. § 34c Abs 5 EStG gilt auch im Bereich des KSt-Rechts (iVm BFH BStBl II 1988, 983; R 8.1Abs 1 Nr 1 KStR 2015.
3. Der sachliche Anwendungsbereich der Vorschrift
a) Der Vorrang der DBA
Rn. 99
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
DBA haben nach § 2 AO Vorrang. Daraus folgt im Verhältnis zu § 34c Abs 5 EStG im Einzelfall Folgendes:
- Soweit DBA ausländische Einkünfte steuerfrei stellen, ist § 34c Abs 5 EStG iVm dem Montageerlass (BFH BStBl II 1987, 856; BFH/NV 1988, 631; 1992, 248), dem Auslandstätigkeitserlass (BMF BStBl I 1983, 470 Tz V.2.) oder dem Pauschalierungserlass (BMF BStBl I 1984, 252 Tz 10) nicht anwendbar. Bedeutung hat § 34c Abs 5 EStG daher insb gegenüber Entwicklungsländern.
- Die FinVerw (BMF v 30.12.1983, DStZ/E 1984, 19; BMF v 30.12.1993, BStBl I 1994, 97 betr UdSSR-Nachfolgestaaten) wendet das DBA-Schachtelprivileg auf alle Körperschaften an, auch wenn und soweit sie das DBA nicht begünstigt.
b) Keine Anwendung bei der Hinzurechnungsbesteuerung (§§ 7ff AStG)
Rn. 100
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
§ 34c Abs 5 gilt nicht für die Hinzurechnungsbesteuerung nach § 7ff AStG, da § 12 Abs 2 AStG nur auf § 34c Abs 1 EStG, also nicht auch auf § 34c Abs 5 EStG verweist (BFH BStBl II 1988, 983).
B. Verfassungsrecht
1. Ermächtigungsgrundlage
Rn. 101
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Das BVerfG BStBl II 1978, 548 hat die Ermächtigungsgrundlage in § 34c Abs 5 EStG Fall 1 (= § 34c Abs 3 EStG aF Fall 1) verfassungsrechtlich gebilligt (ebenso BFH v 08.12.2010, I B 98/10, BFH/NV 2011, 596; FG BBg v 16.12.2014, 4 K 4264/11, EFG 2015, 928 rkr, FG Köln DStR 2019, 8 rkr; Geurts in Frotscher/Geurts, § 3c EStG Rz 150).
Der Begriff der "volkswirtschaftlichen Gründe" sei unter Berücksichtigung von Sinnzusammenhang, Zielsetzung und Entstehungsgeschichte hinreichend konkretisiert. Insb da es sich um eine steuerentlastende Vorschrift handele, müsse die Ermächtigungsgrundlage nicht im gleichen Maß bestimmt sein wie bei Eingriffsermächtigungen, da die Grundrechtsrelevanz hier geringer sei. Dies gelte jedenfalls soweit, als eine solche Norm Ausnahmetatbestände regele, die die gleichmäßige Belastung aller von der steuerbegründenden Norm Betroffenen grundsätzlich unberührt lassen, also etwa nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führe.
Diesen Ausführungen des BVerfG ist zuzustimmen, § 34c Abs 5 EStG ist eine hinreichend konkrete Ermächtigungsnorm. Dasselbe muss für § 50 Abs 4 EStG (betr beschränkte StPfl) gelten.
2. Anwendbarkeit nur bei inländischem ArbG
Rn. 102
Stand: EL 144 – ET: 07/2020
Aus der Zielsetzung des Auslandtätigkeitserlasses (ATE) heraus, die deutsche Exportwirtschaft zu fördern (s Rn 104), sollen auch keine Bedenken hinsichtlich Art 3 Abs 1 GG bestehen, dass dieser nur anwendbar ist, wenn es sich um einen inländischen ArbG handelt (BFH v 08.12.2010, I B 98/10, BFH/NV 2011, 596; FG BBg v 16.12.2014, 4 K 4264/11, EFG 2015, 928 rkr). Art 3 Abs 1 GG mag nicht verletzt sein, aber mit der Rspr des EuGH ist das nicht in Einklang zu bringen (s Rn 105a), die das FG BBg gar nicht erwähnt. Art 6 Abs 1 GG sei nach Ansicht des FG auch nicht verletzt, da der ATE nicht an den Familienstand anknüpft (FG BBg v 16.12.2014, 4 K 4264/11, EFG 2015, 928 rkr), das ist mE zutreffend.
C. Europarecht
Rn. 102a
Stand: EL 144 – ET: 07...