A. Gegenstand der Ermäßigung
Rn. 42
Stand: EL 135 – ET: 04/2019
Gegenstand der Ermäßigung ist die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche ESt, die auf diese Einkünfte entfällt.
Ausgangspunkt der ESt-Ermäßigung ist die tarifliche ESt. Sie errechnet sich durch die Anwendung der ESt-Tarifformel (§ 32a Abs 1, 5 EStG) auf das zvE. Sich durch Sonderberechnungen nach §§ 32b, 32d, 34, 34a, 34b, 34c Abs 3 EStG ergebende Änderungen sind Teil der tariflichen ESt (Ratschow in Blümich, § 2 EStG Rz 180, Januar 2018). Die tarifliche ESt ist schließlich noch um die sonstigen Steuerermäßigungen (§ 34c Abs 1 u 6 EStG, § 12 AStG, § 35 EStG, 34f Abs 1 u 2 EStG, § 34g EStG, § 34f Abs 3 EStG, § 35a EStG) zu kürzen (vgl R 2 Abs 2 EStR 2012).
Ergibt sich durch die Berücksichtigung der steuerlichen Freibeträge eine festzusetzende ESt von Null, so unterliegen die begünstigten Einkünfte keiner steuerlichen Doppelbelastung; § 35b EStG führt dann zu keiner Steuerermäßigung.
Rn. 43
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Das Gesetz sagt nicht, nach welchem Aufteilungsmaßstab aus dem verbleibenden Steuerbetrag der Teil herausgerechnet wird, der auf die mit ErbSt belasteten Einkünfte anteilig entfällt (begünstigte Einkünfte). Soweit der Teilbetrag, der auf die begünstigten Einkünfte entfällt, nicht eindeutig bestimmbar ist (zB aus der Ermittlung zu Zwecken des § 34 Abs 1 u 3 EStG), ist eine Verhältnisrechnung anzustellen. Der verbleibende Steuerbetrag ist hierbei nach Abschn 213e EStR 1996 und hM analog § 34 c Abs 1 EStG nach dem Verhältnis der begünstigten Einkünfte zur Summe der Einkünfte (§ 2 Abs 3 EStG) aufzuteilen (Schallmoser in Blümich, § 35b EStG Rz 37, Oktober 2018; Schulz in H/H/R, § 35b EStG Rz 43, September 2016).
Es ergibt sich folgende Berechnungsformel:
Begünstigte Einkünfte × tarifliche ESt |
= ESt auf begünstigte Einkünfte |
Summe der Einkünfte |
Rn. 44
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Beispiel zur Ermittlung der anteiligen ESt auf die begünstigten Einkünfte:
Eine Witwe erzielt im Kj 18 sowohl Einkünfte aus einer Betriebsveräußerung iHv EUR 300 000 als auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit iHv EUR 80 000. Die Summe der Einkünfte beträgt somit EUR 380 000. Bei einem unterstellten Steuersatz von 40 % beläuft sich die tarifliche ESt auf EUR 152 000. Da die Witwe im Kj 18 haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch genommen hat, steht ihr gem § 35a EStG eine Steuerermäßigung von EUR 500 zu. Die gekürzte tarifliche ESt beträgt daher EUR 151 500.
Die stillen Reserven des veräußerten Betriebs unterlagen im Kj 17 bereits der ErbSt. Daher kann die Steuerermäßigung des § 35b EStG in Anspruch genommen werden. Gegenstand dieser Ermäßigung ist die gekürzte tarifliche ESt, die auf diese Einkünfte entfällt. Der Gegenstand der Ermäßigung des § 35b EStG beläuft sich demnach auf EUR 119 605 (= EUR 300 000/EUR 380 000 x EUR 151 500).
Das Verhältnis von § 35b EStG zum Verlustabzug nach § 10d EStG ist gesetzlich nicht geregelt, so dass wohl nach dem Meistbegünstigungsprinzip zu verfahren ist. Die begünstigten Einkünfte werden erst dann durch anderweitige Verluste gemindert, wenn keine weiteren positiven Einkünfte vorliegen. Da der Verlustabzug nach § 10d EStG erst nach Bildung der Summe der Einkünfte vorgenommen wird, kann dieser iRd Ermittlung der begünstigten Einkünfte nicht berücksichtigt werden. Er wirkt sich aber indirekt durch eine geringere tarifliche ESt bei der Ermittlung der anteiligen ESt aus (Hechtner, BB 2009, 486, 488).
Rn. 45
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vorläufig frei
B. Höhe der Ermäßigung
Rn. 46
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Die gem § 35b S 1 EStG ermittelte Bemessungsgrundlage wird um den in S 2 bestimmten Hundertsatz ermäßigt.
Der Prozentsatz ergibt sich nach § 35b S 2 EStG aus dem Verhältnis der festgesetzten ErbSt zu dem Betrag, der sich daraus ergibt, dass dem erbstpfl Erwerb die Freibeträge nach §§ 16, 17 ErbStG und der steuerfreie Betrag nach § 5 ErbStG hinzugerechnet werden. Hierbei sind nur die Freibeträge hinzuzurechnen, die der StPfl auch in Anspruch genommen hat (so etwa Bogalski in Bordewin/Brandt, § 35b EStG Rz 83, August 2017; Schulz in H/H/R, § 35b EStG Rz 53, September 2016).
Er berechnet sich folglich nach folgender Formel:
ErbSt × 100 |
= Hundersatz |
erbstpfl Erwerb + Freibeträge |
Rn. 47
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Es kommt also wirtschaftlich nur zu einer Teilanrechnung der ErbSt auf die anteilige ESt. Der tatsächliche Steuersatz nach § 19 ErbStG weicht hiervon ab. Zöge man hingegen die latente ESt direkt von der ErbSt-Bemessungsgrundlage ab, ergäbe sich eine ErbSt Entlastung nicht nur in Höhe des Durchschnittsteuersatzes, sondern in Höhe des Grenzsteuersatzes.
Rn. 48
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Lüdicke/Fürwentsches, DB 2009, 12, 17, weisen richtigerweise darauf hin, dass zum Zwecke der vollständigen Vermeidung einer Doppelbelastung das errechnete Verhältnis, das der tatsächlichen ErbSt-Belastung entspricht, auf den Veräußerungsgewinn (dh die stillen Reserven), nicht aber auf die darauf entfallende Steuer angewandt werden müsste. Nur hierdurch sei sichergestellt, dass die stillen Rese...