Dr. jur. Lukas Karrenbrock
a) Auskehrung des Nennkapitals als Liquidationserlös iSd § 17 EStG
Rn. 143
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Liquidationsverluste aus einer einnahmelosen Beteiligung unterliegen ebenfalls dem Teilabzugsverbot, wenn nur das Nennkapital an den Anteilseigner ausgekehrt wird. Nach der Rspr des BFH sind das Teileinkünfteverfahren und das Teilabzugsverbot auch im Verlustfall anzuwenden, wenn das Stammkapital in Form von Liquidationsraten an den Gesellschafter iSv § 17 Abs 1, 4 EStG zurückgezahlt wird (BFH v 06.05.2014, IX R 19/13, BStBl II 2014, 682). Der BFH begründet das Ergebnis damit, dass die Liquidation einer KapGes einer Veräußerung iSd § 17 Abs 4 S 1 EStG gleichzustellen ist (BFH V 06.05.2014, aaO, Rz 16). Der BFH hat jedoch in seiner Entscheidung klargestellt, dass auch Geldzuwendungen als zurückgezahltes Vermögen der KapGes an den Anteilseigner als Liquidationserlös anzusehen sind, die nach § 3 Nr 40 S 1 Buchst c EStG teilweise stpfl sind (BFH v 06.05.2014, aaO, Rz 17). Demzufolge ist beim Liquidationsverlust das Teilabzugsverbot des § 3c Abs 2 S 7 EStG nF anzuwenden, wenn Nennkapital iRd Liquidation an den Anteilseigner ausgekehrt wird. Denn die (anteilige) Rückzahlung des Stammkapitals steht der Veräußerung des Anteils iSv § 17 Abs 1 S 1 EStG gleich (Schneider in K/S/M, § 17 EStG, Rz E 70, 259. EL).
Die Rspr des BFH ist zu Anteilen iSd § 17 EStG ergangen; sie dürfte ebenso für Auflösungsverluste aus KapGes, die im BV gehalten werden, gelten (glA Förster, GmbHR 2010, 1009 (1010).
Rn. 144
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Die zuvor genannte Entscheidung des BFH v 06.05.2014 ist zwar zur alten Rechtslage des § 3c Abs 2 EStG ergangen, dürfte aber auch für VZ ab 2011 nach Einführung der Neuregelung des § 3c Abs 2 S 7 EStG nF anzuwenden sein. Die Entscheidung des BFH ist insoweit zu kritisieren. Der BFH unterscheidet zwischen dem steuerlichen Einlagenkonto (Kapitalrücklage gemäß § 272 Abs 2 HGB) und dem Nennkapital, obwohl es sich in beiden Fällen um Einlagen des Gesellschafters handelt. Denn nach Ansicht des BFH kommen die Regeln nicht zur Anwendung bei Rückzahlungen aus dem steuerlichen Einlagekonto gemäß § 27 KStG, sondern nur bei der Auskehrung des Nennkapitals (= Vermögen der KapGes). Die Verluste sind im Liquidationsfall endgültig und es kommt auf Ebene der KapGes zu keiner steuerlichen Entlastung. Auf Ebene des Anteilseigners wiederum werden die Verluste nur anteilig zum Abzug zugelassen. Dies widerspricht dem System des Halb- bzw Teileinkünfteverfahrens, da das Teilabzugsverbot nur gelten soll, wenn Einnahmen nur anteilig zu 50 % bzw 60 % stpfl sind (s Bode, FR 2014, 987 (989), Anm zu BFH v 06.05.2014). Nach einer Ansicht in der Literatur soll – entgegen dem gesetzgeberischen Willen der Neuregelung – ein endgültiger Verlust von Stammkapital und Einlagen auf Ebene des Gesellschafters in voller Höhe zum Abzug zuzulassen sein (Bareis, FR 2015, 1 (6)).
Die Anwendung des Teilabzugsverbots ist bei Auskehrung des Nennkapitals zwar kritisch zu sehen, allerdings entspricht sie dem Willen des Gesetzgebers. Nach dem Wortlaut des § 3c Abs 2 S 7 EStG nF ist ausdrücklich nur noch eine Einnahmeerzielungsabsicht erforderlich.
b) Einnahmeerzielungsabsicht bei unentgeltlicher Übertragung der Beteiligung
Rn. 145
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Bei unentgeltlicher Übertragung der Beteiligung an einer KapGes (Schenkung oder Erbfall) ist die Einnahmeerzielungsabsicht des Rechtsvorgängers dem Rechtsnachfolger zuzurechnen (Pung in D/P/M, § 3 c EStG Rz 63, 84. EL; kritisch Förster, GmbHR 2010, 393 (397)). Nach der Rspr des BFH zur Vererblichkeit des Verlustabzugs nach § 10d EStG tritt der Erbe zwar als Gesamtrechtsnachfolger in die Stellung des Erblassers ein, allerdings gehen höchstpersönliche Verhältnisse nicht auf den Erben über (vgl BFH v 17.12.2007, GrS 2/04, BStBl II 2008, 608 (614)). Da das Besteuerungsmerkmal der Einnahmeerzielungsabsicht ein anteilsbezogenes Besteuerungsmerkmal und somit keine höchstpersönliche Rechtsposition des Rechtsvorgängers ist, erfolgt daher eine Zurechnung auch beim Rechtsnachfolger.
c) Nachträglicher Schuldzinsenabzug nach Veräußerung der Beteiligung
Rn. 146
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Unklar ist, ob ein nachträglicher Abzug von Schuldzinsen möglich ist, wenn die Beteiligung iSd § 17 EStG veräußert wurde, aber das Finanzierungsdarlehen mit dem Kaufpreis nicht abgelöst werden kann (nachträgliche WK). Bei Beteiligungen unter 1 % stellt sich die Frage des nachträglichen Schuldzinsenabzugs nicht, da das WK-Abzugsverbot nach § 20 Abs 9 EStG greift.
Fraglich ist, ob bei Beteiligungen von mehr als 1 % im PV ein vorrangiger Veranlassungszusammenhang mit Einkünften gemäß § 17 EStG besteht und somit nachträgliche Schuldzinsen noch abgezogen werden können (zustimmend Pung in D/P/M, § 3c EStG Rz 63, 84. EL; kritisch Förster, GmbHR 2011, 393 (398)). Zur alten Rechtslage nach dem Anrechnungsverfahren (VZ 2001) hatte der BFH noch entschieden, dass Schuldzinsen wie nachträgliche BA als WK bei den Einkünften aus KapVerm abgezogen werden können (BFH v 16.03.2010, VIII R 20/08, BStBl II 2010, 787).
Ab dem VZ 2009 (AbgSt) können nach Ansicht des BFH nachträgliche WK nach § 20 Abs 9 S 1 EStG nicht mehr geltend gemacht werden (BFH v 21.10.2014, VIII...