Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 1561
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Die Rspr bestimmt in Anlehnung an die Begriffsbestimmung für BA in § 4 Abs 4 EStG die BE als Wertzugang in Geld und Geldeswert, der durch den Betrieb veranlasst ist und keine Einlage iSd § 4 Abs 1 S 5 EStG darstellt (mittlerweile st Rspr zB BFH BStBl III 1964, 183; BStBl II 1974, 210; 1996, 273; 1998, 621; 2006, 650; 2008, 356; 2010, 548; 2010, 550; 2012, 498; 2019, 311; 2023, 319; BFH/NV 1998, 1476; 2003, 43; 2015, 486).
Diese Begriffsbestimmung gilt einheitlich für alle Gewinnermittlungsarten (BFH BStBl II 2008, 356). In ihr kommt zum Ausdruck, dass nur diejenigen Einnahmen dem Ertrag zugerechnet werden können, die auf betrieblich veranlassten Zugängen beruhen. Zwar lehnt sich diese Begriffsdefinition an die der Einnahme in § 8 Abs 1 EStG an; jedoch wird auf den Zufluss der Einnahme – der in § 8 Abs 1 EStG von Bedeutung ist – iRd Definition der BE verzichtet. Dies geschieht zu Recht, da iRd Bestandsvergleichs der Zufluss nicht maßgeblich ist, jedoch die BE einheitlich für alle Gewinnermittlungsarten gilt.
Rn. 1562
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Wertzugänge in Geldeswert sind alle nach objektiven Merkmalen in Geld ausdrückbaren Vorteile, die einen wirtschaftlichen und nicht nur einen ideellen Wert besitzen und damit eine objektive Bereicherung des Zuwendungsempfängers zur Folge haben (vgl BFH BStBl II 1983, 39; 1988, 995). Geldwerte Güter sind somit zumindest solche Vorteile, die Gegenstand eines entgeltlichen Vertrags sein können.
Rn. 1563
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Es kommt nicht darauf an, dass die Einnahme auf einem konkreten Leistungsbeitrag des StPfl beruht oder sonst wie eine zivilrechtliche Qualifikation der Leistung voraussetzt. Sog Eigenprovisionen eines Versicherungsvertreters sind daher als BE zu erfassen (BFH BStBl II 1998, 618).
Rn. 1564
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Die oben genannte von der Rspr vertretene Begriffsbestimmung ist jedoch mit Schwächen behaftet. Sie geht – wie folgende Argumente zeigen – zu weit:
- So wird nicht jeder Wertzugang in Geldeswert als BE erfasst. Dies gilt iRd Überschussrechnung für die Gegenleistung bei einer BA (zB Kauf einer Maschine für den Betrieb). Die Maschine, obwohl ein Wertzugang in Geldeswert, wird nicht als BE erfasst. Dies liegt zwar an der einfachen Erfassung des Geschäftsvorfalles; gleichwohl müsste es sich nach der Definition um eine BE handeln (Bode in Kirchhof/Seer, § 4 EStG Rz 139 (22. Aufl 2023)).
- Nicht jeder Wertzugang in Geld, der betrieblich veranlasst ist, stellt eine BE dar. Nur erfolgswirksame Wertzugänge sind BE. Dies wird deutlich bei der Aufnahme eines betrieblichen Darlehens. Der Betrieb erhält zwar den Darlehensbetrag. Trotzdem ist der Wertzugang nicht erfolgswirksam. Wie beim Bestandsvergleich deutlich wird, werden durch die Darlehensaufnahme nur die Aktiva und Passiva im gleichen Umfang erhöht, ohne dass sich der Erfolg dabei verändert (vgl BFH BStBl II 1970, 44; 1991, 228; Bode in Kirchhof/Seer, § 4 EStG Rz 139 (22. Aufl 2023)).
- Auch Forderungen stellen Wertzugänge dar. Aber auch sie werden grds nicht als BE iRd Überschussrechnung erfasst (s Rn 1547). Es handelt sich um potenzielle, nicht aber um reale Einnahmen (vgl BFH BStBl II 1975, 526; 1995, 636).
Rn. 1565
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
ME müsste daher der Begriff BE definiert werden als erfolgswirksame und tatsächliche Wertzugänge in Geld oder Geldeswert, die betrieblich veranlasst sind, mit Ausnahme der Gegenleistungen für BA und der Einlagen.
Rn. 1566
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Ausgehend von einer solchen Begriffsdefinition sind folgende Vorgänge keine BE:
- Verzichtet der StPfl auf die Erzielung von Einnahmen, so sind grds solche Vorgänge keine BE, da sie keine Wertzugänge bewirken (BFH BStBl II 1998, 307; 1999, 98). Verzichtet der StPfl aber auf die ihm zustehende Gegenleistung (Honorarforderung) aus privaten Motiven, kommt es zur Gewinnerhöhung durch Entnahme (BFH BStBl II 1975, 526).
- Auch ersparte Aufwendungen sind keine BE, da auch sie keine Wertzugänge darstellen (BFH BStBl II 1988, 995). Ist die Ersparnis Folge einer Zuwendung von dritter Seite, so besteht die Einnahme gerade nicht in ersparten Aufwendungen, sondern im Wert des zugewendeten Vermögensvorteils (BFH BStBl II 1988, 995). So stellt der Empfang eines zinslosen Darlehens beim Darlehensnehmer im Hinblick auf die ersparten Zinsen einen geldwerten Nutzungsvorteil dar (Kister in H/H/R, § 8 EStG Rz 35 und 27 (Februar 2021); auch s § 8 Rn 45 (Pust)).
- Zwar sind sog durchlaufende Posten als solche BE; jedoch werden sie gemäß § 4 Abs 3 S 2 EStG bei der Einnahme-Überschussrechnung ausgeschieden. Bei dem Bestandsvergleich sind sie zu berücksichtigen (BFH BStBl II 1998, 161).
- Einlagen sind nicht als BE zu berücksichtigen, da sie nicht betrieblich veranlasst sind.
- Fiktive Einnahmen sind keine BE. Der Besteuerungstatbestand knüpft an das tatsächlich und nicht an ein nur gedanklich gegebenes Geschehen an (BFH BStBl II 1988, 348).
Rn. 1567
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Demgegenüber sind mit der oben genannten ...