1. Begrenzung des Ermäßigungsbetrags auf den Ermäßigungshöchstbetrag
Rn. 80
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Neben der Begrenzung der Steuerermäßigung des § 35 EStG auf das 4fache (ab VZ 2020, zuvor das 3,8fache) des GewSt-Messbetrags (Ermäßigungsbetrag, s Rn 70ff) wird die Steuerermäßigung zusätzlich auf die tarifliche ESt begrenzt, die anteilig auf die gewerblichen Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag).
Das 4fache des GewSt-Messbetrags (oder die niedrigere tatsächlich zu zahlende GewSt, s Rn 91) darf daher maximal in Höhe des Ermäßigungshöchstbetrags von der geminderten tariflichen Steuer abgezogen werden.
Rn. 81
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Aufgrund der Begrenzung der Steuerermäßigung auf den Ermäßigungshöchstbetrag ergibt sich die Notwendigkeit, dass eine Höchstbetragsberechnung vorzunehmen ist, wie sie zB auch § 34c Abs 1 EStG enthält. Auf die gesonderte Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags kann jedoch verzichtet werden, wenn die ESt ausschließlich aus gewerblichen Einkünften resultiert, da in diesem Fall die insgesamt zu entrichtende ESt auf die gewerblichen Einkünfte entfällt (vgl Nieland in Bordewin/Brandt, § 35 EStG Rz 78, August 2018).
2. Ermittlung des Ermäßigungshöchstbetrags
Rn. 82
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Die Steuerermäßigung wird durch § 35 Abs 1 EStG auf die geminderte tarifliche ESt beschränkt, die anteilig auf die gewerblichen Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag).
Durch den Ermäßigungshöchstbetrag soll zum Ausdruck gebracht werden, dass die Steuerermäßigung des § 35 EStG nicht nur auf die Belastung mit GewSt abstellt, sondern für die Gewährung der Steuerermäßigung auch eine Belastung mit ESt erfordert.
Rn. 83
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Die Berechnung des Ermäßigungshöchstbetrags bestimmt sich nach der durch das JStG 2008 in § 35 Abs 1 S 2 EStG eingefügten Formel:
Summe der positiven gewerblichen Einkünfte |
× geminderte tarifliche ESt = Ermäßigungshöchstbetrag |
Summe aller positiven Einkünfte |
a) Summe der positiven gewerblichen Einkünfte
Rn. 84
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
In den Zähler der gesetzlichen Formel des Ermäßigungshöchstbetrags müssen die positiven gewerblichen Einkünfte eingesetzt werden.
Gewerbliche Einkünfte iSd § 35 Abs 1 S 2 EStG sind die der GewSt unterliegenden Gewinne und Gewinnanteile, soweit sie nicht nach anderen Vorschriften von der Steuerermäßigung nach § 35 EStG ausgenommen sind (§ 35 Abs 1 S 3 EStG). Beispielsweise gehören Einkünfte iSd § 16 und § 17 EStG grundsätzlich nicht zu den gewerblichen Einkünften iSd § 35 Abs 1 S 2 EStG, da bei diesen Einkünften mangels grundsätzlicher GewStPfl (R 7.1 Abs 3 GewStR 2009) keine zu beseitigende oder zu mildernde Doppelbelastung mit ESt und GewSt vorliegt.
Rn. 85
Stand: EL 157 – ET: 04/2022
Nicht abschließend geklärt ist, welcher Einfluss von den gewerbesteuerlichen Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften der §§ 8–9 GewStG auf die Höhe der gewerblichen Einkünfte iSd § 35 Abs 1 S 2 EStG ausgeht. Da die Definition gewerblicher Einkünfte (§ 35 Abs 1 S 3 EStG) die Hinzurechnungs- bzw Kürzungsvorschrift der §§ 8–9 GewStG nicht erwähnt, sollen gewerbesteuerliche Hinzurechnungen und Kürzungen nach hA die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte nicht beeinflussen (vgl Gosch/Schindler in Kirchhof, § 35 EStG Rz 10, 17. Aufl; vgl Rohrlack in Brandis/Heuermann, § 35 EStG Rz 44, Juli 2020; Korezkij, DStR 2007, 2103, 2104). Der Wortlaut des § 35 Abs 1 S 2 EStG lässt diese Auffassung zu.
Allerdings wird zum Teil auch die Auffassung vertreten, dass es angesichts des Zwecks des § 35 Abs 1 S 3 EStG (Steuerentlastung der tatsächlich mit GewSt belasteten Einkünfte) zutreffend sei, dass die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen und Kürzungen auch bei der Summe der positiven gewerblichen Einkünfte entsprechend berücksichtigt werden und diese Summe entsprechend erhöhen bzw mindern (vgl Wacker in Schmidt, § 35 EStG Rz 18, 40. Aufl).
Die FinVerw scheint in ihrem aktuellen Schreiben zu § 35 EStG davon auszugehen, dass die Hinzurechnungs- bzw Kürzungsvorschriften der §§ 8–9 GewStG die Summe der positiven gewerblichen Einkünfte nicht beeinflussen. Zwar spricht die FinVerw hinsichtlich der Ermittlung der positiven gewerblichen Einkünfte zunächst von gewstpfl Einkünften (BMF v 03.11.2016, BStBl I 2016, 1187 Tz 14). Dieser Wortlaut wird zT dahingehend ausgelegt, dass die FinVerw bei der Ermittlung der positiven gewerblichen Einkünfte eine Berücksichtigung der §§ 8–9 GewStG vorsehe (vgl Wacker in Schmidt, § 35 EStG Rz 18, 40. Aufl).
Allerdings ermittelt die FinVerw die positiven gewerblichen Einkünfte eines Mitunternehmers in einem Beispiel, das im aktuellen BMF-Schreiben zu § 35 EStG enthalten ist, eindeutig ohne Berücksichtigung der §§ 8–9 GewStG (BMF v 03.11.2016, BStBl I 2016, 1187 Tz 14, geändert durch BMF v 17.04.2019, BStBl I 2019, 459). Daraus lässt sich schlussfolgern, dass die FinVerw einer Berücksichtigung der §§ 8–9 GewStG ablehnend gegenüberstehe.
Nach der hier vertreten Auffassung ist der hA sowie der (mutmaßlichen) Auffassung der FinVerw zu folgen: Hätte der Gesetzgeber bei der Ermittlung der positiven gewerblichen Einkünfte eine Berücksichtigung §§ 8–9 GewStG als veranlasst angesehen, hätte er dah...