Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 188
Stand: EL 142 – ET: 04/2020
Zuordnung von Darlehensforderungen: Eine Darlehensforderung, gleichgültig aus welchen Mitteln das Darlehen gegeben wurde, gehört zum notwendigen BV, wenn die Darlehensgewährung auf einem Vorgang beruht, der in den betrieblichen Bereich fällt. Die darlehensbasierte Forderung muss zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb selbst bestimmt sein, sich also auf den Betriebsablauf beziehen und ihm zu dienen bestimmt sein (BFH v 01.12.1976, I R 73/74, BStBl II 1977, 315; BFH v 19.02.1987, IV R 175/85, BStBl II 1987, 430; BFH v 06.03.1991, X R 57/88, BStBl II 1991, 829). Davon ist zB auszugehen bei Darlehen an Geschäftspartner (BFH v 25.11.2004, IV R 7/03, BStBl II 2005, 354 (Darlehen einer Besitz-PersGes an Geschäftspartner der Betriebsges)), bei Darlehenshingabe, mittels der der Empfänger ein WG (zB Grundstück) erwerben soll, das durch langfristige Nutzungsüberlassung den betrieblichen Zwecken des Darlehensgebers zu dienen bestimmt ist (BFH v 26.02.1975, I R 50/73, BStBl II 1975, 573) oder bei Darlehenshingabe, durch die der Darlehensgeber zugleich das Recht zum Kauf eines (bereits pachtweise genutzten) Grundstücks erwirbt (FG Nds v 06.10.2003, 11 K 180/97, EFG 2004, 553 rkr). Die Darlehensforderung eines Genossen (Einzelhändler) gegen seine Wareneinkaufsgenossenschaft gehört jedenfalls dann zum notwendigen BV des Genossen, wenn das Darlehen den Betrieb der Genossenschaft fördert und der Genosse von der Genossenschaft einen erheblichen Teil seiner Waren bezieht (BFH v 03.08.1977, I R 41/76, BStBl II 1978, 53). Wegen Darlehensforderungen bei Betriebsaufspaltung s § 15 Rn 363, 385a (Bitz).
Bei Freiberuflern muss der Zusammenhang gewährter Darlehen mit dem betrieblichen Bereich unzweifelhaft und besonders eng sein. Dies ist der Fall bei Darlehensgewährungen an KapGes, an denen der Freiberufler aus betrieblichen Gründen beteiligt ist (zB BFH v 11.03.1976, IV R 185/71, BStBl II 1976, 380; BFH v 23.11.1978, IV R 146/75, BStBl II 1979, 109; BFH v 14.01.1982 IV R 168/78, BStBl II 1982, 345). Die Darlehensforderung eines StB gegen seinen Mandanten ist notwendiges BV, wenn das Darlehen gewährt wurde, um eine Honorarforderung zu retten (BFH v 22.04.1980, VIII R 236/77, BStBl II 1980, 571) oder bei einem RA und Notar, um Schadensersatzansprüche abzuwehren (BFH v 07.02.1980, IV R 82/77, nv zit ua in BFH v 23.05.1985, IV R 198/83, BStBl II 1985, 517) Die Hingabe von Darlehen ist idR eine dem RA berufsfremde Tätigkeit, wenn nicht ganz besondere Umstände den Zusammenhang mit der Anwaltstätigkeit ergeben; das kann der Fall sein, wenn das Darlehen im Hinblick auf Honorarforderungen gegen den Darlehensnehmer gewährt wurde (BFH BStBl II 1972, 334). Tritt ein RA für einen Mandanten in Vorlage, handelt es sich um den typischen Fall eines Hilfsgeschäftes, das zu einer betrieblich veranlassten Forderung gegenüber dem Mandanten führt (BFH v 01.07.2004, IV B 187/02, BFH/NV 2004, 1421).
Bei branchenfremden Risikogeschäften werden an den erforderlichen betrieblichen Förderzusammenhang besonders hohe Anforderungen gestellt, da bei branchenfremden Geschäften die Verlustgefahr zunehme und in der privaten Sphäre zu verortende Risiken nicht in die betriebliche Sphäre verlagert werden sollen (BFH v 19.02.1997, XI R 1/96, BStBl II 1997, 399; FG Thüringen v 18.02.2010, 2 K 409/09, EFG 2010, 697 rkr). Verluste aus Geldgeschäften eines Wirtschaftsberaters sind nicht solche aus freiberuflicher Tätigkeit, sofern die Geldgeschäfte bei objektiver Betrachtung nicht bestimmt und geeignet sind, dem Betrieb zu dienen und ihn zu fördern (BFH v 11.01.1966, I 53/63, BStBl III 1966, 218).
Soll eine Darlehensforderung eines Gewerbetreibenden dem gewillkürten BV zugeordnet werden, muss es zeitnah mit der Gewährung in die Buchführung aufgenommen werden; eine Einbuchung im Zuge der Abschlussarbeiten kommt "zu spät" (BFH v 11.07.1996, IV R 67/95, BFH/NV 1997, 114, bestätigt durch FG Brandenburg v 14.06.2000, 2 K 1515/98 E, G, EFG 2001, 418). Zum Einbuchungszeitpunkt s auch BFH v 15.11.1990, IV R 97/82, BStBl II 1991, 226.
Gehört die wesentliche Beteiligung an einer GmbH zum PV des Gesellschafters, so gehört auch ein der Gesellschaft gewährtes Darlehen zu seinem PV, wenn keine sonstigen wirtschaftlichen Beziehungen zur GmbH die Gewährung des Darlehens unter Bedingungen veranlasst haben, zu denen der Gesellschafter das Darlehen auch Dritten gewährt hätte (BFH BStBl II 1973, 303).