Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 173
Stand: EL 142 – ET: 04/2020
Grundstücke oder Grundstücksteile, die weder notwendiges BV noch notwendiges PV sind, dh weder zur eigenbetrieblichen Nutzung bestimmt sind noch eigenen Wohnzwecken des Unternehmers dienen oder Dritten zu Wohnzwecken unentgeltlich überlassen sind (zB zu Wohnzwecken oder zur gewerblichen Nutzung an Dritte vermietet sind), können als gewillkürtes BV behandelt werden, wenn sie in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und ihm zu dienen bzw ihn zu fördern bestimmt und geeignet sind (vgl nur BFH v 17.05.1990, IV R 27/89, BStBl II 1991, 216; BFH v 10.10.2017, X R 1/16, BStBl II 2018, 181; R 4.2 Abs 9 EStR 2012). In Grenzfällen hat der StPfl darzutun, welche Beziehung das Grundstück oder der Grundstücksteil zu seinem Betrieb hat und welche vernünftigen wirtschaftlichen Überlegungen ihn veranlasst haben, das Grundstück oder den Grundstücksteil als gewillkürtes BV zu behandeln (BFH v 15.07.1960, VI 10/60 S, BStBl III 1960, 484; BFH v 19.07.1960, I 185/59 S, BStBl III 1960, 485; BFH v 22.11.1960, I 103/60 S, BStBl III 1961, 97; BFH v 01.12.1960, IV 305/59 U, BStBl III 1961, 154). Fremdvermietete Grundstücke/Grundstücksteile, die in einem gewissen objektiven Zusammenhang mit dem Betrieb stehen und den Betrieb fördern, können zu BV gewillkürt werden (BFH v 25.11.1997, VIII R 4/94, BStBl II 1998, 461: Steigerung der Ertragsfähigkeit; vgl auch BFH v 21.04.2005, BStBl II 2005, 604; BFH v 14.08.14, IV R 56/11, BFH/NV 2015, 317: finanzielle Absicherung des Betriebs). Dies schließt auch zu privaten Wohnzwecken verbilligt vermietete Wohnungen ein; die außerbetrieblich veranlasste verbilligte Überlassung stellt ggf eine Nutzungsentnahme dar (BFH v 14.08.14, IV R 56/11, BFH/NV 2015, 317; BFH v 03.12.2015, IV R 43/13, BFH/NV 16, 742).
Einkunftsartenspezifische Besonderheiten: Ein bilanzierender Gewerbetreibender kann idR Grundstücke, die nicht zum notwendigen BV oder PV gehören (zB Mietwohngrundstücke), wahlweise als BV behandeln, es sei denn, dass dadurch das Gesamtbild der gewerblichen Tätigkeit so verändert wird, dass es den Charakter einer Vermögensnutzung im nicht gewerblichen Bereich erhält (BFH v 10.12.1964, IV 167/64 U, BStBl III 1965, 377: uU anzunehmen bei der Einbringung eines größeren Komplexes von Mietwohnhäusern in einem sowohl nach Kapital als auch Gewinn kleinen gewerblichen Betrieb). StPfl, die LuF betreiben oder freiberuflich tätig sind, unterliegen demgegenüber Einschränkungen, die sich aus den Tätigkeitsbereichen iS §§ 13, 18 EStG ergeben (vgl BFH v 31.05.2001, IV R 49/00 BStBl II 2001, 828; BFH v 26.02.2011, VIII R 19/08 BFH/NV 2011, 1311). Freiberufler können zwar nach inzwischen gefestigter Rspr ebenfalls gewillkürtes BV bilden (BFH v 17.05.2011, VIII R 1/08 BStBl II 2011, 862 mwN, auch zur früher abweichenden Rspr), LuF seit Wj 2015/16 auch bei Gewinnermittlung nach § 13a EStG (R 4.2 Abs 16 EStR 2012; BMF v 10.11.2015, BStBl I 2015, 877 Rz 44); das Zuordnungswahlrecht ist gleichwohl beschränkt auf WG, deren Nutzung in der LuF tatsächlich möglich ist bzw die sich iRd freiberuflicher Tätigkeit nutzen lassen. Gewillkürtes BV scheidet aus für WG, die einem luf bzw freiberuflichen Betrieb wesensfremd sind und denen eine eindeutige sachliche Beziehung zum Betrieb fehlt (BFH v 28.07.1994, IV R 80/92 BFH/NV 1995, 288; BFH v 14.05.2009, IV R 44/06 BStBl II 2009, 811; BFH v 23.09.2009, V R 14/07 BStBl II 2010, 227).
Für LuF verneint die Rspr die erforderliche eindeutige sachliche Beziehung zum Betrieb insb bei auf zugekauftem Grund und Boden sofort errichteten Miets-/Geschäftshäusern (BFH v 28.07.1994, IV R 80/92 BFH/NV 95, 288 unter 1.e: Nutzung eines Mietwohngrundstücks ist grds dem Bereich der Vermögensverwaltung und nicht der durch § 13 EStG gekennzeichneten luf Betätigung zuzurechnen). Wird dagegen ein bisher zur LuF genutztes Grundstück später bebaut und vermietet, kann der Bezug zum Betrieb zu bejahen sein, wenn durch die Vermietung das Gesamtbild der luf Tätigkeit nicht wesentlich verändert wird (BFH v 10.12.1992, IV R 115/91, BStBl II 1993, 342; BFH v 22.8.2002, IV R 57/00, BStBl II 2003, 16). Gewillkürtes BV ist zulässig, wenn aufgrund der Größe des Betriebs auch eine Nutzung als Landarbeiterwohnung in Betracht kommt (BFH v 23.09.1999, IV R 12/98, IV R 12/98 BFH/NV 2000, 317). Bodenschätze (s Rn 168ff), die nicht für luf Zwecke gewonnen und verwertet werden, sind weder notwendiges noch gewillkürtes BV (BFH v 19.01.1982, VIII B 57/80, BStBl II 1982, 526; BFH v 28.10.1982, IV R 73/81, BStBl II 1983, 106; BFH v 24.01.2008, IV R 45/05, BStBl II 2009, 449; BFH v 17.11.2011, IV R 2/09 BFH/NV 2012, 1309 Rz 19; BMF v 09.08.1993, BStBl I 1993, 678 Tz 3).
Bei Freiberuflern können Grundstücke zum gewillkürten BV gehören (zB BFH v 01.12.1960, IV 305/59 U, BStBl III 1961, 154: Erwerb durch RA zum Zweck der Praxisverlegung trotz zunächst wegen Vermietung/Mieterschutz fehlender entsprechender Nutzbarkeit; BFH v 15.04.1981, IV R 129/78, BStBl II 1981, 618: durch freib...