A. Bedeutung und systematische Stellung der Vorschrift
Rn. 1
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
§ 39f EStG regelt verfahrensrechtliche Besonderheiten des LSt-Abzugs bei Ehegatten bzw eingetragenen Lebenspartnern (vgl § 2 Abs 8 EStG; seit dem 01.10.2017 ist die Begründung neuer Lebenspartnerschaften nicht mehr möglich, s Art 3 Abs 3 des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts – EheRÄndG – (BGBl I 2017, 2787)) durch das sog Faktorverfahren. Durch das Faktorverfahren wird erreicht, dass bei jedem Ehegatten/Lebenspartner die steuerentlastenden Vorschriften (Grundfreibetrag und Splittingverfahren) bereits beim eigenen LSt-Abzug Berücksichtigung finden (BT-Drucks 18/4948, 20).
Ob sich Ehegatten/Lebenspartner für die Anwendung des Faktorverfahrens entscheiden, hängt letztlich von der persönlichen Situation des einzelnen StPfl ab. Die Anwendung des Faktorverfahrens führt tendenziell zu einer zutreffenderen Gesamt-LSt im Vergleich zur Steuerklassenkombination IV/IV oder III/V, bei denen es eher zu ESt-Nachzahlungen (Steuerklassenkombination III/V) oder ESt-Erstattungen (Steuerklassenkombination IV/IV) kommt. Da die Wahl des Faktorverfahrens im LSt-Abzugsverfahren keine Auswirkung auf die letztlich anfallende ESt-Schuld hat (s Rn 4), hat sie lediglich einen Zins- und Liquiditätseffekt. Eine Entscheidung für das Faktorverfahren kann sich jedoch auch aus außersteuerlichen Gründen ergeben, da zB Lohnersatzleistungen, wie das Eltern-, Arbeitslosen-, Unterhalts-, Kranken-, Versorgungskranken-, Verletzten-, Übergangs- oder Mutterschaftsgeld, von der Höhe des Nettolohns abhängen (Wagner in H/H/R, § 39f EStG Rz 6 (Juni 2018)). Dies kann zB dazu führen, dass ein Wechsel von der Steuerklassenkombination III/V zur Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktorverfahren dazu führt, dass der Ehegatte/Lebenspartner mit der bisherigen Steuerklasse V aufgrund des Wechsels zum Faktorverfahren ein höheres Arbeitslosengeld erhält, da sein Nettolohn unter Anwendung des Faktorverfahrens höher ist als unter Anwendung der Steuerklassenkombination III/V.
Rn. 2
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
§ 39f Abs 1 EStG regelt, dass Ehegatten/Lebenspartner auf Antrag beide die Steuerklasse IV wählen können, die um einen Faktor ergänzt wird, um so die Belastung durch den LSt-Abzug an die tatsächlich geschuldete Jahres-ESt anzugleichen (s Rn 10ff). Der ArbG hat nach § 39f Abs 2 EStG für die Einbehaltung der LSt die Steuerklasse IV und den Faktor anzuwenden (s Rn 30f). § 39f Abs 3 EStG regelt Einzelheiten zum Antrag auf Anwendung des Faktorverfahrens und trifft durch den Verweis auf § 39 EStG Regelungen zum Wechsel des Faktors (s Rn 35f). § 39f Abs 4 EStG schreibt abschließend vor, dass das Faktorverfahren im Programmablauf zur maschinellen Berechnung der LSt nach § 39b Abs 6 EStG durch das BMF zu berücksichtigen ist (s Rn 40ff).
B. Entstehungsgeschichte
Rn. 3
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Die Norm ist mittlerweile 5 Mal geändert worden, zuletzt durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften – EmoFöuaÄndG – v 12.12.2019 (BGBl I 2019, 2451), mit dem in § 39f Abs 1 S 1 EStG der Klammerzusatz "(§ 38b Absatz 1 Satz 2 Nummer 4)" durch den Klammerzusatz "(§ 38b Absatz 1 Satz 2 Nummer 4 erster Halbsatz)" ersetzt worden ist.
Für eine vollständige Übersicht über die Rechtsentwicklung des § 39f EStG bis zum Gesetz zur Bekämpfung der Steuerumgehung und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) – v 23.06.2017 (BGBl I 2017, 1682) s Wagner in H/H/R, § 39f EStG Rz 2 (Juni 2018)).
C. Anwendungsbereich
Rn. 4
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
In sachlicher Hinsicht beschränkt sich die Norm auf das LSt-Abzugsverfahren bei Ehegatten/Lebenspartnern, die beide Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit/Arbeit beziehen. Für das Veranlagungsverfahren hat die Norm dagegen keine Bedeutung (Wagner in H/H/R, § 39f EStG Rz 4 (Juni 2018)).
In persönlicher Hinsicht betrifft das Faktorverfahren grds nur unbeschränkt stpfl Ehegatten/Lebenspartner, die ArbN sind, Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit/Arbeit beziehen und für die LSt-Abzugsmerkmale gebildet worden sind. Darüber hinaus jedoch auch für alle anderen unbeschränkt stpfl ArbN nach § 1 Abs 2 o 3 EStG, die gemäß § 39 Abs 3 S 1 EStG auf Antrag eine Bescheinigung für den LSt-Abzug erhalten und die Steuerklassenkombination IV/IV mit Faktor gewählt haben (Wagner in H/H/R, § 39f EStG Rz 4 (Juni 2018); Thürmer in Blümich, § 39f EStG Rz 41 aE (Juni 2018); Seifert in Korn, § 39f EStG Rz 21 (September 2016)).
D. Verhältnis zu anderen Vorschriften
Rn. 5
Stand: EL 152 – ET: 08/2021
Die vom BZSt gebildeten ELStAM umfassen bei der Wahl des Faktorverfahrens auch den vom FA ermittelten Faktor, den dieses gemäß § 39e Abs 1 S 2 EStG dem BZSt übermitteln muss (s § 39e Rn 12 (Mues)).
Wird von den Ehegatten/Lebenspartnern das Faktorverfahren gewählt, scheidet ein LStJA durch den ArbG aus (§ 42b Abs 1 S 3 Nr 3b EStG, s § 42b Rn 40 (Pust)); es liegt ein Fall der Pflichtveranlagung vor (§ 46 Abs 2 Nr 3a EStG, s § 46 Rn 40 (Barein)).
Die Wahl der S...