Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
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Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Die Aufwendungen werden nach § 4 Abs 5 S 1 Nr 7 EStG um den unangemessenen Teil gekürzt. Unangemessen ist eine Aufwendung, wenn sie den als normal empfundenen Aufwand auffällig übersteigt. Die Formulierung "offensichtlich unangemessen" ist zwar nicht in das Gesetz aufgenommen worden, das kann aber nicht bedeuten, dass der Ermessensspielraum des StPfl bei der Entscheidung über seine Aufwendungen in diesem Bereich nicht mehr besteht. Wenn der StPfl entscheiden kann, ob er eine Aufwendung tätigt und in welcher Art und Weise er dieses macht, entscheidet er ohnehin auch über den Umfang der Aufwendung.
Nicht jede über das Normale hinausgehende Aufwendung ist bereits unangemessen. Normalerweise steigert sich mit dem Aufwand auch die Qualität. So ist zB ein teurer Pkw idR auch leistungsfähiger und sicherer. Die Rspr fordert in diesem Zusammenhang eine Einzelfallbetrachtung (BFH BStBl II 1990, 575; 2014, 679). Deshalb ist im konkreten Fall eine Kosten-Nutzen-Analyse eines ordentlichen und gewissenhaften Unternehmers durchzuführen (BFH BStBl II 1985, 458; 2014, 679; 2017, 526; Kirchhof/Grezelius, § 4 EStG Rz 221; vgl auch H 4.10 Abs 12 S 1 EStH 2021 "Angemessenheit"). So ist zB der Umfang der betriebsbedingten Fahrleistung eines Luxus-Pkw von Bedeutung. Es stellt sich hier allgemein die Frage, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer – ungeachtet seiner Freiheit, den Umfang seiner Erwerbsaufwendungen selbst bestimmen zu dürfen – angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen haben würde (BFH BStBl II 1985, 458; 2014, 679).
Obwohl "unangemessen" sich dem Wortlaut nach auf die Art der Aufwendung beziehen kann, erlaubt § 4 Abs 5 S 1 Nr 7 EStG mE nur eine Korrektur, wenn die Aufwendungen unangemessen hoch sind und nicht eine Nichtanerkennung der ganzen Aufwendung als BA (aA BFH BStBl II 1990, 575). Indirekt ist allerdings die Minderung der Aufwendungen auch eine Entscheidung über die Art der Aufwendung, denn wenn von den für einen Ferrari aufgewendeten zB 80 000 EUR nur 40 000 EUR als angemessen anerkannt werden, dann entscheidet man damit auch, welcher andere Wagen auf dem Markt den betrieblichen Bedürfnissen gerecht werden könnte und was dieser Wagen kosten dürfte (BFH BStBl II 1979, 387).
In der Rspr sind beispielsweise folgende Kürzungen bei Pkw vorgenommen worden:
- FG Mchn vom 20.11.1999, 8 K 3912/96, DStRE 1999, 897: von 227 193 DM AK für einen Ferrari auf Netto-AK 100 000 DM;
- FG Nbg vom 28.02.2008, IV 94/2006, DStRE 2008, 1116: von 232 855 DM AK für einen Porsche 911 Turbo Coupe auf 70 000 DM;
- FG Sa EFG 2009, 307: Begrenzung auf 100 000 DM AK;
- FG BBg EFG 2018, 159: Begrenzung auf Netto-AK von 100 000 EUR
- FG BdW EFG 2016, 1833: Aufwendungen eines Zahnarztes für einen Ferrari unangemessen, so dass ein Vorsteuerabzug nicht gegeben ist; Vorsteuerabzug lediglich aus dem angemessenen Teil der Aufwendungen von 2 EUR je gefahrenem Kilometer.
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Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Eine Aufwendung ist ungemessen hoch, wenn kein sachlicher betrieblicher Grund für die Aufwendung dieser Höhe erkennbar ist. Absolute Grenzen für die AK bestehen nicht (BFH BStBl II 1987, 853; BFH/NV 2002, 1145; BFH vom 04.06.2009, IV B 53/08). Es kommt – wie schon erwähnt – auf den Einzelfall an. Die AK serienmäßig hergestellter Fahrzeuge sind idR nicht unangemessen (BFH BFH/NV 1988, 356).
Ein sachlicher Grund ist auch die Repräsentation. Die Repräsentation muss der Art und Größe des Unternehmens, der Bedeutung des Repräsentationsbedarfs (BFH BFH/NV 2002, 1145), der Kundschaft, dem Standort usw entsprechen. Neben der Größe des Unternehmens, der Höhe des längerfristigen Umsatzes und des Gewinns sind vor allem die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg nach der Art der ausgeübten Tätigkeit und seine Üblichkeit in vergleichbaren Betrieben als Beurteilungskriterien heranzuziehen (H 4.10 Abs 12 EStH 2021 "Angemessenheit" S 2).
Es kann auch entscheidungserheblich sein, ob es einen objektiven Grund für den angeblichen Mehraufwand gibt. Unter diesem Gesichtspunkt kann von Bedeutung sein, ob der Aufwand durch ein günstiges "Gegengeschäft ausgelöst wurde, das ohne entsprechende Koppelung nicht zustande gekommen wäre" (BFH BStBl II 1987, 108; 2014, 679). Schließlich ist auch zu beachten, wie weit die private Lebenssphäre des StPfl berührt wird (vgl BFH vom 04.06.2009, IV B 53/08; BFH BStBl II 1987, 853; 2014, 679; BFH/NV 1988, 356; 1989, 362). Allerdings ist nur die Repräsentation des Betriebes ein sachlicher Grund, nicht die des StPfl persönlich. Bei Beachtung aller Umstände des Einzelfalles ist dann eine Abwägung vorzunehmen (BFH BStBl II 2014, 679).
Der in der Vorschrift enthaltene Begriff der "allgemeinen Verkehrsauffassung" ist in der Weise auszulegen, dass es nicht auf die Verkehrsanschauung der beteiligten Wirtschaftskreise ankommt, sondern die Angemessenheitsprüfung nach der Anschauung breiter Bevölkerungskreise erfolgen muss (BFH BFH/NV 2002, 1145...