Rn. 13
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Vereine ohne Parteicharakter werden auch "unabhängige Wählervereinigungen" oder "Rathausparteien" genannt.
Die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung im Einzelnen:
Vereine: Maßgebend ist der Vereinsbegriff des BGB (§§ 21–79 BGB). Deshalb sind – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – Zuwendungen sowohl an rechtsfähige (= eingetragene) als auch an nicht rechtsfähige (= nicht eingetragene) Vereine begünstigt.
Die Wählervereinigungen wurden bereits mit Wirkung ab VZ 1994 zur Wahrung der Verfassungsmäßigkeit nachträglich in § 34g EStG aufgenommen, s Rn 1. Nicht begünstigt sind Vereinigungen ohne Vereinscharakter, wie zB Bürgerinitiativen und Unterschriftsgemeinschaften, vgl BFH BFH/NV 1999, 29.
Ohne Parteicharakter: Der Parteicharakter ergibt sich aus § 2 ParteienG, vgl BFH v 07.12.1990, BStBl II 1991, 508. Während politische Parteien auf Bundes- oder Landesebene tätig werden, beschränken sich die Wählervereinigungen regelmäßig auf die politische Willensbildung auf kommunaler Ebene.
Zuwendungen an Vereinigungen, die sich an den Wahlen für das Europäische Parlament beteiligen, sind ebenfalls steuerbegünstigt, ebenso Kirchhof, § 34g EStG Rz 10, 17. Aufl.
a) Ausschließlicher Vereinszweck
Rn. 14
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Nach § 34g S 1 Nr 2 Buchst a EStG muss der ausschließliche Vereinszweck darauf gerichtet sein, durch Teilnahme mit eigenen Wahlvorschlägen an Wahlen auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene bei der politischen Willensbildung mitzuwirken.
Die Ausschließlichkeit in § 34g S 1 Nr 2 Buchst a EStG bezieht sich auf die Mitwirkung bei der politischen Willensbildung und auf die Teilnahme mit eigenen Wahlvorschlägen an Wahlen auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene. Die Ausschließlichkeit muss sich somit aus der Satzung des Vereins ergeben, und die tatsächliche Betätigung muss diesem (ausschließlichen) Satzungszweck entsprechen.
Eine andersartige Mitwirkung an der politischen Willensbildung, beispielsweise durch Demonstrationen, Unterschriftensammlungen uä Aktionen, wird steuerlich nicht begünstigt, vgl BFH BFH/NV 1999, 29.
Es muss sich um Wahlen iSd Art 20 Abs 2 u 28 Abs 1 S 2 GG handeln, in denen das Volk die ihm zukommende Staatsgewalt ausübt, vgl OFD v 15.12.1994, DB 1995, 298. Für Zuwendungen an Wählervereinigungen, die an Ausländerbeiratswahlen teilnehmen, wird die Ermäßigung nach § 34g EStG nicht gewährt, vgl OFD aaO.
Die FinVerw legt die Ausschließlichkeit offensichtlich großzügig aus, indem gesellige Veranstaltungen von untergeordneter Bedeutung und wirtschaftliche Betätigungen (die die politische Betätigung nicht überwiegt) als unschädlich eingestuft werden, vgl H 34g EStH 2017 "Zuwendungen an unabhängige Wählervereinigungen" Tz 2.
Schädlich ist aber, wenn neben der politischen Tätigkeit ein weiterer Satzungszweck verfolgt wird, zB gemeinnütziger oder wirtschaftlicher Art, H 34g EStH 2017 "Zuwendungen an unabhängige Wählervereinigungen" Tz 2.
Die Wählervereinigungen müssen sich (satzungsgemäß) mit eigenen Wahlvorschlägen an der Wahl beteiligen, wobei eigene Kandidaten in allen Wahlbezirken nicht erforderlich sind, vgl Geserich in K/S/M, § 34 EStG Rz C 15 mwH (Dezember 2018).
b) Errungenes Mandat o Teilnahme an der nächsten Wahl
Rn. 15
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Zusätzlich zum ausschließlichen Vereinszweck (§ 34g S 1 Nr 2 Buchst a EStG) verlangt das Gesetz in § 34g S 1 Nr 2 Buchst b EStG, dass
- der Verein auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene bei der jeweils letzten Wahl wenigstens ein Mandat errungen hat (Alt 1) oder
- der zuständigen Wahlbehörde oder dem zuständigen Wahlorgan angezeigt hat, dass er mit eigenen Wahlvorschlägen auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene an der jeweils nächsten Wahl teilnehmen will (Alt 2).
Rn. 16
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Nach der Alt 1 ist der Verein zum Empfang von steuerbegünstigten Zuwendungen solange berechtigt, wie er mit einem Mandatsträger in einem Gremium vertreten ist, und zwar bis zum Ende der Wahlperiode des letzten Mandatsträgers. Wechselt der (einzige) Mandatsträger im Laufe einer Wahlperiode zu einer anderen Wählervereinigung, geht die Berechtigung für diese Wahlperiode nicht verloren, ebenso Kirchhof, § 34g EStG Rz 14, 17. Aufl. Maßgebend ist die jeweils letzte Wahl auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene.
Rn. 17
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Alt 2 ermöglicht steuerbegünstigte Zuwendungen an Vereine, die bei der letzten Wahl kein Mandat errungen haben oder erstmals an einer Wahl teilnehmen. Voraussetzung ist eine (formlose) Anzeige gegenüber der zuständigen Wahlbehörde oder dem zuständigen Wahlorgan, die in der Zeit vom ersten Tag nach der letzten Wahl bis zu dem Tag erfolgen kann, an dem die Anmeldefrist für die nächste Wahl abläuft, H 34g EStH 2017 "Zuwendungen an unabhängige Wählervereinigungen" Tz 3. Die Anzeige kann bereits mehrere Jahre vor der nächsten Wahl zugehen, muss aber spätestens am Ende des Jahres vorliegen, für das eine Tarifermäßigung beantragt wird, H 34g EStH 2017 "Zuwendungen an unabhängige Wählervereinigungen" Tz 3.
Spendenbescheinigungen dürfen erst ausgestellt werden, wenn die Anzeige tats...