1. Politische Parteien
Rn. 12
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Politische Parteien sind Vereinigungen von Bürgern, die dauernd oder für längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf die politische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Deutschen Bundestag oder einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse, insb nach Umfang und Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrer Mitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr für die Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten, § 2 Abs 1 S 1 ParteienG. Außerdem muss die Satzung der Partei den Anforderungen des § 6 ParteienG genügen. Die Rechtsstellung als Partei geht verloren, wenn sie sechs Jahre lang weder an einer Bundestagswahl noch an einer Landtagswahl mit eigenen Wahlvorschlägen teilgenommen hat. Gleiches gilt, wenn eine Vereinigung sechs Jahre lang entgegen der Pflicht zur öffentlichen Rechenschaftslegung gemäß § 23 ParteienG keinen Rechenschaftsbericht eingereicht hat (§ 2 Abs 2 S 2 ParteienG, ergänzt zum 01.01.2016 durch G v. 22.12.2015, BGBl I 2015, 2563).
Zahlungen an Parteimitglieder werden dann steuerlich anerkannt, wenn sie an die Partei weitergeleitet und in deren Verfügungsbereich gelangt sind, § 25 Abs 1 ParteienG.
Die FinVerw veröffentlicht regelmäßig ein Verzeichnis der anerkannten politischen Parteien.
Als Zuwendungsempfänger ausgeschlossen sind verfassungsfeindliche politische Parteien, die von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen sind (§ 34g S 1 Nr 1 EStG iVm § 18 Abs 7 ParteienG). Grundlage bildet Art 21 Abs 3 und 4 GG, die nach dem sog NPD-Verbotsverfahren (BverfG v 17.01.2017, NJW 2017, 611) neu hinzugefügt wurden. Verfassungsfeindliche Parteien sind demnach Parteien, die nach ihren Zielen oder dem Verhalten ihrer Anhänger darauf ausgerichtet sind, die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden.
Über die Verfassungswidrigkeit sowie den Ausschluss von der staatlichen Finanzierung entscheidet das BVerfG. Der Antrag auf ein Verfahren zum Ausschluss von der staatlichen Finanzierung gem Art 21 Abs 3 GG erfolgt durch Bundestag, Bundesrat oder Bundesregierung. Erst ab der Feststellung durch das BVerfG entfällt für mindestens sechs Jahre die steuerliche Begünstigung der Partei bzw der Zuwendungen an diese Partei (§ 18 Abs 7 ParteienG iVm § 46a BVerfGG). Die Feststellung erstreckt sich auch auf Ersatzparteien (§ 46a Abs 1 S 2 BVerfGG). Eine Verlängerung des Ausschlusses um weitere sechs Jahre kann beantragt werden (§ 46a Abs 2 BVerfGG).
2. Vereine ohne Parteicharakter
Rn. 13
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Vereine ohne Parteicharakter werden auch "unabhängige Wählervereinigungen" oder "Rathausparteien" genannt.
Die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung im Einzelnen:
Vereine: Maßgebend ist der Vereinsbegriff des BGB (§§ 21–79 BGB). Deshalb sind – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen – Zuwendungen sowohl an rechtsfähige (= eingetragene) als auch an nicht rechtsfähige (= nicht eingetragene) Vereine begünstigt.
Die Wählervereinigungen wurden bereits mit Wirkung ab VZ 1994 zur Wahrung der Verfassungsmäßigkeit nachträglich in § 34g EStG aufgenommen, s Rn 1. Nicht begünstigt sind Vereinigungen ohne Vereinscharakter, wie zB Bürgerinitiativen und Unterschriftsgemeinschaften, vgl BFH BFH/NV 1999, 29.
Ohne Parteicharakter: Der Parteicharakter ergibt sich aus § 2 ParteienG, vgl BFH v 07.12.1990, BStBl II 1991, 508. Während politische Parteien auf Bundes- oder Landesebene tätig werden, beschränken sich die Wählervereinigungen regelmäßig auf die politische Willensbildung auf kommunaler Ebene.
Zuwendungen an Vereinigungen, die sich an den Wahlen für das Europäische Parlament beteiligen, sind ebenfalls steuerbegünstigt, ebenso Kirchhof, § 34g EStG Rz 10, 17. Aufl.
a) Ausschließlicher Vereinszweck
Rn. 14
Stand: EL 139 – ET: 10/2019
Nach § 34g S 1 Nr 2 Buchst a EStG muss der ausschließliche Vereinszweck darauf gerichtet sein, durch Teilnahme mit eigenen Wahlvorschlägen an Wahlen auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene bei der politischen Willensbildung mitzuwirken.
Die Ausschließlichkeit in § 34g S 1 Nr 2 Buchst a EStG bezieht sich auf die Mitwirkung bei der politischen Willensbildung und auf die Teilnahme mit eigenen Wahlvorschlägen an Wahlen auf Bundes-, Landes- oder Kommunalebene. Die Ausschließlichkeit muss sich somit aus der Satzung des Vereins ergeben, und die tatsächliche Betätigung muss diesem (ausschließlichen) Satzungszweck entsprechen.
Eine andersartige Mitwirkung an der politischen Willensbildung, beispielsweise durch Demonstrationen, Unterschriftensammlungen uä Aktionen, wird steuerlich nicht begünstigt, vgl BFH BFH/NV 1999, 29.
Es muss sich um Wahlen iSd Art 20 Abs 2 u 28 Abs 1 S 2 GG handeln, in denen das Volk die ihm zukommende Staatsgewalt ausübt, vgl OFD v 15.12.1994, DB 1995, 298. Für Zuwendungen an Wählervereinigungen, die an Ausländerbeiratswahlen teilnehmen, wird die Ermäßigung nach § 34g EStG nicht gewährt, vg...