Dr. jur. Lukas Karrenbrock
a) Teil-/Unentgeltliche Nutzungsüberlassung mit Besserungsabrede
Rn. 127
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
In der Krise der KapGes kann der Gesellschafter für die Nutzungsüberlassung des WG auf ein (Teil-)Entgelt verzichten. In diesem Fall kommt die Gestaltungsmöglichkeit in Betracht, den Verzicht auf die Miete/Pacht mit einer Besserungsabrede zu verbinden.
Während der teil-/unentgeltlichen Nutzungsüberlassung ist das Teilabzugsverbot des § 3c Abs 2 S 6 EStG anzuwenden. Tritt jedoch der Besserungsfall ein und werden die Mieten nachträglich gezahlt, stellt sich die Frage, ob ein rückwirkendes Ereignis iSd § 175 Abs 1 S 1 Nr 2 AO vorliegt. Der BFH hat im Zusammenhang mit dem Forderungsverzicht entschieden, dass der Eintritt des Besserungsfalls kein rückwirkendes Ereignis darstellt (BFH v 30.05.1990, I R 41/87, BStBl II 1991, 588). Unklar ist daher, ob die nachträgliche Zahlung der Miete/Pacht rückwirkend zur vollen Abziehbarkeit der Aufwendungen führt.
In der Literatur wird die Ansicht vertreten, dass ein rückwirkendes Ereignis vorliegen soll; andernfalls bliebe es bei der Anwendung von § 3c Abs 2 EStG, obwohl mit den nachträglichen Pachteinnahmen in voller Höhe BE vorliegen würden (Pung in D/P/M, § 3c EStG Rz 107, 84. EL; glA Ott, DStZ 2016, 14 (18)). Diese Gestaltungsmöglichkeit birgt daher das Risiko, dass BA/WK nicht abzugsfähig sind, wenn die Steuerfestsetzung endgültig wird und keine Korrekturvorschrift gemäß §§ 173ff AO greift. Nach Ansicht des BFH wirkt eine Vereinbarung, dass der Bedingungseintritt nach §§ 158, 159 BGB zurückbezogen werden soll, nur schuldrechtlich. Aus steuerrechtlicher Sicht hat jedoch der Bedingungseintritt keine rückwirkende Kraft (BFH v 30.05.1990, I R 41/87, BStBl II 1991, 588). Aufgrund dieser Rspr des BFH besteht die Gefahr, dass die schuldrechtlich rückwirkende Vereinbarung einer Besserungsabrede steuerlich nicht anerkannt wird.
b) Disquotale Nutzungsüberlassung
Rn. 128
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Die Anwendung des Teilabzugsverbots kann durch eine sog disquotale Nutzungsüberlassung überlagert werden. Im Fall der disquotalen Nutzungsüberlassung ist der Gesellschafter zu weniger als 100 % an der KapGes beteiligt, aber er überlässt ein WG, das zu 100 % in seinem Alleineigentum steht, dieser KapGes.
Nach der Rspr des BFH können die Aufwendungen nicht zu einem über die Beteiligungsquote des Gesellschafters hinausgehenden Bruchteil berücksichtigt werden, wenn das Abzugsverbot des § 12 Nr 1 u 2 EStG zur Anwendung kommt (BFH v 25.07.2000, VII R 35/99, BStBl II 2001, 698). Das Abzugsverbot des § 12 EStG greift nur dann nicht ein, wenn die Nutzungsüberlassung einem Fremdvergleich standhält und auch von einem Gesellschafter, der den übrigen Gesellschaftern der GmbH fern steht, zu den gleichen Konditionen bewilligt worden wäre (hypothetischer Fremdvergleich). Der überquotale Anteil ist vorrangig nach § 12 EStG nicht abziehbar und nur der quotale Anteil, der der Beteiligung des Gesellschafters an der KapGes entspricht, unterliegt dem Abzugsverbot des § 3c Abs 2 S 6 EStG (zur disquotalen Nutzungsüberlassung iRd § 3c EStG vgl Ott, DStZ 2016, 14 (19); Desens in H/H/R, § 3c EStG Rz 79, 292. EL).
Rn. 129
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
Beispiel 1:
An einer GmbH sind der Vater (V) 40 % und der Sohn (S) zu 60 % beteiligt. V hält die Beteiligung im BV; er überlässt der GmbH eine Immobilie zu 50 % der ortsüblichen Miete. Die Immobilie befindet sich im BV seines Einzelunternehmens. Die Aufwendungen für die Immobilie belaufen sich auf EUR 10 000.
Lösung
Für den entgeltlichen Teil der Nutzungsüberlassung kann V 50 % der BA (EUR 5 000) in voller Höhe abziehen. Da ein fremder Dritter keinen disquotalen Beitrag geleistet hätte, sind 60 % des unentgeltlichen Anteils (EUR 3 000) nach § 12 EStG nicht zu berücksichtigen. Die verbleibenden BA von EUR 2 000 sind nur zu 60 % nach § 3 Abs 2 S 6 EStG abziehbar (EUR 1 200). Insgesamt kann V daher EUR 6 200 in seinem Einzelunternehmen als BA geltend machen.
Beispiel 2:
Sachverhalt wie oben, allerdings überlässt V die Immobilie unentgeltlich.
Lösung
Hinsichtlich des überquotalen Anteils von 60 % sind die BA (EUR 6 000) nach § 12 EStG bereits nicht abziehbar. Die verbleibenden EUR 4 000 können nach § 3c Abs 2 S 6 EStG nur zu 60 % berücksichtigt werden. Demzufolge sind BA bis zu einem Betrag von EUR 2 400 abziehbar.
Rn. 130–131
Stand: EL 147 – ET: 11/2020
vorläufig frei