Prof. Dr. Simone Briesemeister-Dinkelbach, Prof. Dr. Wolf-Dieter Hoffmann
Rn. 1658b
Stand: EL 168 – ET: 10/2023
Kommt es zu einer Rechtsnachfolge/Umwandlung, so stellt sich die Frage, wie sich diese auf den periodenübergreifenden steuerlichen Tatbestand des § 4 Abs 4a EStG auswirkt. Können oder müssen die Über- bzw Unterentnahmen der Vorjahre fortgeschrieben werden?
Unentgeltliche Übertragung
Wird ein Betrieb, Teilbetrieb oder ein Mitunternehmeranteil unentgeltlich übertragen, so erlaubt § 6 Abs 3 EStG den bisherigen Bilanzansatz fortzuführen. Dies bedeutet auch die Fortführung der Über- bzw Unterentnahmen. Der unentgeltliche Übergang führt beim bisherigen Betriebsinhaber nicht zu Entnahmen iSd § 4 Abs 4a EStG. Ebenso liegen auch keine Einlagen beim Rechtsnachfolger vor (BMF BStBl I 2018, 1207 Tz 11). Es gehen die beim bisherigen Betriebsinhaber bzw Mitunternehmer entstandenen kumulierten Über- bzw Unterentnahmen und der Entnahme- bzw Einlageüberschuss der Totalperiode auf den Rechtsnachfolger über. Der Rechtsnachfolger rückt auch insoweit in die Rechtsposition des Rechtsvorgängers ein (BFH BStBl II 2012, 10; BFH BStBl II 2014, 316; BFH BStBl II 2017, 268; BFH/NV 2019, 526).
Entgeltliche Übertragung
Die entgeltliche Übertragung eines Betriebes hat dagegen Auswirkungen auf die Ermittlung von Überentnahmen nach § 4 Abs 4a EStG. Wird der Erlös aus einer Veräußerung eines Betriebes in das PV überführt, stellt dies eine Totalentnahme dar, die in die Ermittlung von Überentnahmen nach § 4 Abs 4a EStG einfließen (BMF BStBl I 2018, 1207 Tz 9). Auf der Erwerberseite ist die entgeltliche Übertragung als Betriebsneugründung zu behandeln. Der Kaufpreis ist als Einlage zu werten. Die Über- bzw Unterentnahmen des Vorgängers bleiben unberücksichtigt (Seiler in K/S/M, § 4 EStG Rz Ea 152).
Diese Ausführungen gelten uE auch für die entgeltliche Übertragung von Mitunternehmeranteilen. Die gesellschafterbezogene Handhabung des § 4 Abs 4a EStG, die der BFH in seiner neuen Rspr vertritt (BFH BStBl II 2008, 420), verlangt eine solche Sichtweise (ebenso Ley, KÖSDI 2007, 15 410; Grützner, StuB 2006, 49, 56; aA Seiler in K/S/M, § 4 EStG Rz Ea 153).
Einbringung in eine PersGes (§ 24 UmwStG)
Bei Einbringung eines Betriebs, eines Teilbetriebs oder eines Mitunternehmeranteils in eine PersGes gemäß § 24 UmwStG kommt es nicht zu einer Entnahme des Einbringenden und auch nicht zu einer Einlage bei der Zielgesellschaft. Lediglich ein entstandener Einbringungsgewinn nimmt Einfluss auf das Entnahmepotenzial. Die Überentnahmen in diesem Fall verringern sich, während die Unterentnahmen sich erhöhen. Die Über- bzw Unterentnahmen sind bei der Zielgesellschaft fortzuführen (BMF BStBl I 2018, 1207 Tz 37; kritisch Stegemann, INF 2007, 61; Ley, KÖSDI 2007, 15 413 mwN, die die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils in eine PersGes einer Veräußerung gleichstellt).
Beispiel (nach BMF BStBl I 2005, 1019 Rz 32e und BMF BStBl I 2018, 1207 Tz 37):
A bringt sein Einzelunternehmen (EU) zum 01.01.02 in die PersGes AB ein. Der Buchwert des EU beträgt 500 000 EUR, der Teilwert 600 000 EUR, der Gewinn in 01 beträgt 50 000 EUR, die Entnahmen 100 000 EUR, die Einlagen 60 000 EUR und die zum 31.12.00 fortzuschreibenden Überentnahmen 20 000 EUR.
Einbringung in eine KapGes (§ 20 UmwStG)
Werden für eine Einbringung in eine KapGes gewährte Gesellschaftsanteile im PV gehalten, liegt eine Entnahme in Höhe des gewählten Wertansatzes vor (BMF BStBl I 2018, 1207 Tz 39; kritisch Stegemann, INF 2007, 62; Ley, KÖSDI 2007, 15 414 mwN).