Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 189e
Stand: EL 142 – ET: 04/2020
Nutzung ist denkbar in Gestalt laufender Nutzung (Fruchtziehung) sowie Nutzung durch Veräußerung/Belastung. Die laufende Nutzung durch einen Nichteigentümer setzt zunächst grds dessen Besitz voraus, die Befugnis zur laufenden Nutzung ist idR mit der Besitzverschaffung verbunden. Die laufende Nutzung(smöglichkeit) eines beweglichen abnutzbaren WG durch einen Nichteigentümer (zB auf der Grundlage eines Miet-/Leasingverhältnisses) verkörpert die wesentliche positive Substanz des WG dann, wenn die vertragliche Nutzung(sbefugnis) so umfassend ist, dass sich das WG beim Nichteigentümer planmäßig nahezu vollständig verbraucht (Vollverschleiß). Vollzieht sich der Wertverzehr nahezu ausschließlich in der Sphäre des Nichteigentümers, so dass ein Herausgabeanspruch des Eigentümers (nahezu) wertlos ist, ist der Eigentümer für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das WG ausgeschlossen. Ein Substanztransfer auf den Nichteigentümer hat in diesem Fall stattgefunden. Auf diese Wertung ist insb auch die Annahme eines Zurechnungswechsels bei Leasingverträgen über bewegliche WG gestützt, wenn die unkündbare (Grund-)Mietzeit mehr als 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes umfasst (BMF v 19.04.1971, BStBl I 1971, 264).
Eine vom zivilrechtlichen Eigentum abweichende Zurechnung beweglicher WG ist nicht bereits deshalb ausgeschlossen, weil die rechtliche Verfügungsbefugnis beim Eigentümer verbleibt. § 39 Abs 2 Nr 1 AO adressiert gerade eine Zurechnung abweichend vom zivilrechtlichen Eigentum; die fehlende freie bürgerlich-rechtliche Übertragbarkeit durch den potenziellen wirtschaftlichen Eigentümer ist Folge mangelnden, für die Beurteilung indessen zurücktretenden zivilrechtlichen Eigentums (BFH v 27.11.1996, X R 92/92, BStBl II 1998, 97). Die Zurechnung zu einem Nichteigentümer setzt auch insoweit (nur) voraus, dass der Nichteigentümer in der Lage ist, den zivilrechtlichen Eigentümer von der Einwirkung auf das WG auszuschließen, dh ihn an der Veräußerung/Belastung des WG (und damit auch an einer Realisation stiller Reserven) zu hindern (BFH v 26.07.2001, VI R 122/98, BStBl II 2001, 844 zu "beamteneigenen" Kfz).