Rn. 33
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Ist die Sanierung nach § 3a Abs 2 EStG nicht unternehmensbezogen, sondern unternehmerbezogen (vor allem bei Mitunternehmerschaften), kann es zu einer entsprechenden Steuerbefreiung kommen bei:
- Restschuldbefreiungen nach §§ 286 ff InsO, hier ist eine Rückwirkungsproblematik iVm § 175 Abs 1 S 2 AO zu antizipieren (Uhländer, DB 2017, 1224, 1229) und
- Schuldenerlässen (nur iR eines Verbraucherinsolvenzverfahrens, §§ 304 ff InsO, oder Schuldenbereinigungsplans mit Zustimmung im Verfahren, ggf gerichtlich durchgesetzt).
Insofern geht die Regelung weiter als der Sanierungserlass, der nur unternehmensbezogene Sanierungen erfasste.
Die Voraussetzungen iSd § 3a Abs 2 EStG müssen nicht vorliegen, dh für die Steuerfreiheit ist es unerheblich, ob Sanierungsbedürftigkeit und Sanierungseignung vorliegen. Darüber hinaus bedarf es auch nicht der Nachweis- und Mitwirkungspflicht des Unternehmers (Desens, FR 2017, 981, 984). Der sich aus einer erteilten Restschuldbefreiung nach §§ 286ff InsO ergebende streufreie Sanierungsertrag ist grds erst im Jahr der Schuldenbefreiung zu erfassen (BFH v 03.02.2016, X R 25/12, BStBl II 2016, 391 Rz 46; BFH v 13.12.2016, X R 4/15, BStBl II 2017, 786 Rz 25), es sei denn, es handelt sich bei der erteilten Restschuldbefreiung um ein rückwirkendes Ereignis iSd § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO. Dann erfolgt die Berücksichtigung des Gewinns aus der Restschuldbefreiung nach den allg Grundsätzen, dh im Jahr der BA (BT-Drucks 18/12128, 33). Um ein rückwirkendes Ereignis handelt es sich zB, wenn aufgrund einer Restschuldbefreiung Verbindlichkeiten, die bislang in einer Betriebsaufgabebilanz erfasst waren, ausgebucht werden. Die Restschuldbefreiung muss also mit einer früheren Betriebsaufgabe im Zusammenhang stehen (BFH v 13.12.2016, X R 4/15, BStBl II 2017, 786 Rz 25). Entscheidend ist, dass der Sanierungsertrag zu einer BV-Mehrung oder einer BE führt. Auch iRd § 3a Abs 5 EStG erfolgt der Untergang des Verlustpotenzials iSd Abs 3. Steuerliche Wahlrechte sind hingegen nicht auszuüben (Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml ua, § 3a EStG Rz 175).
Die Regelung wurde abschließend gefasst, sodass der nicht unbedeutende Fall des Insolvenzplans, der (nur) auf die Entschuldung des Unternehmers abzielt, nicht erfasst wird. Es scheint, als habe der Gesetzgeber diese Konstellation schlicht übersehen, vor allem vor dem Hintergrund, dass die in § 3a Abs 5 EStG genannte Restschuldbefreiung den auf die Entschuldung gerichteten Insolvenzplan lediglich zeitlich nach vorne verlagern soll (Krumm in Blümich, § 3a EStG Rz 29a; Seer in Kirchhof/Seer, § 3a EStG Rz 64 (20. Aufl 2021); Sommer in Frotscher/Geurts, § 3a EStG Rz 86). Da die Restschuldbefreiung grds erst nach einer Wohlverhaltensphase von sechs Jahren gemäß §§ 287 Abs 2, 300 Abs 1 S 1, 301 InsO eintritt, widerspricht der Anwendungsbereich den Art 20, 21 der EU-RestrukturierungsRL (RL (EU) 2019/1023 v 20.06.2019, ABl EU 2019 L 172, 18), wonach die EU-Mitgliedstaaten ein Verfahren beibehalten müssen, das innerhalb eines Zeitraums von maximal drei Jahren zu einer vollständigen Entschuldung führen kann. Zur Vermeidung einer Unionsrechtswidrigkeit sollte der Gesetzgeber somit bis zum 17.07.2021 (spätester Zeitpunkt zur Umsetzung in das nationale Recht) diesen Anwendungsbereich erweitern (Seer in Kirchhof/Seer, § 3a EStG Rz 66 (20. Aufl 2021)).
Rn. 34–35
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
vorläufig frei