Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 1503
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Soweit die Land- und Forstwirte, Selbstständigen und Gewerbetreibenden nicht buchführungspflichtig sind, haben sie ein Wahlrecht. Sie können wählen, ob sie den Gewinn nach § 4 Abs 1 EStG durch Bestandsvergleich oder in vereinfachter Form der Ermittlung nach § 4 Abs 3 EStG (BFH BFH/NV 2021, 1191 mwN) durch Überschuss der BE über die BA ermitteln wollen.
Bei der Gewinnermittlung von PersGes mit freiberuflichen Einkünften ist jedoch zu beachten, dass bei einer solchen PersGes, die keine Bücher führen muss, der Gewinn im Gesamthandsbereich und in den Sonderbereichen der einzelnen Gesellschafter einheitlich nach § 4 Abs 3 EStG zu ermitteln ist (BFH BFH/NV 2010, 2272).
Das Wahlrecht muss nicht mehr – wie früher von der Rspr angenommen – zu Beginn des Wj ausgeübt werden (so frühere Rspr des BFH BFH/NV 1997, 403; 1999, 1195; 2004, 220; 2006, 1457). Nach neuerer Rspr des BFH kann auch noch später das Wahlrecht zu Gunsten einer Einnahme-Überschussrechnung ausgeübt werden (BFH BStBl II 2009, 659 zu einem Fall des nachträglich angenommen gewerblichen Grundstückshandels; vgl auch BFH BFH/NV 2013, 1548; FG Nds EFG 2011, 1605; zustimmend zB Dötsch, DB 2009, 1386; bereits vorher Kanzler, FR 1998, 233, 245; Drüen, DStR 1999, 1589, 1894). Denn das Gesetz sieht hierfür keine Frist für die Ausübung des Gewinnermittlungswahlrechts vor. Zu beachten ist, dass die bloße Erklärung des StPfl, seinen Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermitteln zu wollen, nicht ausreicht (BFH BStBl II 2017, 154; BFH/NV 2013, 1548). Maßgeblich für die Ausübung des Wahlrechts der Gewinnermittlungsart ist die tatsächliche Handhabung der Gewinnermittlung (st Rspr, vgl zB BFH BStBl II 2001, 102; 2009, 659; 2016, 468; 2017, 154; BFH/NV 2006, 1457). Das Wahlrecht endet erst mit der formellen Bestandskraft der Steuerfestsetzung und materiell-rechtlich mit der Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen für § 4 Abs 3 EStG. Es kommt daher nicht darauf an, ob bereits mit der Einrichtung einer Buchführung oder der Aufstellung einer Eröffnungsbilanz begonnen wurde. Erst mit der Erstellung eines JA nach Beendigung des Wj hat der StPfl sein Wahlrecht zu Gunsten des Bestandsvergleichs ausgeübt.
Zu den jeweiligen formalen Voraussetzungen zum Wechsel der Gewinnermittlungsart s Rn 1504.
Maßgeblich ist ein entsprechend schlüssiges Verhalten des StPfl. Führt der StPfl Bücher, dh, er stellt eine Eröffnungsbilanz auf und richtet eine ordnungsgemäße kaufmännische Buchführung ein, und macht er Abschlüsse, so hat sich der StPfl gemäß § 4 Abs 3 EStG auf eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG festgelegt (BFH BStBl II 1990, 287; 2006, 509; 2009, 659; 2016, 420; BFH/NV 1995, 587; 1996, 119; 2006, 276; 2006, 1457). Sammelt der StPfl dagegen die Einnahme- und Ausgabenbelege geordnet oder zeichnet er die BE und BA auf, so liegt in diesem Verhalten eine Entscheidung für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG (BFH BStBl II 2009, 659; 2016, 420; 2017, 154; BFH/NV 1995, 587; 2016, 841; 2018, 728; strittig s Drüen, DStR 1999, 1589; Mathiak, DStR 1990, 259; Drüen in Brandis/Heuermann, § 4 EStG Rz 134 (Dezember 2022)). An die Dokumentation der Wahl zugunsten der Einnahme-Überschussrechnung sind dabei keine hohen Anforderungen zu stellen (BFH BStBl II 2009, 659;2016, 468; 2017, 154; BFH/NV 2010, 186; 2016, 841).
Der Einzelunternehmer hat seine Einnahme-Überschussrechnung bzw seinen Bestandsvergleich in dem Zeitpunkt erstellt, in dem er sie bzw ihn fertiggestellt hat und objektiv erkennbar als endgültig ansieht; als Beweisanzeichen dafür, dass der Einzelunternehmer die fertiggestellte Gewinnermittlung als endgültig ansieht, kann ua die Tatsache gewertet werden, dass er sie – zB durch die Übersendung an das FA – in den Rechtsverkehr begibt (BFH BStBl II 2013,1035; 2016, 468; 2017, 154; BFH/NV 2021, 1191; 2021, 1256). Die Übersendung an das FA entspricht auch dem Umstand, dass die bloße Erklärung des StPfl, seinen Gewinn nach § 4 Abs 3 EStG ermitteln zu wollen, zur Ausübung des Wahlrechts nicht genügt; vielmehr muss das FA nach einer solchen Erklärung eine (zumindest kursorische) Einnahme-Überschussrechnung auch tatsächlich erhalten (BFH BFH/NV 2013, 1548; BStBl II 2017, 154). Zu den tatbestandlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Wahlrechts gehört nicht die Kenntnis der steuerlichen Folgen der einmal getroffenen Wahl (FG Mchn vom12.05.2016 2 K 1704/13).
Kann eine vom StPfl getroffene Wahl für die Gewinnermittlung durch Überschussrechnung nicht festgestellt werden, muss der Gewinn nach § 4 Abs 1 EStG ermittelt werden (BFH BFH/NV 1988, 296; 1995, 587; 1997, 403). Es gilt das Regel-Ausnahmeverhältnis beider Gewinnermittlungsarten (BFH BStBl II 2009, 659). Der Gewinn ist ggf nach den Grundsätzen des BV-Vergleichs zu schätzen. Liegen aber die Minimalanforderungen für eine Überschussrechnung vor (so wenn zumindest Einnahmen- und Ausgabenbelege erstellt bzw gesammelt werden), so kann der Gewinn auch nach den Grundsätzen des § 4 Abs 3 EStG "geschätzt" werden (BFH BStBl II ...