A. Zweck der Vorschrift
Rn. 10
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Ausweislich der Gesetzesbegründung liegt der dogmatische Sinn der Vorschrift darin, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des zu sanierenden Unternehmens im Steuerrecht abzubilden und diesem Rechtsicherheit zu gewähren. Zudem soll der Schutz des wirtschaftlichen Interesses des Gläubigers am Fortbestand des zu sanierenden Unternehmens gesichert werden (vgl BT-Drucks 18/12128, 31).
Rn. 11
Stand: EL 155 – ET: 12/2021
Die Sanierung eines Unternehmens kann auf verschiedenen Wegen erreicht werden. Typische Bsp für zivil- oder insolvenzrechtliche Sanierungsmaßnahmen sind
Steuerliche Folge einiger der zivilrechtlichen Sanierungsmaßnahmen (insb des Forderungsverzichts) ist die Gewinnerhöhung, die aufgrund des Wegfalls der Verbindlichkeit in der StB eintritt und die außerbilanziell nur insoweit als (verdeckte) Einlage korrigiert wird, als die Verzichtsforderung nicht mehr werthaltig ist (st Rspr seit BFH v 09.06.1997, GrS 1/94, BStBl II 1998, 307).
Dieser stpfl "Scheingewinn" bildet allerdings gerade nicht die tatsächliche Leistungsfähigkeit des sanierungsbedürftigen Unternehmens ab und ist daher aus verfassungsrechtlichen Gründen unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei zu stellen (vgl Seer, FR 2010, 306, 307; aA Uhländer, DB 2017, 923, 930). Der Staat würde ansonsten an einem kurzfristigen Sanierungserfolg partizipieren, während die übrigen Gläubiger ihrerseits (weitere) Zugeständnisse zur Begleichung der Steuerlast machen müssten. Die Besteuerung träfe damit den Unternehmer zur Unzeit (Krumm, DB 2015, 2714).
Diesem Widerspruch zwischen dem Insolvenzrecht und den steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften war seit der Abschaffung des § 3 Nr 66 EStG aF nur über den Erlassweg bzw durch Billigkeitsmaßnahmen beizukommen. Nunmehr sollen die Regelungen des § 3a EStG iVm § 8 KStG für das ESt- und KSt-Rrecht sowie deren gewerbesteuerliche Parallelnorm (§ 7b GewStG) dieses Spannungsverhältnis auflösen.
B. Geltungsbereich der Vorschrift
1. Sachlicher Anwendungsbereich
Rn. 11a
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Der sachliche Anwendungsbereich des § 3a EStG umfasst BV-Mehrungen oder BE, die aus einem Schuldenerlass stammen. Dies gilt nach der Gesetzesbegründung für jedes Unternehmen (BT-Drucks 18/12128, 31). Der Anwendungsbereich des § 3a EStG ist also auf Gewinneinkünfte beschränkt, unabhängig davon, ob sie ihren Gewinn mittels BV-Vergleich oder EÜR (§ 4 Abs 3 EStG) ermitteln. Allerdings führt, "da im Rahmen der EÜR das Zu- und Abflussprinzip gilt" der Erlass von Verbindlichkeiten nur dann zu einer BV-Mehrung, wenn eine Verbindlichkeit wegfällt, deren Eingehung AK ausgelöst hat (BFH v 31.08.1972 – IV R 93/67, BStBl II 1973, 51). Ansonsten wird erst die Leistung auf die Verbindlichkeit, nicht aber der Erlass derselbigen von § 4 Abs 3 EStG erfasst.
Ausnahmsweise ist § 3a EStG auch auf Landwirte anwendbar, sofern sie ihren Gewinn nach § 13a EStG ermitteln und einen Sondergewinn nach § 13a Abs 7 EStG ausweisen, der nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt wurde.
IRd § 5a EStG ist eine Anwendung ausgeschlossen.
Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf Überschusseinkünfte ist mE ebenfalls ausgeschlossen (Förster/Hechtner, DB 17, 1536). Dies hängt damit zusammen, dass sowohl § 3a EStG als auch der seinerzeit gültige § 3 Nr 66 EStG aF im steuerlichen Kontext als Sozialzweck- oder auch Lenkungsnorm fungiert bzw fungierte und dementsprechend zwar einer weiten Auslegung zugänglich ist, sich im Umkehrschluss aber einer analogen Anwendung verschließt (Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml ua, § 3a EStG Rz 2). Folgerichtig kommen für andere Einkunftsarten höchstens Billigkeitsmaßnahmen nach §§ 163, 227 AO in Betracht.
2. Persönlicher Anwendungsbereich
Rn. 11b
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Hinsichtlich des persönlichen Anwendungsbereichs gilt die Vorschrift sowohl für unbeschränkt estpfl Personen (§ 1 Abs 1 EStG) als auch über den Verweis in § 8 Abs 1 KStG für unbeschränkt kstpfl Subjekte. § 15 S 1 KStG erweitert den Anwendungsbereich auf Organschaften. Auch beschränkt EStPfl und KStPfl (§ 1 Abs 4 EStG; § 8 Abs 1 KStG) werden vom Anwendungsbereich des § 3a EStG erfasst, wenn sie Einkünfte nach § 49 Abs 1 Nr 1–3 EStG erzielen.
§ 3a EStG findet mithin auch auf solche Gewinne Anwendung, die im Ausland erzielt werden, aber der deutschen Steuer unterliegen, § 1 Abs 1 EStG, § 1 Abs 2 KStG (Welteinkommensprinzip). Verzichtet oder erlässt ein Gläubiger mit Sitz im Ausland dem sanierungsbedürftigen Unternehmen eine Forderung oder Schuld, so ist am Maßstab des ausländischen Zivilrechts zu prüfen, ob der Erlass beim inländischen Unternehmen zu einer ertragswirksamen Ausbuchung der Verbindlichkeit führt (Hallerbach in H/H/R, § 3a EStG Rz 10; Kanzler in Kanzler/Kraft/Bäuml ua, § 3a EStG Rz 8).
C. Verhältnis zu anderen Vorschriften
Rn. 11c
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Verhältnis zum KStG
§ 3a EStG und § 3c Abs 4 EStG finden über § 8 Abs 1 S 1 KStG auch iRd KSt Anwendung. Allerdin...