Rn. 16

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Der Schuldenerlass muss zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung erfolgen. Was unter einer unternehmensbezogenen Sanierung zu verstehen ist, bestimmt § 3a Abs 2 EStG. Mit der Aufnahme der Legaldefinition in Abs 2 knüpft der Gesetzgeber an die zu § 3 Nr 66 EStG aF entwickelte Rspr an (BFH v 27.11.2020, X B 63/20, EStB 2021, 203). Demnach sind die Tatbestandsmerkmale einer "unternehmensbezogenen Sanierung" iSv § 3a Abs 1 u 2 EStG bereits hinreichend durch die zu § 3 Nr 66 EStG aF ergangene Rspr geklärt. Denn bereits dort waren die unternehmensbezogene von der unternehmerbezogenen Sanierung abzugrenzen, und – anders als die unternehmensbezogene – fällt die unternehmerbezogene Sanierung nur unter engen Voraussetzungen in den Anwendungsbereich des § 3a Abs 1 EStG.

Voraussetzung für die Annahme einer unternehmensbezogenen Sanierung ist die Erfüllung der folgenden vier Kriterien (vgl BT-Drucks 18/12128, 31):

  • die Sanierungsbedürftigkeit,
  • die Sanierungsfähigkeit,
  • Sanierungseignung,
  • Sanierungsabsicht.

Diese Kriterien sind bereits aus dem oben genannten Sanierungserlass (s Rn 1) bekannt, der insofern auch weiterhin ergänzend heranzuziehen ist, solange kein gesondertes Verwaltungsschreiben zu § 3a EStG ergeht. Zusätzlich sind allerdings auch die zwischenzeitlich von der Rspr entwickelten Konkretisierungen zu berücksichtigen.

Der StPfl hat die Voraussetzungen für das Vorliegen dieser Kriterien nachzuweisen; dadurch besteht faktisch ein Wahlrecht für den StPfl, ob er von der Möglichkeit der Anwendung des § 3a EStG Gebrauch machen möchte; denn eine Amtsermittlung ist nicht vorgesehen (Desens, FR 2017, 981, 984). Die Folge ist eine Durchbrechung des in § 88 AO verankerten Amtsermittlungsgrundsatzes.

Entscheidend für die Anerkennung des steuerfreien Sanierungsertrags ist, dass die vier Tatbestandsvoraussetzungen im Zeitpunkt des Schuldenerlasses auch tatsächlich vorliegen. Sollte nur eine der Tatbestandsvoraussetzungen fehlen, so ist eine Steuerbefreiung in Gänze ausgeschlossen (BT-Drucks 18/12128, 31).

a) Die Sanierungsbedürftigkeit

 

Rn. 17

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Die Sanierung muss darauf gerichtet sein, ein Unternehmen oder einen Unternehmensträger (natürliche Person, PersGes, juristische Person) vor dem finanziellen Zusammenbruch zu bewahren und wieder ertragsfähig zu machen (= unternehmensbezogene Sanierung). Dies erfordert zunächst die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens. Sie bemisst sich nach verschiedenen Kriterien, die zum Zeitpunkt des Erlasses nach § 3a Abs 1 EStG zu beurteilen sind (vgl BFH v 27.11.2020, X B 63/20, EStB 2021, 203; BFH v 16.05.2002, BStBl II 2002, 854 nv; OFD Nds v 12.07.2017, S 2140–8 – St 244). Dies sind insb

  • die Unternehmensform,
  • die Ertragslage,
  • der BV-Vergleich vor und nach der Sanierung,
  • die Kapitalverzinsung,
  • die Liquidität,
  • die Schuldenlast,
  • die Gesamtleistungsfähigkeit und
  • das PV.

Falls mehrere Gläubiger an der Sanierung partizipieren, ist die Tatbestandsmäßigkeit zu vermuten (Beschluss des BFH v 28.11.2016, GrS 1/15, BStBl II 2017, 393 mwN). Jedenfalls kann wohl von einer Sanierungsbedürftigkeit ausgegangen werden, wenn ein Insolvenzantragsgrund (zB drohende Zahlungsunfähigkeit iSd § 18 InsO) vorliegt.

Eine bloße Überschuldung führt nicht zwangsläufig zur Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens (BFH v 14.02.1990 – I R 129/85, BStBl II 1990, 955). Sanierungsbedürftigkeit besteht im Regelfall jedoch, wenn das Unternehmen ohne die Sanierung nicht fortgeführt werden kann und es wirtschaftlich zu einem Zusammenbruch des Unternehmens kommt.

 

Rn. 18

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

vorläufig frei

aa) Sanierungsbedürftigkeit des Einzelunternehmers

 

Rn. 18a

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Ein Einzelunternehmen iSd § 3a Abs 2 EStG ist sanierungsbedürftig, wenn das Unternehmen derart verschuldet ist, dass dessen wirtschaftliche Existenz bedroht ist und ohne einen Schuldenerlass nicht ertragbringend weitergeführt werden kann (BFH v 12.12.2013, X R 39/10, BStBl II 2014, 572).

Bei der Überprüfung der Sanierungsbedürftigkeit ist nicht nur das BV des StPfl in Augenschein zu nehmen, sondern auch sein PV bzw das der persönlich haftenden Gesellschafter (BFH v 12.12.2013, X R 39/10, BStBl II 2014, 572; BFH v 10.04.2001, IV R 63/01, BStBl II 2004, 9). Ein steuerfreier Sanierungsgewinn kann nicht angenommen werden, wenn der Schuldenerlass das sanierungsbedürftige Unternehmen zwar vor der Liquidation bewahrt, die dauerhafte Ertrags- bzw Zahlungsfähigkeit für die Zukunft aber nicht gesichert werden kann (BFH v 12.12.2013, X R 39/10, BStBl II 2014, 572).

ab) Sanierungsbedürftigkeit einer Körperschaft

 

Rn. 18b

Stand: EL 155 – ET: 12/2021

Bezugspunkt zur Prüfung der Sanierungsbedürftigkeit einer Körperschaft ist nur die Körperschaft selbst. Objektive Umstände müssen darauf hindeuten, dass ohne Sanierungsmaßnahme die Körperschaft nicht rentabel und ertragsfähig fortzuführen ist. Umstritten ist, ob bereits eine Kreditunwürdigkeit ausreicht oder erst mit Vorlage eines Insolvenzantragsgrunds (zB drohende Zahlungsunfähigkeit iSd § 18 InsO) die Sanierungsbedürftigkeit erfüllt ist (Kreditunwürdigkeit ausreichend: Förster/H...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Steuer Office Excellence enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge