Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
ba) Scheinbestandteile
Rn. 189h
Stand: EL 142 – ET: 04/2020
Bei Scheinbestandteilen eines Grundstücks, die bereits dadurch definiert sind, dass bewegliche Sachen zu einem nur vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden oder in ein Gebäude eingefügt werden (§ 95 BGB, s Rn 163), ist zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer dieses bilanziell selbstständigen (beweglichen) Grundstücksbestandteils der Einfügende (vgl Hottmann, SteuK 2014, 177). Scheinbestandteile werden zivilrechtlich nicht Bestandteil des Grundstücks oder Gebäudes, das zivilrechtliche Eigentum verbleibt beim Einfügenden.
Ist Einfügender ein Mieter, wird der Grundstückseigentümer durch die vorübergehende Einfügung nicht in die Lage versetzt, den Mieter als zivilrechtlichen Eigentümer wirtschaftlich von der Einwirkung auf den eingefügten Scheinbestandteil des Grundstücks auszuschließen, da eine Einfügung zu einem vorübergehenden Zweck und damit ein Scheinbestandteil überhaupt nur vorliegen, wenn davon auszugehen ist, dass die eingefügte Sache, deren Nutzungsdauer die voraussichtliche Mietdauer überschreitet, entsprechend der Befugnisse des einfügenden Mieters wieder ausgebaut wird (BFH v 24.11.1970, VI R 143/69, BStBl II 1971, 157; BMF v 15.01.1976, BStBl I 1976, 66), auch wenn die auszubauende Sache hierbei zerstört wird (so zutreffend BFH v 09.04.1997, II R 95/94, BStBl II 1997, 452). Mit der Verbindung zu einem nur vorübergehenden Zweck, die bei einer die Mietdauer überschreitenden Nutzungsdauer ihren Ausdruck in der Ausbauverpflichtung findet, erlangt der Grundstückseigentümer zu keinem Zeitpunkt die tatsächliche Sachherrschaft über die betreffende Sache in einer Weise, die zu einem vom zivilrechtlichen Eigentum abweichenden wirtschaftlichen Eigentum führen würde. Dies gilt gerade auch im Fall der Zerstörung der eingefügten Sache infolge Entfernungsverpflichtung. Die Qualifikation eines Mietereinbaus als Scheinbestandteil schließt wirtschaftliches Eigentum des Vermieters aus. Eine Aktivierung beim Mieter wird demgemäß regelmäßig ohne weitere Prüfung bejaht (zB Strahl, KÖSDI 2000, 12 306f; Engelberth, NWB 2011, 3224).
bb) Betriebsvorrichtungen
Rn. 189i
Stand: EL 142 – ET: 04/2020
Für Betriebsvorrichtungen (zur Abgrenzung s Rn 162) stellt sich die Frage, ob diese gegenüber dem Gebäude selbstständigen beweglichen WG beim Grundstückseigentümer oder – sofern insoweit ein Mietereinbau vorliegt – beim Mieter zu aktivieren sind. Eine Aktivierung hat nur dann beim Mieter zu erfolgen, wenn dieser wirtschaftlicher Eigentümer ist (BFH v 20.11.2003 III R 4/02, BStBl II 2004, 305). Im Schrifttum wird auch diese Frage häufig ohne weitere Diskussion (verkürzt) zugunsten des Mieters entschieden (zB Strahl, KÖSDI 2000, 12 306f; Engelberth, NWB 2011, 3226; Hottmann, SteuK 2014, 178).
Betriebsvorrichtungen gelten zwar auch dann ertragsteuerlich als selbstständige bewegliche WG, wenn sie mit dem Grundstück/Gebäude fest verbunden und damit zivilrechtlich wesentliche Bestandteile des Grundstücks/Gebäudes sind. Werden sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks/Gebäudes, gehen sie gleichwohl in das zivilrechtliche Eigentum des Grundstückseigentümers über, im Übrigen bleiben sie im zivilrechtlichen Eigentum des Mieters. Geht die Betriebsvorrichtung in das zivilrechtliche Eigentum des Grundstückseigentümers über, kann eine Zurechnung zum Mieter nur erfolgen, wenn dieser hierüber die tatsächliche Sachherrschaft iSd § 39 Abs 2 Nr 1 AO ausübt. Für Betriebsvorrichtungen als Mietereinbau bejaht die Rspr wirtschaftliches Eigentum, wenn der Mieter während der Mietzeit den Eigentümer wirtschaftlich von Einwirkungen auf die Betriebsvorrichtungen ausschließen kann und bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses einen Anspruch auf eine Entschädigung in Höhe des Restwertes besitzt, weil damit der jeweilige Wert der Betriebsvorrichtung zu jedem gedachten Zeitpunkt des Mietvertrages dem Mieter zusteht (BFH v 28 071 993, I R 88/92, BStBl II 1994, 164; BFH v 11.06.1997, XI R 77/96, BStBl II 1997, 774; BFH v 20.11.2003, III R 4/02, BStBl II 2004, 305). Gleiches muss gelten, wenn die Nutzungsdauer der Betriebsvorrichtung die Laufzeit des auf die Immobilie bezogenen Nutzungsverhältnisses unterschreitet, da ein Herausgabeanspruch des Grundstückeigentümers in diesem Fall nicht besteht bzw wirtschaftlich wertlos ist.
Scheidet nach diesen Grundsätzen eine Aktivierung der Betriebsvorrichtung beim Mieter aus, kommt zur Wahrung des objektiven Nettoprinzips analog zur Vorgehensweise bei Gebäuden auf fremdem Grund und Boden (BFH v 19.12.2012, IV R 29/09, BStBl II 2013, 387; BFH v 09.03.2016, X R 46/14, BFH/NV 2016, 970) die Aktivierung des Nutzungsrechts "wie materielles WG" in Betracht.