A. Überblick
Rn. 20
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
§ 38b Abs 1 EStG reiht die ArbN für LSt-Zwecke in sechs verschiedene StKl ein.
In die StKl I gehören alle unbeschränkt estpfl ArbN, die ledig sind oder bei denen die Voraussetzungen für die Anwendung des Ehegatten-Splittings nicht erfüllt sind, sowie beschränkt estpfl ArbN (s Rn 30–33).
Die StKl II erfasst alle unbeschränkt estpfl ArbN, die grds dem Personenkreis der StKl I zuzuordnen wären, für die jedoch ein Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (s § 24b EStG) zu berücksichtigen ist (s Rn 34–39).
In die StKl III fallen in erster Linie verheiratete ArbN, die mit ihrem Ehegatten zusammen unbeschränkt estpfl sind und von diesem nicht dauernd getrennt leben und der andere Ehegatte in StKl V eingereiht ist. Zudem gehören auch verwitwete ArbN und solche, deren Ehe aufgelöst worden ist, für eine Übergangszeit noch in diese StKl (s Rn 40–49).
StKl IV erfasst verheiratete unbeschränkt estpfl ArbN, die nicht dauernd getrennt leben, auch wenn nur ein Ehegatte Arbeitslohn bezieht (s Rn 50–54).
In die StKl V gehören verheiratete unbeschränkt estpfl ArbN, deren Ehegatte in die StKl III eingereiht wird (s Rn 55–59).
StKl VI gilt schließlich bei ArbN, die nebeneinander von mehreren ArbG Arbeitslohn beziehen, für die LSt aus einem zweiten und jedem weiteren Arbeitsverhältnis sowie in den Fällen des § 39c EStG (s Erläut zu § 39c (Mues); s Rn 60–69).
Rn. 21
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Einen Wechsel in eine für ihn günstigere StKl kann der ArbN entweder vor dem Beginn des Kj, in dem die neue StKl gelten soll, oder bis zum 30.11. des jeweiligen Kj beantragen (§ 39 Abs 6 EStG).
B. Allgemeine Begriffsbestimmungen
Rn. 22
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Die Einordnung in die sechs StKl hängt unter anderem vom Familienstand (ledig, verheiratet, verwitwet), der Zuordnung von Kindern, der StPfl des Ehegatten und dem Vorliegen mehrerer Dienstverhältnisse des ArbN ab (§ 38b Abs 1 S 1 EStG).
Rn. 23
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Die Frage des Familienstandes, also vor allem, ob ein StPfl iSd Vorschrift ledig oder verheiratet ist, wird durch das bürgerliche Recht, einschließlich der Vorschriften des deutschen nationalen internationalen Privatrechts (BGB, EGBGB; s BFH BStBl III 1957, 300), beantwortet.
Bei Ausländern sind die materiell-rechtlichen Voraussetzungen grds nach den Vorschriften des Staates zu beurteilen, dem beide Ehegatten angehören (Art 14 EGBGB, sog Kegelsche Anknüpfungsleiter). Die Anwendung ausländischen Rechts ist jedoch ausgeschlossen, wenn dessen Anwendung in dem konkreten Fall gegen die guten Sitten verstößt (BFH BStBl I 1986, 390; H 26 EStH 2021 "Allgemeines"); sog Ordre-public-Verstoß gemäß Art 30 EGBGB).
Bei einer nach ausländischem Recht gültigen Mehrehe wird – trotz des sich aus Art 6 Abs 1 GG ergebenden Prinzips der Einehe – der StPfl zumindest in dem Fall als verheiratet angesehen, wenn nur einer seiner Ehepartner unbeschränkt stpfl ist und der oder die andere(n) Ehepartner zB im Heimatland leben (s BFH BStBl I 1986, 390; Tillmann in H/H/R, § 38b EStG Rz 14 aE (Juni 2018)).
Eine bestehende Ehe ist erst mit Rechtskraft des Urteils über die Scheidung (§ 1564 S 2 BGB) oder die Aufhebung (§§ 1313 S 2, 1314 BGB) aufgelöst. Diese Regelung ist auch für das ESt-Recht maßgebend (BFH BStBl II 1973, 487; H 26 EStH 2021 "Allgemeines").
Im Todesfall des einen Ehegatten gilt die Ehe durch den Tod des Ehegatten als aufgelöst und der andere Ehegatte damit als verwitwet. Heiratet der verwitwete ArbN anschließend erneut und lässt sich danach wieder scheiden, lebt der Personenstand als Witwe(r) wieder auf (BFH BStBl III 1965, 590). Der Personenstand als Witwe(r) wird also durch eine neue Ehe nicht beseitigt, sondern ruht gewissermaßen nur während des Bestehens der neuen Ehe.
Ein StPfl, dessen Ehegatte verschollen oder vermisst ist, gilt weiterhin als verheiratet. Wird der verschollene Ehegatte für tot erklärt, gilt der Tag des Todeserklärungsbeschlusses als Todestag, so dass der andere Ehegatte von diesem Tag an als verwitwet gilt (BFH BStBl III 1956, 310; H 26 EStH 2021 "Allgemeines"; auch Schmieszek in Gosch, § 49 AO Rz 8 (Juni 2016)).
Rn. 24
Stand: EL 165 – ET: 06/2023
Von einem dauernden Getrenntleben ist auszugehen, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach dem Gesamtbild der Verhältnisse auf die Dauer nicht mehr besteht (ausführlich dazu s § 26 Rn 38–44 (Schneider)). Dabei ist
- unter Lebensgemeinschaft die räumliche, persönliche und geistige Gemeinschaft der Ehegatten und
- unter Wirtschaftsgemeinschaft die gemeinsame Erledigung der die Ehegatten gemeinsam berührenden wirtschaftlichen Fragen ihres Zusammenlebens zu verstehen (BFH BStBl II 1973, 640 und).
Im Regelfall sind die Angaben der Ehegatten, sie lebten nicht dauernd getrennt, anzuerkennen, es sei denn, dass die äußeren Umstände das Bestehen einer ehelichen Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft fraglich erscheinen lassen (BFH BStBl III 1967, 84; 1967, 110). Die in einem Scheidungsverfahren getroffenen Feststellungen zum Getrenntleben (§ 1565 BGB) sind für die steu...