Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 1550
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder Gesellschaftsanteil veräußert oder aufgegeben, dann ist gemäß § 16 Abs 2 EStG der Veräußerungsgewinn zu ermitteln. Der Veräußerungsgewinn wird durch Vergleich des Veräußerungspreises, abzüglich der Veräußerungskosten, mit dem Wert des BV oder dem Wert des Anteils am BV ermittelt. Der Grund hierfür ist die Berücksichtigung des Grundsatzes der Gesamtgewinngleichheit, dh dass über die Gesamtheit der Jahre, also von der Eröffnung bis zur Aufgabe bzw Veräußerung, die Gewinnergebnisse übereinstimmen müssen. Der Veräußerungsgewinn kann somit nicht nach § 4 Abs 3 EStG ermittelt werden. Der Wert des BV oder des Anteils muss nach §§ 4 Abs 1, 5 Abs 1 EStG ermittelt werden (BFH BFH/NV 2005, 845; 2015, 988).
Die Ermittlung erfolgt in der Weise, dass davon ausgegangen wird, als sei der StPfl im Zeitpunkt der Veräußerung zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG übergegangen (s BFH BFH/NV 1992, 512; 1987, 759 mwN; BFH/BFH/NV 2015, 988). Somit sind ein Übergangsgewinn und ein Veräußerungsgewinn zu ermitteln. Während der Übergangsgewinn als laufender Gewinn behandelt wird (BFH BStBl III 1962, 199; H 4.5 Abs 6 EStH 2021 "Übergangsgewinn"), ist der Veräußerungsgewinn tarifbegünstigt.
Es ist jedoch nicht eine Aufgabe- oder Veräußerungsbilanz zu erstellen (BFH BStBl II 1991, 802). Es reicht vielmehr aus, die sich aus der Umstellung ergebenden Änderungen durch Hinzurechnungen bzw Abrechnungen beim laufenden Gewinn zu berücksichtigen (BFH BStBl III 1962, 199; BStBl II 2002, 287). Eine Verteilung des Übergangsgewinns auf drei Jahre (so noch R 17 Abs 1 S 4 EStR 2003) erfolgt in diesem Fall nicht (BFH BFH/NV 1992, 512 mwN; BFH BStBl II 2002, 287; H 4.5 Abs 6 EStH 2021 "Übergangsgewinn").
Stirbt der StPfl, dann tritt der Übergang zum Vermögensvergleich bei dem den Betrieb veräußernden oder aufgebenden Rechtsnachfolger ein (BFH BStBl II 1973, 786). Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Rechtsnachfolger auch den Betrieb veräußert oder aufgibt. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt es bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG, es sei denn, der Rechtsnachfolger wählt als Gewinnermittlungsmethode den Bestandsvergleich (BFH BFH/NV 1992, 512).
Rn. 1551
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Wird der Betrieb unentgeltlich übertragen oder geht er durch den Tod des StPfl auf einen anderen über, hat der Erwerber die Buchwerte fortzuführen (§ 7 Abs 1 EStDV aF bis 31.12.1998; § 6 Abs 3 EStG ab 01.01.1999; OFD D'dorf BB 1999, 2282). Damit bedarf es weder eines Übergangs zur Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG noch der Ermittlung eines Veräußerungsgewinns nach § 16 Abs 2 EStG. Denn die stillen Reserven sollen nicht aufgedeckt werden. Sie bleiben weiter steuerverstrickt.
Rn. 1552
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Soweit zB nach einer Betriebsveräußerung nachträglich BA oder BE entstehen, ist umstritten, nach welcher Gewinnermittlungsmethode der Gewinn zu ermitteln ist. Nach einer Auffassung besteht für den StPfl ein Wahlrecht. Er kann entscheiden, ob er den Gewinn durch Bestandsvergleich oder mittels Einnahme-Überschussrechnung berechnet (FG Ha EFG 1988, 287; BFH BStBl II 1997, 509; offen gelassen BFH BStBl II 1980, 186; Schiessl, FR 2007, 136). Nach anderer Auffassung sind die nachträglichen Einkünfte nach § 4 Abs 3 EStG zu ermitteln (BFH BStBl II 1978, 430; BFH/NV 1999, 926; 2012, 1448; H 16 Abs 1 EStH 2021 "Gewinnermittlung"). Nach einer weiteren Auffassung kommt eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs 3 EStG nur in Betracht, wenn für die Zeit nach der Betriebsveräußerung oder -aufgabe eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs 1 EStG oder § 5 EStG nicht erstellt worden ist (FG He EFG 1999, 16). ME dürfte dem StPfl ein Wahlrecht zustehen. Beide Gewinnermittlungsmethoden sind zulässige Formen für die Bestimmung des Gewinns. Dies muss auch nach einer Betriebsveräußerung gelten. Jedoch ist bei der Wahl der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich zu beachten, dass diese zu Beginn des VZ erfolgen muss (s Rn 1503ff).
Im Einzelnen zur Betriebsveräußerung und -aufgabe s Erläut zu § 16 neu (Schacht) und zum Wechsel der Gewinnermittlungsmethode s Rn 2251.
Rn. 1553
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Der Wechsel von einer mit Gewinnerzielung betriebenen Tätigkeit zur Liebhaberei stellt keine Betriebsaufgabe dar (BFH vom 11.05.2016, X R 61/14, BStBl II 2016, 939; BFH BStBl II 1982, 381; zum Zeitpunkt der Gewinnrealisierung des Übergangsgewinns s Rn 2255). Ferner hierzu ausführlich s § 15 Rn 125 (Bitz).