Rn. 10
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Die Regelungen in § 39c Abs 1 EStG folgen dem Grundsatz, dass das ArbG bei fehlenden ELStAM die LSt nach Steuerklasse VI zu erheben hat. Nur wenn dem ArbN kein Verschulden trifft, kann die LSt vorläufig nach der den persönlichen Verhältnissen des ArbN entsprechenden Steuerklasse erhoben werden.
A. Schuldhafte Nichtmitteilung der ID-Nr oder des Geburtsdatums (§ 39c Abs 1 S 1 EStG Alt 1)
Rn. 11
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Hintergrund der Regelung des § 39c Abs 1 S 1 EStG Alt 1 ist der Ablauf des elektronischen LSt-Abzugsverfahrens. Nach § 39e Abs 4 S 1 Nr 1 EStG hat der ArbN seinem ArbG bei Beginn einer neuen Beschäftigung zum Zweck des Abrufs der ELStAM seine ID-Nr und sein Geburtsdatum mitzuteilen (s § 39e Rn 40 (Mues)). Der ArbG benötigt diese Angaben, um den ArbN in der ELStAM-Datenbank anzumelden. Nach erfolgreicher Anmeldung erhält der ArbG vom BZSt eine Anmeldebestätigung mit den aktuellen ELStAM des ArbN. Mit diesen ELStAM kann der ArbG sodann den individuellen LSt-Abzug für seinen ArbN vornehmen.
Liegen die ID-Nr oder das Geburtsdatum des ArbN nicht vor, kann der ArbG keine ELStAM abrufen und daraus folgend keinen individuellen LSt-Abzug vornehmen. § 39c Abs 1 S 1 EStG Alt 1 sieht daher vor, dass der ArbG in diesen Fällen beim LSt-Abzug grundsätzlich die Steuerklasse VI zugrunde zu legen hat, solange der ArbN die für eine Anmeldung des ArbN beim BZSt benötigten Daten schuldhaft nicht mitteilt.
Für die Frage, ob eine schuldhafte Nichtmitteilung der benötigten Daten vorliegt, soll der ArbG auf die Angaben des ArbN vertrauen dürfen, wobei für eine unterlassene Mitteilung des Geburtsdatums ein Entschuldigungsgrund schwer vorstellbar ist (so auch s Bergan/Martin in Lademann, § 39c EStG Rz 17 aE (Januar 2019)).
B. Ablehnung der Mitteilung von ELStAM durch das BZSt (§ 39c Abs 1 S 1 EStG Alt 2)
Rn. 12
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Hat der ArbN die Übermittlung der ELStAM für den ArbG (gezielt) gesperrt (§ 39e Abs 6 S 6 Nr 1 EStG, s § 39e Rn 75 (Mues)) oder beantragt, dass für ihn die Bildung der ELStAM allg gesperrt wird (§ 39e Abs 6 S 6 Nr 2 EStG, s § 39e Rn 75 (Mues)), teilt das BZSt bei Abfrage des ArbG diesem mit, dass es die Mitteilung der ELStAM ablehnt. Für diesen Fall sieht § 39c Abs 1 S 1 EStG Alt 2 ebenfalls vor, dass der ArbG beim LSt-Abzug die Steuerklasse VI zugrunde zu legen hat.
Rn. 13
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Sofern der ArbN die Sperrung nach § 39e Abs 6 S 6 Nr 1 EStG gegenüber dem ArbG aufhebt oder seinen Antrag auf allg Sperrung der Bildung von ELStAM nach § 39e Abs 6 S 6 Nr 2 EStG widerruft, greift § 39c Abs 1 S 4 EStG und der ArbG hat den LSt-Abzug rückwirkend zu korrigieren (s Rn 17f).
C. Technische Störung beim ELStAM-Abruf (§ 39c Abs 1 S 2 EStG Alt 1)
Rn. 14
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Nach § 39c Abs 1 S 2 EStG Alt 1 hat der ArbG für den LSt-Abzug in Abweichung von dem Grundsatz des § 39c Abs 1 S 1 EStG die voraussichtlichen LSt-Abzugsmerkmale iSd § 38b EStG vorläufig für eine Dauer von höchstens drei Monaten zugrunde zu legen, wenn er die ELStAM wegen technischer Störungen nicht abrufen kann. Als technische Störungen idS kommen technische Schwierigkeiten bei Anforderung und Abruf, Bereitstellung oder Übermittlung der ELStAM in Betracht sowie eine verzögerte Ausstellung der Bescheinigung für den LSt-Abzug durch das FA (BMF BStBl I 2018, 1137 Rz 98). Die vorläufig anzuwendenden LSt-Abzugsmerkmale erfassen auch etwaige Freibeträge (s Bergan/Martin in Lademann, § 39c EStG Rz 21 aE (Januar 2019)). Die FinVerw geht – zu Recht – davon aus, dass § 39c Abs 1 S 2 EStG analog angewandt werden kann in Fällen, in denen dem ArbG offensichtlich fehlerhafte ELStAM gemeldet werden (BMF BStBl I 2018, 1137 Rz 99ff).
D. Fehlendes Verschulden des ArbN (§ 39c Abs 1 S 2 EStG Alt 2)
Rn. 15
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Der ArbG hat nach § 39c Abs 1 S 2 EStG Alt 2 den LSt-Abzug in Abweichung von dem Grundsatz des § 39c Abs 1 S 1 EStG ebenfalls unter Berücksichtigung der voraussichtlichen LSt-Abzugsmerkmale iSd § 38b EStG vorläufig für eine Dauer von höchstens drei Monaten vorzunehmen, wenn der ArbN die fehlende Mitteilung seiner für die Anmeldung für das ELStAM-Verfahren notwendigen ID-Nr nicht zu vertreten hat. Dies soll etwa der Fall sein, wenn ihm noch keine ID-Nr mitgeteilt worden ist oder es bei der Vergabe der ID-Nr zu Verzögerungen kommt (BT-Drucks 17/6263, 54). Bei der Frage, ob den ArbN ein Verschulden an der unterbliebenen Mitteilung der ID-Nr trifft, soll der ArbG grundsätzlich auf die Angaben des ArbN vertrauen dürfen (so auch Bergan/Martin in Lademann, § 39c EStG Rz 23 aE (Januar 2019)).
E. Rückwirkende Anwendung des § 39c Abs 1 S 1 EStG nach drei Kalendermonaten (§ 39c Abs 1 S 3 EStG)
Rn. 16
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
§ 39c Abs 1 S 3 EStG schränkt die Regelung nach § 39c Abs 1 S 2 EStG, wonach der ArbG in bestimmten Fällen auch ohne Zugriff auf die ELStAM des ArbN beim LSt-Abzug vorläufig die individuellen (voraussichtlichen) LSt-Abzugsmerkmale des ArbN zugrunde legen darf, für den Fall ein, dass auch nach Ablauf von drei Kalendermonaten der ArbN die ID-Nr und sein Geburtsdatum noch nicht mitgeteilt hat. Hat der ArbG also wegen Fehlens der für eine Anmeldung beim BZSt notwendigen Daten des ArbN auch nach drei Monaten noch keinen Zugriff auf die ELStAM seines ArbN, ist rückwirkend § 39c Abs 1 S 1 EStG anzuwenden, und daher beim LSt-Abzug (rückwirkend) die Steuerklasse VI zugrund...